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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 2.1886

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Beckmann, Josef D.: Das arabische Museum in Kairo
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https://doi.org/10.11588/diglit.4121#0208
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Runstgewerbeblatt. 2. Iahrgang.

Nr. ,0.

Orientalische Faiencefliese. Damascus. 1S.—17. Jahrh.

Das arabische Aluseum iu Kairo.

!)on Iosef D. Bcckmann.

Mit Jllustratwncil.

Der Gedanke. daß die Hauptstadt ara-
bischer Civilisation dcm Reisenden am besten
Gelegenheit biete, sich ein Gesamtbild dcr ara-
bischen Kunstproduktion zu machen, wäre
natürlich und seine Verwirklichung von unüber-
sehbarem Vorteil für denjenigen, welcher dem
Orient mehr Jnteresse entgegenbringt als bloße
Nengierde und Schanenslust. Ein National-
museum, das die Kunsterzeugnisse des arabischen
Sprachgebietes von Marokko bis an die Küsten
Ostindiens geschichtlich und nach Ländergruppen
geordnet umfaßte, wäre ein bedeutender Bei-
trag zur Kenntnis des Orients, wie es auch
zweifellos dazu beitragen müßte, den immer
mehr sich verflachenden arabischen Stil rein zu
erhalten. Aber weder Kairo, noch eine andere
Metropole des Ostcns besitzt Ähnliches. Die
Schwierigkeiten, welche sich dcm Zustande-
kommen eines Nationalinstituts in der erstge-
nannten, als der einzigen Stadt, wo die Ein-
richtung möglich wäre, entgegenstellen würden,
sind groß, vielleicht nnüberwindlich. Sie sind
in der geschichtlichen Vergangenheit der Araber
begrnndet, welche ein Nationalgefiihl in nnserem
Sinne nicht kennen. Jeder Stamm lebt in
einem eng umschriebenen Jdeenkreise und
was ihn an die verwandten Stämme bindet,
ist viel mchr die Gemeinsamkeit des Glaubens
als die Gleichheit in Sprache und Abstammnng.
Alle diese verschiedenartigen Elemente zu einem
ihnen fernliegenden Zwecke wie die Errichtung
eines Nationalmuseums zu vereinigen, würde
nicht gelingen; doch abgesehen hiervon ist zu
bedenken, daß die Jnitiative zu einem solchen
Werke ganz fehlt. Die Araber Ägyptens haben
während der letzten Jahrzehnte ganz bedeutende
Fortschritte im Anschlusse an nnsere Civili-

KunstgewerbcblaU. 11.

sation gemacht, aber es ist ihnen h ierbei so er-
gangen wie dem Parvenu, der plötzlich in gute
Gesellschaft gerät und ans Mangel an innerer
Sicherheit sich an erspähte Änßcrlichkeiten
ängstlich klammert. Die Ägypter vernachlässigen
ihre eigene Vergangenheit und es ist zu be-
fürchten, daß sie ihrer in nicht allzu ferner Zeit
ganz vergessen werden. Unter der Ägide der
Franzosen sind civilisatorische Anstalten aller
Art entstanden, welche schon die besten Früchte
getragen haben, nnd wenn noch Raum für Be-
dauern übrig bleibt, wäre es, daß diese An-
stalten alle vorwiegend praktische Zwecke ver-
folgen. Um so erfreulicher muß es für uns
Dentsche sein, daß der Architekt Franz Pascha,
welcher sich um die Erhaltung der Kunstdenk-
mäler Kairos so bedeutende Verdienste er-
worben, auch eine Anstalt geschaffen hat, welche
in geringem Umfange zwar, doch in erlesener
Answahl ein Bild des altarabischen Kunst-
betriebes in Ägypten gewährt. Wir meinen
das arabische Museum, dessen Gegenstände
provisorisch in einem einst zn einer Jndustrie-
schule bestimmten Gebäude im Hofraume der
halbzerfallenen Gamä Häktm untergebracht
sind; sie stammen fast ausschließlich aus den
Gotteshäusern der Hauptstadt, wenige Aus-
nahmen aus Privatbesitz oder anderen Städten
des Landes. Eine Charakterisirung dieser
Sammlung im allgemeinen geht nicht gut an,
da dieselbe ihrer Katalogisirung und syste-
matischen Aufstellung noch immer harrt; daß
sie überdies unvollständig ist, darf ihrem
Schöpfer am wenigsten zur Schnld angerechnet
werden, denn er mußte mit den spärlichen
Resten fürlieb nehmen, welche dem Eifer aus-
wärtiger Sammler in früheren Zeiten ent-

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