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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 1.1885

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Lessing, Julius: Neue Vorlagen für Intarsia und Schnitzerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.3679#0124

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Neue Vorlagen für Jntarsin und Schnitzerer

N4

ebensogut für die Malerei, Stickerei und jegliche
Art der Knnstarbeit eine schier nnerschöpfliche
Quelle erschlossen.
Jn der Kunsttischlerei nahm auf Grund
dieser herrlichen Vorbilder die Jntarsiaarbeit den
lebhaftesten Aufschwung, und seit Jahrzehnten
sehen wir jetzt wieder unsere Möbel mit dem
zierlichsten Rankenwerk italienischer Kunst bedeckt.
Die mvderne Technik erleichterte die Aus-
führung im hohen Grade. Zunächst hatte man
zwei verschiedcnsarbigc Holzplatten, gewöhnlich
Gelb und Braun, aufeinandergelegt, das Mnster
mit der Handlaubsäge durch beide zugleich durch-
gesägt nnd war nnn ini stande, das gelbe Mnster
in den brannen Grund und das braune Mnster
in den gelben Grund einzulegen nnd somit ohne
irgend welchen Verlnst von Material, statt zweier
glatter, zwei gemusterte Platten herzustellen. Als
nun gar die mechanische Laubsäge eingesührt wnrde,
konnte man Blöcke von 20—30 Platten haar-
scharf durchsägen und die gemustcrten Fvurniere
sür einen ganz mäßigen Preis der MLbelfabrik
zu Gebote stellen. Man sieht darauf, das; dic
Faser der braunen Platte nmgekehrt läuft, wie die
der gelben, so daß die Hölzer bci dcm Tehnen
nnd Schwinden gegeneinander arbeiten und sich
ergänzen. Män hat es bei dieser Arbeit mit ganz
feineu Sägen zu einer solchcn Epaktheit gebracht,
daß die Fugen völlig verschwinden und die Fläche
spiegelglatt dasteht.
Wer nun aber Gelegenheit gehabt hatte die
italienischen Originale zu schen, war sich mit Be-
trübnis bewußt, wie viel von dem Reize dieser
köstlichen Werke in den Kopien glatter Maschinen-
arbeit verloren ging. Zunächst ist die an sich so
praktische Berwendnng beider Platten, gelb auf
braun, und braun auf gelb, in den meisten Fällen
ein künstlerischer Mißgriff. Man hat diese doppelte
Verwendnng allerdings auch in tiroler und schweizer
Arbeiten des 16. und 17. Jahrhunderts, ebenso
in der Boulearbeit am Ende des 17. Jahrhnn-
derts; daim hat nian aber immer die Zeichnung
derart entworfen, daß jede der beiden Farben
auf derselben Platte bald Musler bald Grund
bildet, und hat die beiden Farben so geschickt
durcheinander gewirbelt, daß man die beiden
dnrch das Jneinanderfügen gewonnenen Platten
nebeneinander an dasselbe Möbel bringen konnte,
ohne das Auge zu beleidigen.
Auf den guten italienischen Jntarsien des
15.—16. Jahrhunderts ist durchweg der dnnkle
Grund als ernsthafte Fläche gewahrt, schlank und

leicht legt sich das Rankenwerk des gvldgelben
hellen Holzes darüber hin, auf dcn edelsten Ar-
beiten wie dem Gestiihl von S. Miniatv (vergl.
Meurer Taf. 59; anch die Mantuaner Jntarsia
Meurer Taf. 73), oft nur in wenigen zicrlichen
Strichen. Es ist selbstverständlich, daß ein dunktes
Muster auf hellem Holze nicht diesclbe Wirkung
haben kann und ganz anders komponirt sein muß.
Der italienische Jntarsiator der gutcn Zeit
kennt dies Durchsägen eben nicht, obgleich selbst
Teirich in seiner Vorrede es als selbstverständlich
annimmt, sondern schneidet aus dem dünnen Brette,
welcheS die Grundfläche bildet, mit dem Schnitz-
messer die Muster heraus nnd legt in die gewvn-
nenen Offnungen andersfarbigeö Holz hinein, das
ebenfalls mit dcm Blesser znrcchtgeschnitten ist.
Wir sehen das ganze Handwerkzcug auf einem
Selbstporträt von 1502, welches der berühmte
Holzschneider Antvnio Barili^in ein Gestühl
eingesügt hatte, das ehedcm dic Tauskapelle des
Domcs von Siena schmückte. Dieses Gestühl, von
Lem die betreffende Tafel, jetzt im Mnseum zu
Wien, der einzige erhaltene Rest ist, crschicn dcm
Meister selbst so bewnndernswert, daß er in die
Jnschrift die Versichernng hineinfügte, daß er es
mit dem Schnitzmesser (enslum) nicht mit dem
Pinsel gcarbeitet habe. Dieses Schnitzmesser ist
ein Werkzeug, genau ivie es die Buchbinder zum
Ansschneiden starker Pappe benntzcn, ein kurzes
Messer, eingesügt in einen langen, festen Schaft
der mit der ganzen Faust gepackt nnd gegen
die Schulter gelehnt wird, so daß man den
vollen Druck des Körpers einsetzen kann. Ferner
ist vorhanden cin Stist zum Aufreißen, ein
kleines Stemmeisen (vielleicht ein Hohleise») nnd
ein gesckilvssenes Taschenmesser, das also wohl nur
gelegentlich gebrancht wnrde.
Die Einlagcn, welche mit diesem einfachen
Handwerkszeug hergestellt werden, können selbst-
verständlich nicht sv haarschars ineinanderpassen, wie
die Arbeiten der Lanbsäge. Dies ist aber kein
Fehler, svndern viclmehr ein crheblicher künstlerischer
Vorteil. Es bilden sich Fngen, die keineswegs
imnier gleich weit sind, beim Ansleimen dringt der
Leim in dieselben hinein nnd verbindet sich mit
deni'beim Glätten entstehenden Staube odcr gar
mit absichtlich hineliigerührtem stsuß zu schwärz-
lichen unregelmäßigen Kontourlinien, die für die
1) vr. Hugo von Tschudi: Eine Jntarsia von
Antonio Barili. Mitteilungen des k. k. österreichischen
Museums XVI 166. Wien 1879.
 
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