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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Ausgrabungs- und Fundberichte aus Italien
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0109

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Ausgrabungs- und Fundberichte aus Italien — Personalien

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funden; die Lage der Körper zeigt, daß sie von dem Dach,
das unter der Last des Aschenregens einstürzte, begraben
wurden. Goldohrringe bewiesen, daß es sich um zwei
Frauen und weiter einen Jüngling von 14 Jahren handelte,
während ein unbestimmbarer Körper einen Eisenring mit
einem geschnittenen Karneel trug.

Zu Kyrene, wo im Tempel des Apollo und auf der
Agora gegraben wurde, fand man einen Bogenspannenden
Eros, die, soweit bekannt, beste Kopie des dem Lysipp
zugeschriebenen Bogenspannenden Gottes; außerdem einen
Porträtkopf der Antoninischen Zeit und vier Bronzevasen.
Uber Ausgrabungen in Tripolis sind Details noch nicht
eingetroffen.

Nach dem Auszug aus dem archäologischen Bericht
von Eugenie Strong über das früh- und spätantike Italien
liegt es uns nun auch ob, dieser gelehrten Führerin durch
das italienische Mittelalter und die Renaissance zu folgen,
über welche eine folgende Nummer in »The Times Literary
Supplement« Aufschluß gibt.

In der Kirche Santa Sabina auf dem Aventin wurden
die Überreste eines römischen Hauses mit Mosaikböden
aus dem 3. Jahrhundert unter dem Pflaster der Kirche ge-
funden, die dafür sprechen, daß die alten Presbyterialen
»tituli« Roms öitlichen Ursprungs waren und auch mit
der Theorie aufräumen, daß die Basilika auf dem Aventin
über einem Juno- oder Dianatempel erbaut war. Spuren
der Mosaiken der Apsis aus dem 5. Jahrhundert liegen
noch unter dem Fresko aus dem Cinquecento. Das
Kirchenschiff, welches jetzt bis zum Dach hinaufragt, hatte
in seiner frühesten Form eine Basilikadecke und die Flügel-
bauten hatten keine Apsis. Der moderne Altar wird weg-
geräumt und die Schola cantorum aus der Zeit des Papstes
Eiigenius II. (824- 827), von der Uberreste noch vor-
handen sind, wird wieder aufgerichtet. Die 34 Fenster
aus dem 9. Jahrhundert wurden geöffnet und man fand
die antiken Einrahmungen, an denen noch kleine Teile
der alten Selenitverglasung hingen (Selinit ist ein gelber
kristallisierter Gips mit Alabaster- und Mondscheinglanz
und wurde in alten Basiliken, auch in St. Peter und in der
Laferankirche, vielfach angewandt). Nach ihrer Wieder-
herstellung wird Santa Sabina das grandiose und in der
Tat einzigartige Beispiel einer großen Basilika aus dem
5. Jahrhundert mit gut zu unterscheidenden Zubauten des
9. Jahrhunderts darbieten. Der Dominikanerpater J. Berthier
hatte durch seine gelehrte Geschichte von Santa Sabina
und des anliegenden Klosters die Restaurierung gut vor-
bereitet, welche von Munoz geleitet worden ist. Der
gleiche Gelehrte führt auch die Untersuchung der ehr-
würdigen Basilika der hl. Praxedis, deren Vorhof zurzeit
von allen Einbauten gereinigt worden ist; der alte Boden-
belag der Kirche wurde restauriert, dabei wurden vier
prächtige Marmorplatten der Schola Cantorum aus der
Zeit Paschalis I. und eines der alten Fenster mit Selenit-
scheiben, gleich denen von Santa Sabina, gefunden.

In Neapel wurde das große Monument Karls von
Anjou in der Kirche der hl. Klara von allen hölzernen An-
und Umbauten gesäubert und dieses Denkmal der angio-
vinischen Kunst steht nunmehr frei. — Beziehungen der
Inseln der venezianischen Lagunen zu Ravenna, die aus
der Zeit vor Errichtung der Dogenherrschaft in Venedig
datieren, sind zu bemerken, indem ein Gebäude mit an
die Architektur von Ravenna erinnernden Formen unter
dem Dogenpalast zutage gekommen ist.

