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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 2.1886

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Kunstgewerbliches aus München, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4121#0146

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Kunstgewerbliches aus München.

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Linien, Motive oder ganze Kompositionen ent-
gegen, bei deren Anblick man sich besinnt, in
welcher Mappe des Kupferstichkabinets das
gleiche oder zum mindesten einen fabelhaft ähn-
lichen Zwillingsbruder man gesehen habe. Ab-
gesehen aber von der absoluten Originalität,
die sich in diesen Blättern, die sich in fran-
zösischen Prodnkten überhanpt ausspricht')
(weil die Leute eben nicht vom Kopiren allein
leben), erfreute mich vor allen Dingen eines:
ein gewisses Maßhalten mit dekorativem Appa-
rate. Da sind z. B. Theekessel, Kaffeekannen
und dergl. (z. B. Blatt 39, 42, 63, 180, 142
u. a.), an denen vor allem die Grundform des
Gefäßes, der eigentliche Kontur, prononcirt ist,
woran sich in zweiter Linie erst die figürlichen
Beigaben anlehnen, als an den eigentlichenKörper,
um den es sich handelt. Eines anderen Um-
standes noch sei hier erwähnt. Tragendes nnd
Getragenes stehen, wo ich diese Blätter genau
anschaute, stets in einem richtigen statischen
Verhältnis; wie oft aber sieht man nicht ge-
rade hierin ein vollständiges Aufgeben vou
auch nur annähernden Möglichkeiten, und es
wird so einem armen menschlichen Figürchen
oft Zeug zum Tragen aufgeladen, unter dessen
Last es in Wirklichkeit nicht bloß znsammen-
sinken, uein, erdrückt, zermalmt wiirde. Thut
nichts; dafür ist's ja uneinpfindendes Matcrial
— raisonniren die künstlerischen vder nnkünst-
lerischen Erfinder solcher Objekte. Diese und
ähnliche Betrachtungen stellte ich im weiteren
Verlaufe desselbn Nachmittags an, der mich von
der Buchhandlung iu das Ausstellungslokal

1) Man möge mir hier nicht Vornmrf aus etwas
machen, was sonst oft gerade Deutschen gegenüber in
Wahrheit zu einem solchen gemacht werden muß, daß
sie blind Ausländisches dem Einheimischen vor-
ziehen. Nein, wenn wir offsn sein wollen, so liegt
der Kasus hier etwas anders. Was die künstlerischs
Ausbildung anbetrifft, so lernen anderwärts die Leute
ganz einfach mehr und ernster, als dies gerade an
manchen deutschen Akademien und ähnlichen Jnstituten
der Fall ist. Jn Paris läßt man z. B. die jungen
Leute Jahre hindurch Aktstudien machen, und zwar
den ganzen Tag über; auf der Münchener^ Aka-
demie werden im Verlaufe des Winters im ganzen
12 Akte für sämtliche 400 und etliche Schüler ge-
stellt, die dann partienwsise zu diesem Studium am
Abend zugelassen werden. Es kann dies kein Vor-
wurf sür die Kräfte der Akademie sein; das Grund-
übel besteht darin, daß der Staat nicht die nötigen
Mittel bewilligt. Die neue Akademie freilich — —

deS Bayerischen Krmstgewerbevereins führte.
Nicht, daß ich hier nicht auch Erfreuliches, ja
sehr Erfreuliches vereinzelt gefunden hätte; be-
wahre. Nur die große Menge gähnte mich au
— es waren fast lauter Bekannte, mit denen
ich der Form nach schon seit Jahren vertraut
war, oder es waren wenigstens die Basen,
Vettern, Schwäger, kurzum alles das, was man
in einer so wohl ausgebildeten Familie brancht.
Ilnd da ist's nun eine bekannte Geschichte, daß,
wenn man sich mit Freunden und Bekannten
ausgesprochen hat, daß, wenn gar keine ver-
deckte Falte noch irgend etwas Jnteressantes
zu bieten imstande ist, die Langweile, das
Gähnen anfängt. So soll es neuerdings vielen
Besitzern von Renaissancezimmern gehen, welch
letztere vor einem Dezennimn erst oder gar
noch später aus des Schreiners Werkstätte her-
vorgegangen sind, und zwar unter dem be-
geisterten Jubel der Besteller. Jetzt giebt's
schon gar viele, die da sagen, die „deutsche
Reuaissance" wachse ihnen zum Hals heraus,
und sie möchten etwas anderes. Ja was denn?
Fertige Braten auf der Speisekarte der Stile
sind doch nicht so ohne weiteres zu jeder Tages-
stuude zu haben, wie sich dies für ein gutes
Gasthaus mit richtiger Speisekarte gehört, selbst
nicht, wenn man sich ganz direkt aufs Kopiren
verlegt, was wir ja seit einiger Zeit xur ox-
osllsnos betreiben. Halt, die Japaner, das
wär' so was! Ja, wenn's nur nicht so schwer
wäre! Denn bei diesen Leuten beruht die Pro-
duktion auf gauz ureigener Auschauung, mit
der es nicht so ohne weiteres geht wie mit
einem ausgeliehenen Rock, den man ganz ein-
sach anzieht und trägt, wobei es denn auch
vorkommt, daß so ein Kleidungsstück ganz gnt
sitzt. Das ist nun zum Beispiel bei einer
großen Vase von Villeroy L Boch in
Mettlach gar nicht der Fall. Was uns bei
der sarbigen Dekoration von japanischen Ge-
fäßen, seien sie aus gebranutem Material oder
aus Metall, freut, ist vor allem jene außer-
ordentlich feine und harmonische Farbenstim-
mung, die sich nirgends in brutalen Kontrasten
ergeht, selbst dann nicht, wenn von weichen,
gebrochenen Tönen kein Gebrauch gemacht,
sondern kräftige Farbengebung angewendet wird.
Gelegenheit in Hülle und Fülle dies zu sehen,
gab die japanische Abteilung auf der Nürn-
berger Ausstellung 1885. Das im Bayerischen
Kunstgewerbeverein momentan ausgestellte Objekt
 
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