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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 58.1922/​1923 (Oktober-März)

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Nr. 1
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Goetz, Hermann: Indische Miniaturen
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Literatur / Nekrologe / Personalien / Sammlungen / Ausstellungen / Öffentliche Kunstpflege / Verschiedenes
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https://doi.org/10.11588/diglit.41225#0011

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Indifdie Miniaturen — Literatur

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Süßlichkeit aus, Überladung fängt an, fich fühlbar zu machen, bis die noch
fpäteren Stüdce in ihrem fortfehreitenden Mangel an Proportion und Ausdruck
eine Qual für den Befchauer werden. Bietet fo diefe Sammlung einen volL
Händigen Überblick über den Niedergang der Malkunft von Garhval und
Kangra von dem Sturz des Katoch-Reiches durch die Sikh bis zu ihrem end-
gültigen Untergang, enthält fie doch noch eine Anzahl fehr guter Arbeiten,
wie die fchon von Grünwedel veröffentlichte »Abhisarika« <Mädchen auf dem
Wege zu ihrem Geliebten) u. a., mit denen wir uns wohl werden behelfen
mülfen, folange in deutfehen Sammlungen diefe fchönlte Blüte indifcher Mal-
kunft nicht belfer vertreten ift. Zu bedauern ift nur im ganzen die primitive
Aufbewahrung in Kuverts.
Gute Miniaturen befinden fich auch in der Sammlung Sarre im Kaifer-
Friedridh-Mufeutn. Die indifchen Blätter darunter fcheinen zu einem großen Teil
der Lokalfchule von Jaipur anzugehören und in den Anfang des 18. Jahr-
hunderts zu fetzen zu fein. Einzelne Stücke find Meilterwerke, die mit zu
den beften im Bereich der Berliner Sammlungen gehören. Entzüdcend ilt eine
»Kakubha Ragini«, ein tanzendes Mädchen in orangerotem Gewände vor
einem mit violetten Blüten befäten Baume.
Die Anwefenheit Rabindranath Tagores in Deutfchland hat bei all der
Begeiferung gezeigt, wie wenig wir das doch moderne Indien wirklich begreifen,
Unfere Forfchung hat fich zu fehr immer nur dem toten, faßt nie dem lebens
den Indien zugewandt. Die indifche Miniaturen-Malerei ilt aber ein Kind
der lebenden indifchen Kultur, die Mogul-Kunft der Ausdruck des indifchen
Moslemtums, die der Rajputen das Spiegelbild der höchlten Formen reiner
Hindukultur, wie fie weiterlebt in den wuchtigen Legenden der Puranen und
Tantras, in der zarten Myltik der Krishna-Lila, die da weiterklingt in den
Liedern der Gitanjali. Mag daher ihr Studium beitragen zum Verftändnis
Indiens, das uns Deutfehen näher fteht als alle anderen Länder des Oltens,
neue Kräfte zu zeugen unferer eigenen Kultur!

LITERATUR
Katalog der Neueren Meifier in
der Kunlthalle zu Hamburg. Bear-
beitet von Dr. V. A. Dirksen. Ham-
burg 1922.
Je rühriger in unferem Mufeumsbetrieb
Neugründungen und Umftellungen »im
Sinne der neuen Zeit« erfolgen, defto
fpärlicher gerät die wiffenfdiaftliche Durch-
arbeitung der bewahrten Schätze. Gründ-
liche Kataloge der modernen Sammlungs-
abteilungen find vollends rar. Diefer

Hamburger Katalog aber ift vorbildlich.
Die Hamburger Kunlthalle, von Lichtwark
1914 ganz ohne brauchbare Verzeichnilfe
mit wiffenfchaftlichem Anfpruch zurückge-
laffen, ilt jetzt in diefer Beziehung eines
der am beften verfehenen deutfehen Kunlt-
inftitute. Gemälde alter und neuer Meifter
find vollftändig bearbeitet, die Zahl der
kleinen Führerhefte für einzelne Bildwerke
oder Bildergruppen nach Magdeburger
Mutter wächlt rafch an, ein Gefamtführer
fteht in Bälde zu erwarten und fogar das
 
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