Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 56.1920/​1921 (April-September)

DOI Heft:
Nr. 45/46
DOI Artikel:
Buchwald, Conrad: Ein Menzel-Fund
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36987#0311

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZE
NR. 45/46 5./12. Auguft 1921

EIN MENZEL-FUND
ADOLPH VON MENZEL muß fchon als Knabe in leiner Vaterftadt
- Breslau, die er bekanntlich 1830, noch nicht fünfzehn Jahre alt, mit
Berlin vertaufchte, als Wunderkind gegolten haben. Denn auf den Bres-
lauer Kunftausltellungen der Jahre 1828 und 1829 waren unter Werken da-
maliger Berühmtheiten auch Arbeiten des zwölf-oder dreizehnjährigen Schülers
der Elementarfchule VI, A. Menzel, ausgeltellt: eine Kopie eines Stein-
druckes, eine Kreidezeichnung eines Kopfes, eine Multerfchrift »Das Vater-
unfer«, eine hiltorifche Kompofition »eigene Erfindung« und ein Bildnis nach
dem Leben. Die »hifto'rifche Kompofition« aus der römifchen Gefchichte, mit
der fidh Menzel auf der Schulbank ernltlich befchäftigte, ilt letzthin erlt wieder
in Kirltein's Menzelbuche abgebildet worden. Die zuerlt erwähnte Kopie
eines Steindruckes, eine »fäugende Tigerin« nach Rubens, aber hängt feit 1892
im Breslauer Schulmufeum.
Menzel fchwärmte übrigens nicht für derartige »vorfündflutlidhe Funde«,
wie er fich ausdrüdcte. Schrieb er doch 1893, als er das Schulmufeum be-
fucht hatte: »Wäre das Kuriofum in jener alten Schulklalfe, feiner Brutftätte
belaßen, nicht doch mehr am Platze geblieben? Als jetzt aus wohlverdienter
Vergefienheit gezogen als fremder Tropfen an jenem ernften Orte die ernlten
fachmäßig intereffierten Befucher fo gut wie die Gaffer in die Verlegenheit zu
fetzen, nolens volens Enthufiasmus heucheln zu müflen.«
Ähnlich würde er vielleicht urteilen, wenn er von dem hier »ausgegra-
benen«, vollkommen unbekannten Jugendwerke hören könnte. Es ilt wahr-
fcheinlich das obenerwähnte »Bildnis nach dem Leben«, eine Lithographie des
Breslauer Fürftbifdhofs Emanuel von Schimonski, deutlich bezeichnet, als im
Verlage von C. E. Menzel, dem Vater des Künltlers, erfchienen Lind »nach
dem Leben gez. und lithogr, von Ad. Menzel d.J.«, ein repräfentatives Knie-
ftück im Stile des 18. Jahrhunderts, Der greife Kirchenfürlt ßarb 1832 im
Alter von 81 Jahren.
Man braucht, um mit Menzel zu fprechen, nicht »Enthufiasmus zu
heucheln«, aber man ftaunt, wie ein Dreizehnjähriger diefes Bildnis in einer
damals ganz neuen Technik fchaffen konnte. Liegt doch darin fchon ein Ur-
teil, daß der Fürftbifchof einem Jungen in diefem Alter offenbar Modell ge-
Nr. 45/46. 5./12. VIII. 21
 
Annotationen