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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 2.1886

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Rosenberg, Marc: Eine vergessene Goldschmiedestadt, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4121#0048

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Kunstgewerbeblatt. 2. Iahrgang.

Nr. z.

Amerikanischc Tapeten'borte. (S. Seite ss.s

Line vergessene Goldschmiedestadt.

von Marc Nosenberg.
lNit Abbildungen und einem Aupferlichtdruck.

Unter den deutschen Städten, welche in
der Periode der Renaissance hervorragende
Gold- und Silberschmiedarbeiten geliefert haben,
ist in erster Linie Augsburg zu nennen. Die
massenhafte Produltion, gefördert durch eiu
gut organisirtes Handwerst und der vielseitige
Absatz, angeregt durch den großen Fremden-
verkehr nnd durch vielseitige Handelsbeziehungen
weiter entwickelt, haben dafür gesorgt, daß kaum
eine Kirche oder eine weltliche Sammlung in
Deutschland existirt, welche nicht wenigstens
einige Augsburger Goldschmiedearbeiten besitzt.
Das den einzelnen Stücken aufgeschlagene Augs-
burger Stadtwappen kennt jeder, der sich für
diesen Zweig des Kunsthandwerks interessirt,
nnd wenn man noch weiß, daß Nürnberg mit
einem K im rnnden Schilde stempelt, so wird
man in süddeutschen Sammlnngen oft die
Hälfte der Gegenstände als diesen beiden Haupt-
sabrikationsorten entstammend erkennen.

Wie steht es nun aber um die andere
Hälfte, d. h. um diejenigen Stücke, welche
uicht Augsburger und nicht Nürnberger Ar-
beiten sind? Sie sind nicht nur für die ge-
bildete, sondern auch für die gelehrte Welt eine
terrs. inaoAniks.. Befinden sich die Stücke noch
in ihren Anfertigungsorten, so weiß natürlich
der Einheimische, daß die Stute das Beschau-
zeichen von Stuttgart und der Bär die Marke
fiir Berlin ist. Aber bei Stücken, die gewaudert
stnd, wer will da, vorausgesetzt, daß er die
Stadtwappen alle kennt, das Erfurter Rad
von dem Mainzer oder die Rigaer Schlüssel
von denen von Regensburg uuterscheiden, oder
wer will es gar unternehmen, die vielen Städte,

Kunstgewerbeblett. 11.

welche mit dem Löwen oder dem Adler zeichnen,
in ihren Goldschmiedearbeiten ans einander zu
halten?

Noch größer wird die Schwierigkeit, wenu
das Stadtwappen sich nicht mit dem Beschau-
zeichen deckt, ein Fall, der sehr oft eintritt,
aber bisher so wenig Beachtuug gefunden hat,
daß das neueste Handbuch für Goldschmiede-
marken ein Stadtwappen als Beschauzeichen
anführt, welches niemals auf Goldschmicde-
arbeiten nachgewiesen werden kann.

Eine weitere Komplikation entsteht dadurch,
daß das Beschauzeichen, sei es mit dem Stadt-
wappen, sei es in selbständiger Weise,
wechselt; in den vier Jahrhunderten, die hier
vornehmlich in Betracht kommen, oft viermal
und mehr. Sprünge wie vom Löwen zum
Halbmond (Lüneburgch von drei leeren Schilden
zum Schrägbalken (Straßburg) sind genng, um die
Forschung zu erschweren; nud hat man endlich
die Beschauzeichen in ihren Variativnen fest-
gestellt, wer keunt in jeder Stadt die einzelnen
Mcister nnd ihre wechselnden Zeichen? Nie-
mand! Aber in den Archiven, in den Samm-
lungen liegen die Materialien dafür da. Hoffen
ivir, daß sie bald gehoben werdeu.

Hier ein kleiner Versuch in dieser Richtung.

Da er sich mit einer Stadt beschäftigt,
welche im 15. und 16. Jahrhundert sehr gnte
Goldschmiedearbeiten geliefert hat, die weder
in der Geschichte des Kunstgewerbes verzeichnet,
noch den gewiegtesten Kennern bekannt sind, so
darf man wohk sagen, daß diese Stadt für die
Geschichte der Goldschmiedekunst wiedergefunden
ist, wenn es gelingt, eine Reihe ihrer Arbeiten

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