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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Kriegsbilderausstellung des k. u. k. Kriegspressequartiers im Künstlerhaus in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0145

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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXIX. Jahrgang 1917/1918 Nr. 25. 29. März 1918

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 10 Mark.
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Die nächste Nummer der »Kunstchronik« erscheint der Osterfeiertage wegen am 12. April zusammen mit

=^=========^==== dem Aprilhefte der »Zeitschrift für bildende Kunst« .,

KRIEGSBILDERAUSSTELLUNG DES K. U. K. KRIEGSPRESSEQUARTIERS
IM KÜNSTLERHAUS IN WIEN

Eine Fülle von Bildern bietet die Ausstellung, die
teils in photographiemäßiger Treue die Eindrücke der
Kriegszeit an den Fronten und in der Etappe wieder-
geben, teils über dem rein Gegenständlichen und kultur-
historisch Interessanten auch die höhere Einheit des
künstlerischen Eindrucks nicht vergessen und Kriegs-
erlebnisse malen, die mehr als die Treue eines sorg-
lich aufnehmenden Zeichners, der der Nachwelt ein
Bild der Kampf weise dieser Zeit liefern will, be-
deuten. — Oft nur ein Vorwand, die malerische Im-
pression eines Augenblicks zu geben und Anlaß, die
leuchtenden Farben der Palette spielen zu lassen, wie
manchmal bei Friedrich Pautsch, ist gerade auch er
es, der die Gesamtstimmung und die Gesamtbewegung
in einzelnen Szenen mit packender Lebendigkeit zu
schildern weiß. Besonders .die Skizzen kleinen For-
mates, das er am besten beherrscht, zeigen hier in
immer neuem Wechsel neben rein landschaftlichen
und Situationsstudien das Streben, auch einmal den
heißen Atem der Zeit festzuhalten, wie es z. B. in
dem von Bewegung fiebernden kleinen Bild der Attacke
von Rokitno der Fall ist, wo der dichte Wirbel des
Kampfgewühles, dasreißende Tempo der heränstürmen-
den, am feindlichen Wall anprallenden Reiter, die suchen-
den Lichter der blitzenden Säbel den engen Bild-
raum fast zu sprengen drohen. Aber auch hier wie
in den anderen Szenen bleibt das Interesse an dem
Wert der farbigen Erscheinung im Vordergrunde. —
So gut Pautsch die Skizzen kleinen Formates mit
zwingendem Leben zu füllen wußte, so sehr vermißt
man das gleiche Geschick bei seinen großen Bildern, wo
besonders in dem allegorisch gedachten Bild: Radymno
— die Halbfiguren eines verwundeten und toten
Russen mit dem vom Gewühl der Reiter, Toten und
Fliehenden erfüllten Marktplatz im Hintergrund, über
dessen phantastischen Häusern die Geschosse kre-
pieren — die Leere und Bedeutungslosigkeit der
großen Flächen der beiden Vordergrundfiguren in
grassem Gegensatz zu dem phantastisch belebten
Hintergrund steht, dessen Grün des Marktplatzes mit
dem schreienden Rotbraun der Pferde, dem grellen
Licht der explodierenden Geschosse die ganze angst-
erfüllte und unheilschwangere Luft des bedrängten
Ortes schildern soll. Das Bild spielt stark ins Alle-
gorische hinüber. Noch mehr ist das bei dem Bild
»Kriegselend« der Fall, wie sich überhaupt allgemein
ein starker Zug, dem Geist der Zeit durch Allegorien

Ausdruck zu geben, bemerkbar macht, der oft auch
Bilder, die scheinbar nur Tatsächliches geben, zu be-
einflussen vermag. Ich möchte in dieser Hinsicht nur
auf die durchaus nicht von der Robustheit eines Pautsch
erfüllten Bilder von Wilhelm Dachauer hinweisen,
dem die Schilderung von Klettertouren im Gebirge
u. ä. sich immer mit einem mystischen Schleier ver-
hüllt, der in der Szene ein Geheimnisvolles über dem
Alltagstehen andeuten soll.

Ganz anderer Art sind die malerischen Impres-
sionen von Mednyanszky, dem der Gesamteindruck
der Bilder weit über dem Thema steht — Landschaften
lasurenmäßig durchscheinend gemacht, auf die Farben-
harmonie eines warmen Rotbraun und Tiefblau ab-
gestimmt, Bildern, die noch an Monticelli und frühe
Impressionisten gemahnen, die abseits von der Zeit
stehen und ihre eigene ruhige Farben- und Stimmungs-
welt in sich tragen.

Dieser Farbenstimmungspoesie gegenüber gehen
die leuchtende Farbe suchenden Bilder von Ludwig
Graf ganz andere Wege: Auflösung der Form nicht
in Farbenflächen wie früher bei den Impressionisten,
sondern das Betonen der darin aufeinander abge-
stimmten oder gegensätzlichen großen Farbenakkorde.

Von ähnlichem Streben, hier aber wohl auch mit
der Absicht eines strengen Aufbaues und strammer
Stilisierung verbunden, dafür in dem stereotyp wieder-
kehrenden Farbenzusammenklang des Rötlich violett
und Gelb in allen Bildern gleich: Ferdinand Andri,
ein Manier gewordener Stil. Und wo er etwas anderes
versucht, wie in zwei Bildnissen, lastet eine schlei-
chende, untiefe Farbe über dem Bild, fern von aller
Freiheit in Raum und Licht und Luft. Nur die
kleinen Farbstiftzeichnungen mit Episoden aus den
Kriegsfolgen: Erscheinungen, Flüchtlingen usw. schla-
gen in reizvoller Weise neue Töne an.

Zu diesen Malern, deren Ausgangspunkt der Bild-
kompositionen mehr oder minder doch immer das
farbige Erleben war, bilden die Bilder von Oskar
Laske einen starken Kontrast. Hier bleibt jeder
gegenständlichen Einzelheit ihr selbständiges Leben,
die Freude, alle Einzelheiten des Lebens und Er-
lebens, seien sie nun freudiger oder schmerzlicher Art,
vor unseren Augen auszubreiten. Mit immer gleicher
Klarheit und Deutlichkeit, mit bis ins letzte hinein zu
verfolgendem Interesse an der Beschreibung des Ob-
jekts, der genauen Erzählung des Vorgangs, rollt sich
 
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