In dem Termenmuseum wurde ein Raum für christ-
liche und jüdische Altertümer eröffnet, der obwohl klein,
außerordentlich repräsentativ ist; kein Wunder, denn die
besten Stücke aus dem Museo Kircheriano sind daselbst
vereinigt. Unter den Neuerwerbungen ragt die schöne

Statue eines jungen Mannes, bartlos und langhaarig, her-
vor, die man als ein frühes Christusbild (3. Jahrhundert)
ansehen will. — Die Pläne für die Einrichtung des Pa-
lazzo Venezia in ein großes historisches Museum der
schönen Künste sind noch nicht vorgelegt. — Das neue
Museum von St. Peter, zu dem Kardinal Mefry del Val im
letzten Juli den Grundstein gelegt hat, soll eine gutgeordnete
und umfassende Sammlung mittelalterlicher und von Re-
naissancekunst, als erstes derartiges Museum in Rom,
enthalten. Die prächtigen Gräber und andere im alten St.
Petersdom aufgestellten Monumente, die in der Krypta der
neuen Basilika zerstreut herumlagen und teilweise sogar
in Kirchen außerhalb Roms gewandert waren, sollen alle
dahin verbracht und in ursprünglicher Form, soweit als
möglich, aufgebaut werden; darunter das Oratorium Jo-
hannes VII. mit seinen kostbaren Mosaiken, die berühmten
Gräber Nikolaus V. und Paul II., das Ciborium Sixtus IV.,
die Gemälde Giottos und Melozzos usw., endlich auch die
verschiedenen Modelle der Kuppel vom St. Petersdom, von
Bramante, San Gallo, Michelangelo und anderen, die jetzt
so schwer zugänglich sind.

Correggios stark beschädigte Fresken in der Kuppel
von St. Johannes zu Parma, die Fra Angelicos und Signo-
rellos zu Orvieto, die von Piero della Francesca in San
Francesco zu Arezzo sind gereinigt, die Risse in den
Mauern zugedeckt und die Farben auf neue Art gesichert
worden. Auch die berühmten Fresken in der Unterkirche
von St. demente in Rom wurden in einer Weise gereinigt,
daß sie die ursprüngliche Farbenpracht wiedergewonnen
haben. Für alle Wiederherstellungen in Italien soll "jetzt
der Spruch gelten: »Erhaltung ohne Wiederholung«.

Ein Gemälde Philippo Lippis, die hl. Jungfrau mit dem
Kind, welches lange Jahre ungekannt in einer kleinen
Kirche unter den Mauern von Corneto Tarquinia hing,
wurde zufällig von dem Kunsthistoriker Pietro Toesca
entdeckt und hängt jetzt vielbewundert in dem Museum
von Corneto.

Der Schluß des Berichtes von Eugenie Strong zählt
alle Sicherungen auf, die man in ganz Italien gegen die
Gefahren durch Krieg und Beschießungen getroffen hat.

Aus eircm früheren Bericht Ashbys, dem Direktor
der britischen Schule in Rom, entnehmen wir noch, daß
in der älteren Kirche von San Crisogono, welche, wie
viele andere Frühkirchen, in das Haus des Heiligen ein-
gebaut war, Fresken aus dem 9. Jahrhundert, teilweise
Szenen aus dem Leben des hl. Benedikt darstellend, ge-
funden wurden und zwar im rechten Flügel, der mit dem
linken Seitenbau der Oberkirche aus dem 12. Jahrhundert
korrespondierte. — In den Jahren 1912—1914 waren die
Unterbauten von San demente durch Tunnelbauten ent-
wässert worden. Mauern eines Tufftempels kamen 1916
zutage und außerhalb dieser Mauern ein Haus aus dem
2. Jahrhundert n. Chr., in dem zwei mit Stuck und Malereien
ausgeschmückte Räume festgestellt wurden. Darin fand
man später hinzugefügte Bänke, eine Quelle und recht-
eckige Mauerbehälter für Opferreste. Es ist zweifellos
ein gut erhaltenes Mithraeum. Altarfragmente bringen
eine Inschrift des Cnaeus Arrius Claudianus aus der vor-
nehmen Familie der Arrii. Das Gewölbe des hochinter-
essanten Mithraeums ist mit einer Art großen Mosaiks
aus Tuff- und Traverlinstücken gedeckt und durch sieben
Oberlichter durchbrochen. m.

PERSONALIEN
In Wien beging der Bildhauer Professor Otto König
seinen 80. Geburtstag. Er wurde am 28. Januar 1838 zu
Meißen geboten, war dann Schüler der Kunstschule der
 
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