KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER-,
CURT GLASER • GUSTAV KIRSTEIN • HANS RIETZE
VERANTWORTLICHE REDAKTION:
ALFRED KUHN
1922
8. DEZEMBER
NR. 10
Einfendungsftelle für alleManufkripte, außer Österreich und München: Dr. Alfred Kuhn,
BerIin = Friedenau, Fregeftraße26' Für Öfterreidi: WienerRedaktion, Prof. Dr. H. Tietze,
Wien XIX, Armbruli ergaffe 20 ■ Für München: Münchener Redaktion, Dr. Hans Rupe,
München, W i d enm ay erItr aße 39III • Verlag von E.A. Seemann, Leipzig,Hofpitalltraße 11a
ELSHEIMER
UND DIE RÖMISCHEN LANDSCHAFTSMALER
VON KURT GERSTENBERG
ie einzigartige Bedeutung, die das Jahrzehnt zwifchen 1600 und 1610
J-V für die Gefchichte der idealen Landfchaftsmalerei in Rom befitzt, ilt noch
nicht im vollen Umfange erkannt worden. Die Wechfelbeziehungen zwifcben
dem Norden und dem Süden waren in der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts in der Weife erfolgt, daß die niederländifchen Künltler im Schlepp*
tau der Italiener hingen, deren Errungenfchaften fie jedesmal rund um eine
Generation fpäter auch im Bilde auszuwerten verltanden. Mit dem Auftreten
Elsheimers in Rom aber beginnt ein unmittelbarer Wettbewerb mit den
römifdhen Landfchaftsmalern, fo daß es nicht mehr damit getan ilt, die Ent*
widdungsltufen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt feltzuftellen. Vielmehr drängt
fich entfcheidendes hiltorifches Gefchehen in engere Zeitabfchnitte zufammen.
Damals liefen in Rom die Strahlen niederländifcher, venezianifcher und römifcher
Landfchaftsentwicklung wie in einem Brennpunkt zusammen, um in der hier
gewonnenen Brechung dem Entwicklungsbilde der Folgezeit die Farbe zu
verleihen.
Seit Bodes grundlegenden Unterfuchungen über Elsheimer in den Studien
zur Gefchichte der holländifchen Malerei 1883 hat fich die Anficht beharrlich
und unwiderfprochen gehalten, daß Elsheimer auf die italienifchen Maler nach-
haltig eingewirkt habe. Diefen Einfluß, der fich in dem geringen Umfang der
Bilder ihrer miniaturartigen Ausführung, der Wahl der Motive und dem Ver*
hältnis der Staffage zur Landfchaft äußern foll, glaubte Bode felblt bei Annibale
Carracci und Domenichino feltltellen zu können <a. a. O. 316>. Aber gerade
ohne den Vorgang diefer beiden römifchen Meilter ilt die Entwicklung Els*
heimers nicht zu denken, die auch dann noch des Erltaunlichen genug enthält,
das fich nicht aus Einflüßen, fondern nur aus der Tiefe feiner künltlerifchen
Kraft erklärt.
Neuerdings hat nun Weizfäcker den Nachweis zu erbringen gefucht, daß
HERAUSGEBER-,
CURT GLASER • GUSTAV KIRSTEIN • HANS RIETZE
VERANTWORTLICHE REDAKTION:
ALFRED KUHN
1922
8. DEZEMBER
NR. 10
Einfendungsftelle für alleManufkripte, außer Österreich und München: Dr. Alfred Kuhn,
BerIin = Friedenau, Fregeftraße26' Für Öfterreidi: WienerRedaktion, Prof. Dr. H. Tietze,
Wien XIX, Armbruli ergaffe 20 ■ Für München: Münchener Redaktion, Dr. Hans Rupe,
München, W i d enm ay erItr aße 39III • Verlag von E.A. Seemann, Leipzig,Hofpitalltraße 11a
ELSHEIMER
UND DIE RÖMISCHEN LANDSCHAFTSMALER
VON KURT GERSTENBERG
ie einzigartige Bedeutung, die das Jahrzehnt zwifchen 1600 und 1610
J-V für die Gefchichte der idealen Landfchaftsmalerei in Rom befitzt, ilt noch
nicht im vollen Umfange erkannt worden. Die Wechfelbeziehungen zwifcben
dem Norden und dem Süden waren in der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts in der Weife erfolgt, daß die niederländifchen Künltler im Schlepp*
tau der Italiener hingen, deren Errungenfchaften fie jedesmal rund um eine
Generation fpäter auch im Bilde auszuwerten verltanden. Mit dem Auftreten
Elsheimers in Rom aber beginnt ein unmittelbarer Wettbewerb mit den
römifdhen Landfchaftsmalern, fo daß es nicht mehr damit getan ilt, die Ent*
widdungsltufen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt feltzuftellen. Vielmehr drängt
fich entfcheidendes hiltorifches Gefchehen in engere Zeitabfchnitte zufammen.
Damals liefen in Rom die Strahlen niederländifcher, venezianifcher und römifcher
Landfchaftsentwicklung wie in einem Brennpunkt zusammen, um in der hier
gewonnenen Brechung dem Entwicklungsbilde der Folgezeit die Farbe zu
verleihen.
Seit Bodes grundlegenden Unterfuchungen über Elsheimer in den Studien
zur Gefchichte der holländifchen Malerei 1883 hat fich die Anficht beharrlich
und unwiderfprochen gehalten, daß Elsheimer auf die italienifchen Maler nach-
haltig eingewirkt habe. Diefen Einfluß, der fich in dem geringen Umfang der
Bilder ihrer miniaturartigen Ausführung, der Wahl der Motive und dem Ver*
hältnis der Staffage zur Landfchaft äußern foll, glaubte Bode felblt bei Annibale
Carracci und Domenichino feltltellen zu können <a. a. O. 316>. Aber gerade
ohne den Vorgang diefer beiden römifchen Meilter ilt die Entwicklung Els*
heimers nicht zu denken, die auch dann noch des Erltaunlichen genug enthält,
das fich nicht aus Einflüßen, fondern nur aus der Tiefe feiner künltlerifchen
Kraft erklärt.
Neuerdings hat nun Weizfäcker den Nachweis zu erbringen gefucht, daß