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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 1.1885

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Wustmann, G.: Die Leipziger Goldschmiede Hans Reinhart der Ältere und der Jüngere
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Schüssel und Kanne aus Serpentin
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https://doi.org/10.11588/diglit.3679#0181

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168

Schüssel und Kanne aus Serpentin.

Eine Frage bleibt in unsern Ouellen nn-
beantwortet: die Frage nach der Herlnnst des
„Groschengießers". Ein Lcipzigcr war er nicht,
denn er ninßte bei der Erlverbnng des Biirgcr-
rechts seinen GebnrtSbricf bringen nnd 1 Schock
3 Groschen (— 3 Gulden) zahlcn, wahrend Leip-
ziger Biirgcrsöhne das Bürgerreckt stets unent-
geltlich erhielten. Nicht unwahrscheinlich ist es,
daß er, che er nach Leipzig kani, in Wittenbcrg
gelebt hat, denn wie hätte cr sonst dazu kommen
soklen, 1636 die Medaillc niit Siindenfakl nnd
Erlösung ini Anftrage des Knrfürsten anzusertigen?
— ckounnsL k?riäsrion.8 lüleetor Dux Laxonias
kisri kseit steht darauf. Dic Vorbilder dazu
werden sich wvhl bei Cranach nachwcisen lassen.
Jedenfalls Ivar auch Reinhart ein Anhänger der
Reformation und zog, nachdem die neue Lehre im
Herzogtum Sachsen endlich anerkannt war, nach
der größeren Stadt, dic ihm ein größeres Ar-
bcitsfeld versprach. Am Ende ist es gleichgiltig,
Ivoher er stanimt; denn da cr unzweifelhaft Auto-

didakt war, so liegt keine Veranlassung vor, nach
Sckmleinflüssen bci ihm zu suchen.
Außer einer Heliogravüre, die zwei der
schvnsten Medaiklcn des ältcru Reinhart vorsührt,
ist diesem Aufsatze noch cin Kupscrstich des Leip-
ziger Stadtwappens beigegebcn, wclcher von der
im Leipziger Ratsarchiv noch ausbewahrten
Originalplatte gedruckt ist. Auch sie ist die Ar-
beit eines Leipziger Goldschmieds; auf der Nück-
seitc der Platte ist eingestochen: Manasse stewber
golttschmid. 1682. Dieser Manasse Steuber
(oder Steinber, wic er auch geschrieben wird)
war aus Berlin nnd wurde 1666 Leipziger
Bürgcr und Meister dcr Leipziger Jnnung.
Wahrscheinlich hat er die Platte dem Rate ge-
schenkt, zn dem Zwecke, die Titelblätter der all-
jährlich nen anzulegenden Ratsbllcher damit zu
schmücken; sie ist aber nie zur Berwendung ge-
kommen.

^chüssel und Kanne aus ^erpentin.
lllit Abbildung.

Jn der Gruppe von Arbeiten aus Halb-
edelsteincn im kgl.Kunstgewerbemnseuni zu Berlin
nehnien die beiden hier in Abbildung mitgeteil-
ten zusammengehvrigen Stücke einen hervor-
ragenden Platz ein. Kanne und Schüssel sind
aus schönem dunklen Serpentin gcarbeitet und in
Silber montirt. Die Kannc (H. 0,27 m) ist
völlig rund gedreht: Henkel und Ausguß von
gegosssnem Silber. Am Rand des Fußes uud
ani Körper liegen in Hohlkehlen einfach vcr-
zierte Silberstreifen. Der zierlich gebildete Aus-
guß mit EngelSkopf an der Vorderseite wird
mittels dreier reich verzierter Bügel mit der
übrigen Monlirung verbunden. Der mächtig
nusladende Henkel ist von vorzüglicher Durch-
bildung und giebt der Silhonette des Gefäßes
einen besonderen Neiz. Die Schüssel (Durchm.
0,35 rn) mit tiefem Spiegel uud rechtwinklig
dazu stehendem Rand zeigt in der Mitte inner-
halb eines Kreises eine durchbrochene Silber-
platte, in deren Mittelfeld das markgräslich
badische nnd gräflich waldecksche Wappen in
Allianz graviert ist. Der Rand ist außen
mit einer verzierten Lippe, innen mit einem ge-

drehten Stab, in deren Mitte sich abwechselnd
je vier Engclsköpfe und ebenso vicl durch-
brochene Zicrplättchen befinden, geschmückt.
Die Silberarbeit zeigt den Stempel der
Stadt Augsburg, die Meistcrmarke ist aus bi
H 6 und bl zusammengesetzt.
Eine gcnauere Datirung ermöglichcn die
Wappen. Markgraf Friedrich V. von Baden-
Durlach (f 1669) vermählte sich in dritter Ehc
im Jahre 1634 mit Maric Elisabeth, Tochter
des Grafen Walrad von Walveck (sie starb
1643). Wir dürfen in dcm Stück wohl ein dem
hohen Paar dargebrachtes Geschenk erblicken.
Kanne und Schüssel sind ein sehr charak-
teristisches und lehrreiches Bcispiel für die Art
und Weise, wie größere Arbeiten aus Halbedel-
stein zu gestalten sind. Jn unscren Tagen hat
leider die Schätzung und dic Anwendung dieser
schönen Matcrialicn fast völlig anfgehört; wir
lvürdigen ost nur noch den brutalen materiellen
Wert an Edclmctallarbeiten und Edelsteinen.
Und doch liegt hier für unser Kunstgewerbc
noch ein weites Feld der Thätigkeit offen, ist
die Möglichkeit gcbvten, schöne und nicht zu
 
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