Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 58.1923 (April-Septembert)

DOI Heft:
Nr. 37/38
DOI Artikel:
Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39788#0174

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
672

Literatur

LITERATUR
Ruffifdte Baukunfi, mit einer Ein»
leitung von A. Eliasberg. 173 Seiten,
mit 6 Textabbildungen und 161 Ab»
bildungen auf Tafeln. Georg Müller,
München 1922.
Veröffentlichungen über ruffifche Kunft
und Künltler find in letzter Zeit fehr in
Mode gekommen. Es gibt aber außer»
halb Rußlands nur fehr wenige, die lieh
mit diefem Gebiete befallen. Noch geringer
ift die Zahl derer, die mit dem ganzen
dazu gehörigen Stoffkreife näher vertraut
find. Daraus erklärt lieh das Erfcheinen
von Publikationen, deren Entftehung we-
niger einer Kennerfchaft oder einem wahren
Interefi'e, fondern eher dem Zufall und
einer günftigen Konjunktur zu verdanken
ift. Zu diefer Art von Büchern gehört die
bereits im Kriege aufgetauchte »Ruffifche
Kunft« des als Überfetzer aus dem Ruf»
fliehen wohlbekannten A. Eliasberg <Ver-
lag Piper, München 1915). Lind in die
gleiche Reihe gehört nun auch die vor
kurzem erfchienene »Ruffifche Baukunfi«,
ebenfalls von Eliasberg »herausgegeben
undausgewählt«. Ein in deutfeher Sprache
längft vermißtes und herbeigewünlchtes
Werk über ruffifche Architektur, für das
jedoch dem Verlage ungleich mehr zu
danken gewefen wäre, wenn er diefe Auf»
gäbe in die Hand eines wirklich Sach»
kundigen gefegt hätte. Denn wer glaubt,
lieh hier über den ruffifchen Kirchen» oder
Profanbau eingehender belehren zu können,
erhält ein unklares, unvollftändiges Bild.
In diefem äußerlich vom Verlage forg»
faltig ausgeffatteten Bilderbudte mit feinen
161 größtenteils ganzfeitigen Abbildungen
ift nicht einmal ein einziger Grundriß oder
Aufriß enthalten, keinerlei Stelle, aus der
der LIneingeweihte anfchaulich erfahren
könnte, wie z. B. eine ruffifche Kirche in
ihrem Innern gebaut ift und ausfieht. Das
Bildermaterial, zu neun Zehntel den Re»
Produktionen der reidi illuftrierten »Ge»
Ichichte der ruffifchen Kunft« von J. Grabar
(Moskau 1909) entnommen, was aber
von Eliasberg nirgends erwähnt wird, ift
hier in mehrere lofe Gruppen gegliedert.
Die weder kunfthiftorifch, noch lonft in
irgend einer Beziehung befonders bemer»

kenswerte Nikola=Kirche auf Lipnja bei
Nowgorod, vom Jahre 1292, erfcheint —
man weiß nicht recht warum — obenan,
als Tafel 1 diefes Buches, während eine
Anzahl älterer und bedeutfamerer Kirchen»
bauten aus Kiew, Tfchernigow, Nowgo»
rod, Pskow, Wladimir ufw. erft hinterher
folgt. Ähnlich ungeordnet find auch die
folgenden Tafeln diefer älteften ruffifchen
Kunfiperiode, auch die daran anfchließen»
den Holzkirchen des Nordens.
Mit den Kuppeln der Mariä = Himmel»
fahrts=Kathedrale des Moskauer Kremls
(1475) wird die Architektur von Moskau
und feines Umkreifes eingeleitef. Hier tritt
die offenbar ganz vom Zufall abhängige
Einfiellung des Herausgebers bei der Sich»
tung des ihm vorgelegenen Materials und
das Syftemlofe diefes Tafelwerks noch
klarer zutage. Vom Moskauer Kreml,
der doch gewiffermaßen den Kern» und
Höhepunkt der altruffifchen Baukunfi be»
deutet, und deffen unerreicht malerifche
Gefamtwirkung keinerlei noch fo zahl»
reichen und detaillierten Einzelabbildungen
wiederzugeben vermögen, — ifi nirgend»
wo auch nur eine Teilanficht zu finden.
Zugleich vermißt man aber unter den
Abbildungen auch eine Anzahl der cha-
rakterifiifchen Kremlbauten: das im Jahre
1358 gegründete Tlchudow»Klofier, das
Wosnjessjenskijfche Klofier <1389) die von
Italienern erbaute »Granowitaja=Palata« —
der Facetten»Palafi <1487—91), der be»
rühmte Turm »Iwan Welikij« <1600), eine
Außenanficht des »Terem«=Schloffes<1636)
ufw. Auch die zahlreichen, im zweiten
Bande der Grabarfchen Kunfigefchichte doch
fo gewifienhaft zufammengetragenen Pläne
und Stadtanlichten des »alten Moskau« lind
unberüchfichtigt. Außerhalb des Kremls
fehlt ebenfalls manches Wichtige. Selbfi das
volkstümlichfte Gebäude von Moskau ift
unauffindbar: der fo in die Augen fallende
»Ssucharew«=Turm, die fogenannte »Braut
des Iwan Welikij«.
Statt deffen bekommen wir aber auf
verfchiedenen Einzeltafeln diverfe Kuppel»
gruppen=Ausfchnitte zu fehen, die man ein
paar Seiten vorher, bei den Gefamtanlichten
der betreffenden Kirchen genau fo gut be»
fichtigen kann, und auf die wohl zugunften
einer geringeren Lüdcenlofigkeit innerhalb
 
Annotationen