DOI Heft:
Nr. 32
DOI Artikel:Baum, Julius: Die Entstehungszeit des Sakramentshauses von Hal
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.36987#0099
KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZB
NR. 32 6. MAI 1921
DIE ENTSTEHUNGSZEIT
DES SAKRAMENTSHAUSES VON HAL
VON JULIUS BAUM
DAS Sakramentshaus der Liebfrauenkirche in Hai zeigt auf feinen beiden
Schaufeiten je zwei Reliefkompofitionen, auf der einen Seite den Einzug
in Jerufalem und Chriltus am Ölberg, auf der anderen Fußwafchung und Abend-
mahl <f. Abb.). Es find fehr lebhafte Darftellungen, nicht nur nicht fymmetrifch,
fondern mit abfichtlich ungleich verteilten Figurenmaffen, mit ItarkerTiefentendenz,
wenngleich ohne Verkürzungen, und mit kühnen Überfchneidungen, Die Ge-
wänder lallen vom Gerüft der Körper nicht viel frei; fie find groß gefchwungen,
fehr plaftifch, mit tiefen Unterfchneidungen, doch frei von Faltenbrüchen. Die
Köpfe fcharf charakterifiert, mit vielen Zufälligkeiten der äußeren Erfcheinung;
auch die Handgelenke, foweit fichtbar, voll Bewegungsmöglichkeiten. Auf-
fallend die Draltik, mit der etwa im Abendmahl ein Apoftel einen Billen in
den Mund Iteckt, ein anderer die Weinkanne anfetzt.
Unfere Befchreibung läßt felbft in ihrer Kürze keinen Zweifel darüber,
daß von Arbeiten aus dem Beginne des 15. Jahrhunderts die Rede ift, etwa
von Zeitgenofien des Kölner Saarwerdengrabmals und der Nürnberger Ton-
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZB
NR. 32 6. MAI 1921
DIE ENTSTEHUNGSZEIT
DES SAKRAMENTSHAUSES VON HAL
VON JULIUS BAUM
DAS Sakramentshaus der Liebfrauenkirche in Hai zeigt auf feinen beiden
Schaufeiten je zwei Reliefkompofitionen, auf der einen Seite den Einzug
in Jerufalem und Chriltus am Ölberg, auf der anderen Fußwafchung und Abend-
mahl <f. Abb.). Es find fehr lebhafte Darftellungen, nicht nur nicht fymmetrifch,
fondern mit abfichtlich ungleich verteilten Figurenmaffen, mit ItarkerTiefentendenz,
wenngleich ohne Verkürzungen, und mit kühnen Überfchneidungen, Die Ge-
wänder lallen vom Gerüft der Körper nicht viel frei; fie find groß gefchwungen,
fehr plaftifch, mit tiefen Unterfchneidungen, doch frei von Faltenbrüchen. Die
Köpfe fcharf charakterifiert, mit vielen Zufälligkeiten der äußeren Erfcheinung;
auch die Handgelenke, foweit fichtbar, voll Bewegungsmöglichkeiten. Auf-
fallend die Draltik, mit der etwa im Abendmahl ein Apoftel einen Billen in
den Mund Iteckt, ein anderer die Weinkanne anfetzt.
Unfere Befchreibung läßt felbft in ihrer Kürze keinen Zweifel darüber,
daß von Arbeiten aus dem Beginne des 15. Jahrhunderts die Rede ift, etwa
von Zeitgenofien des Kölner Saarwerdengrabmals und der Nürnberger Ton-