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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 1.1885

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Schnütgen, Alexander: Die Konkurrenz für die Bronzethüren des Kölner Domes
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https://doi.org/10.11588/diglit.3679#0252

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Dis Konkurrenz für die Bronzethüren des Kölner Domes.

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Riicksichten empfehlen, um nicht zu sagen fordern,
ncimlich den Kölner Dom mit Erzthüren aus-
zustatten, archäologisch nicht zn Leanstanden, daß
aber an ihnen der Flächencharakter um so mehr
zu wahren ist, als es der gotischen Plastik nn-
serer Tage nicht einmal recht gelingen will,
leichtere Aufgaben ganz befriedigend zu lösen.
Es kann daher nur gebilligt werden, daß
von dem zweiten Konkurrenzausschreiben im
geradesten Gegensatze zum ersten Neliefdarstel-
lungen nicht nur nicht verlangt, sondern ganz
ausdrücklich ausgeschlossen werden. Dies hat
zugleich den Borteil, daß die Kosten sehr erheb-
lich vermindert werden, da die Summe, welche
früher für die Ausführung der vier Westthüren
erforderlich gewesen wäre, jetzt vielleicht zur Be-
schaffung sämtlicher zwölf Bronzethüren nahezu
hinreichen wird. Auf alle diese bezieht sich die
Konkurrenz, von wclcher am Schlusse der dafür
vergönnten sieben Monate, trotz des etwas
niedrig gegriffenen Preises von 2500 Mark, die
Qualität der ausersehenen Künstler tüchtige Ent-
würfe mit Sicherheit erwarten läßt. Da unter
ihnen nur ein Bildhauer, so wird zur Herstel-
lung der geforderten Modelle fremde Hilfe in
Anspruch zu nehmen sein. Diese Modelle wer-
den sich übrigens zunächst auf das Rahmen-
werk beziehen, mag es in bloß profilirten Leisten
oder in Blattornamenten oder gar in durch-
brochenen Ranken bestehen, sodann aber auch
auf die etwa zu Hilse genommenen Pfosten- und
Maßwerkstränge, resp. auf die vegetabilischen und
animalischen Details, durch welche sie zu beleben
sein möchten, endlich auf die mit festliegenden
Ringen zu versehenen Löwenköpfe, die ausdrück-
lich vorgeschrieben sind, die aber auch mit
Menschenköpfen abwechselnkönnten, wieanSaint-
Julien de Brioude in Frankreich, oder mit Grei-
fenköpfen, wie am Dom zu Benevent. Das
Rahmenwerk aber, der eigentliche Schwerpunkt
des Ganzen, würde wohl in Bezug auf Solidität
wie auf korrekte Eckenlösung, sogar in Bezug auf
die Leichtigkeit die meiste Garantie bieten, wenn
es je in einem einheitlichen Gusse hergestellt
würde. Die hohe Leistungsfähigkeit der Berliner
Erzgießerei, die neuerdings noch in den vor-
züglich gelungenen Thllren der Ruhmeshalle die
schwerste Probe bestanden hat, würde an dem
Gelingen nicht den geringsten Zweifel gestatten.
Jn die Füllungen ließen sich dann verhältnis-
mäßig dünne Bronzetafeln hinter die Rahmen
legen, mit denen sie durch ornamentale Knöpfe

auf die zuverlässigste Wcise zu verbinden, resp.
zu verschrauben wären. Diese Füllungstafeln
wären leicht mit eingravirten Konturfiguren
auszustatten, mit Silber auSzuhämmern, im
Jnteresse der Solidität und des farbigen Kon-
trastes noch besser mit opakrothem Schmelz im
Feuer auszufüllen oder auch der Abwechselung
wegen mit Zinn auszulöten. Bei der Auswahl
solcher Figuren wäre vielleicht die Geschichte des
Domes, resp. derjenigen, die durch seine Pforten
eingezogen sind, zu befragen, natürlich insoweit der
projektirte Bodenbelag sie in seinen Kreis nicht
aufgenommen hat. Eins Messingplatte, die
wiederum verhältnismäßig dünn sein könnte,
wiirde leicht die ganze Rückseite bedecken, eben-
falls mit dem Nahmen nach der Vorderseite aufs
festeste vernietet. Für ihre AuSstattung würden
die zahlreich auch in Deutschland erhaltenen eher-
nen Grabplatten die mannigfachsten Motive,
figürliche wie ornamentale bieten und auch deren
Ausfüllung mit Asphalt würde im Jnnern des
Domes nicht den geringsten Bedenken unterliegen.
Diese rein metallische Behandlung dürfte vor
jeder gemischten den Vorzug verdienen, also na-
mentlich vor der Zusammensetznng aus Holz-
bohlen, die auf der Vorderseite ganz mit Bronze-
platten zu bedecken wären. Ein solcher Holzkern
würde sie nicht nur dicker und schwerer machen,
sondern auch den Einflüssen der Temperatur unter-
liegend die Metallbekleidung leicht in Mitleiden-
schaft ziehen auf Kosten der Solidität und noch
mehr der Schönheit, die vor allem in dem fau-
beren Gefüge zu bestehen hat.
Da die Schönheit auch Mannigfaltigkeit ver-
langt, so werden die einzelnen Portale möglichst
verschieden zu behandeln sein und um so reicher,
je höher ihre Würde. Die durch die Steinpfosten
geschiedenen Mittelthüren, die zusammen je ein
Thor bilden, werden in der Disposition des Rah-
menwerkes einheitlich zn gestalten und vor den
Seitenthüren durch größeren Reichtum auszn-
zeichnen sein. Alles aber wird darauf ankommen,
daß die ornamentalen Teile von Modelleuren ge-
bildet werden, die nicht bloß in der gotischen
Formensprache überhaupt, sondern auch in der
so eigenartigen des Domes durchaus geschult sind,
und daß nach vollbrachtem Guß die so wichtige
Ciselirung in die berufensten Hände gelegt werde.
Da die zur Konkurrenz eingeladenen fünf
Meister auch in dieser Hinsicht Gutes hoffen lassen,
so wird dem Erfolge mit Vertrauen entgegenge-
sehen werden dürfen. Schnütgen.

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