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Der Parifer Herbftfalon
blitzend gefchliffenem Flakon. Sie wird, fie muß einem Publikum gefallen,
das, fei es zu ungebildet, fei es zu überbildet, um die harten Wahrheiten
einer Kunft vertragen zu können, die den Gaumen fo gar nicht kitzelt.
Man hat neuerdings das Wort »bocherie allemande« für diefe erfunden.
Wohlan, fei es drum. Ahfrtcf Kuhn
*
DER PARISER HERBSTSALON
VON MARIE DORMOy
TE älter er wird, um fo zahmer wird der Herbftfalon. Er fteht heute unge-
J fähr auf einer Stufe mit dem alten »Salon«. Diefe Wandlung ift aber nicht
etwa das Werk einer ftrengen Jury, die jedes revolutionäres Bild ablehnte.
Die Kunft felbft hat fich entfchiedener wieder der Natur zugewandt, einer
einfachen, plaftifchen Wiedergabe der Realität, einem Ausgleich der fenfuaE
ftifchen und rationaliftifchen Elemente.
Der Kubismus hat fich erfchöpft. Braque felbft, im Volfbefitz feiner glück-
lichen Begabung und feines feinen Farbengefchmacks, vollzieht die Rückkehr
zur traditionellen Form in dekorativen Gemälden und Stilleben, die bei allem
bewußten Aufbau doch leicht lesbar bleiben. Den Dadaismus vertreten nur
zwei Bilder von Picabia. Weiße Silhouetten auf fchwarz oder fchwarz auf
weiß, ähnlich wie Schießbudenfiguren.
Wir leben in einer Zeit des Übergangs. Es gibt viele wertvolle Künftler,
aber nicht mehr als zwei oder drei wirkliche Maler. An erfter Stelle fteht
Henri Matisse, der nur zwei kleine Bilder gefandt hat: eine Frau in der
Landfchaft, die Landfchaft licht und grün, voll Luft und Sonne, das volL
kommenfte Gleichnis füdlichen Glanzes, und die Halbfigur einer Spanierin, eine
prachtvolle Harmonie in fchwarz und weiß, rot und braun.
Neben Matisse felbft begegnet man einer Menge kleiner Matisse, kleiner
Cezanne, kleiner Courbet, felbft der Douanier Rousseau findet feine Nach-
ahmer. Unter den Malern, die trotz des ftarken Eindrucks, den Cezanne
auf unfere Generation geübt hat, ihre Perfönlichkeit zu wahren gewußt haben,
ift vor allem Jaulmes zu nennen, ein dekoratives Talent, er »komponiert« ein
Porträt im gleichen Sinne wie ein Wandbild. Vlamincks Landfchaften glänzen
wie immer mit ihrem lchönen Himmel in tiefem Blau, ihrem Meergrün, das
durch rote Tupfen belebt ift. Jules Flandrin fucht feine Lichtwirkungen, er
ordnet mit ficherer Hand die Elemente einer Landfchaft und hüllt fie in eine
fchimmernde Atmofphäre, die an Corot erinnert. Marval hat eine glückliche
Begabung und das Gefühl für Ichöne Farbenftellungen, aber zu große Leichtig-
keit verführt zur Oberflächlichkeit.
Der Parifer Herbftfalon
blitzend gefchliffenem Flakon. Sie wird, fie muß einem Publikum gefallen,
das, fei es zu ungebildet, fei es zu überbildet, um die harten Wahrheiten
einer Kunft vertragen zu können, die den Gaumen fo gar nicht kitzelt.
Man hat neuerdings das Wort »bocherie allemande« für diefe erfunden.
Wohlan, fei es drum. Ahfrtcf Kuhn
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DER PARISER HERBSTSALON
VON MARIE DORMOy
TE älter er wird, um fo zahmer wird der Herbftfalon. Er fteht heute unge-
J fähr auf einer Stufe mit dem alten »Salon«. Diefe Wandlung ift aber nicht
etwa das Werk einer ftrengen Jury, die jedes revolutionäres Bild ablehnte.
Die Kunft felbft hat fich entfchiedener wieder der Natur zugewandt, einer
einfachen, plaftifchen Wiedergabe der Realität, einem Ausgleich der fenfuaE
ftifchen und rationaliftifchen Elemente.
Der Kubismus hat fich erfchöpft. Braque felbft, im Volfbefitz feiner glück-
lichen Begabung und feines feinen Farbengefchmacks, vollzieht die Rückkehr
zur traditionellen Form in dekorativen Gemälden und Stilleben, die bei allem
bewußten Aufbau doch leicht lesbar bleiben. Den Dadaismus vertreten nur
zwei Bilder von Picabia. Weiße Silhouetten auf fchwarz oder fchwarz auf
weiß, ähnlich wie Schießbudenfiguren.
Wir leben in einer Zeit des Übergangs. Es gibt viele wertvolle Künftler,
aber nicht mehr als zwei oder drei wirkliche Maler. An erfter Stelle fteht
Henri Matisse, der nur zwei kleine Bilder gefandt hat: eine Frau in der
Landfchaft, die Landfchaft licht und grün, voll Luft und Sonne, das volL
kommenfte Gleichnis füdlichen Glanzes, und die Halbfigur einer Spanierin, eine
prachtvolle Harmonie in fchwarz und weiß, rot und braun.
Neben Matisse felbft begegnet man einer Menge kleiner Matisse, kleiner
Cezanne, kleiner Courbet, felbft der Douanier Rousseau findet feine Nach-
ahmer. Unter den Malern, die trotz des ftarken Eindrucks, den Cezanne
auf unfere Generation geübt hat, ihre Perfönlichkeit zu wahren gewußt haben,
ift vor allem Jaulmes zu nennen, ein dekoratives Talent, er »komponiert« ein
Porträt im gleichen Sinne wie ein Wandbild. Vlamincks Landfchaften glänzen
wie immer mit ihrem lchönen Himmel in tiefem Blau, ihrem Meergrün, das
durch rote Tupfen belebt ift. Jules Flandrin fucht feine Lichtwirkungen, er
ordnet mit ficherer Hand die Elemente einer Landfchaft und hüllt fie in eine
fchimmernde Atmofphäre, die an Corot erinnert. Marval hat eine glückliche
Begabung und das Gefühl für Ichöne Farbenftellungen, aber zu große Leichtig-
keit verführt zur Oberflächlichkeit.