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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Kunstgewerbliches aus München, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0095

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Flillimg voir dcm Tirolcr Schubkastenschrcink im Kunstgewerbemuseuin zu Leipzig.

Kunstgewerbliches aus München.

von k). L. von Berlepsch.

Noch ist es nicht gar lange her, da glaub-
ten gar viele, die politische Einheit Deutschlands
iverde eine Parallele finden in seinen künstle-
rischen Äußernngen. Spezifisch dentsche Kunst,
folglich auch spezifisch deutsches Kunstgewerbe,
war die Parole, und ein donnerndes Anathema
wurde all jenen eutgegengeschleudert, die, selbst
wenn es auch nur ganz bescheiden geschah, leise
Zweifel hegten, ob die Verheißung, daß die
alten Meister eine glorreiche Auferstehung feieru
würden, ganz und gar in Erfüllnng gehen werde.
Geschmack und patriotische Überzeugungstreue
gingen scheinbar Hand in Hand; von der
„Mode" getraute man sich kaum zu sprechen.
Und dennoch war es eine solche. Sie ist noch
nicht vorbei, aber sie wird vorübergehen, denn
die Zahl derer, die anfangs enthusiastisch der
Wiederkehr brauugetäfelter Stuben mit Butzen-
scheiben entgegenjubelteu, ist um ein beträcht-
liches kleiner geworden, ja, Fama sagt sogar,
daß hier und dort dergleichen Hausrat bereits
wieder zum Verkauf ausgeboten würde, weil —
— nuu, weil's die Leute ebeu satt bekommen
haben und etwas anderes sehen möchten. Und
wer anders, als diejenigen, welchen die nötigen
Mittel zu Gebote stehen, macht schließlich die
Mode? Das zu untersucheu ist nicht Sache vor-
liegender Zeilen; aber wem es darum zu thun
ist, sich Rechenschaft darüber abzulegen, der wird
die einzelnen Faktoren bald bei einander haben;
das Hanptschlagwort dürfte wohl heißen „Über-
sättigung", und gegen dieses Gefühl läßt sich

bekanntermaßen nnr sehr schwer anfkommen.
Nun sind wir ja trotz der zahlreichen Kunst-
Pächter glücklicherweise auch hier so weit, nicht
mehr an einen alleinseligmacheuden Geschmack
glauben zu müssen, und vielleicht wird gerade
infolge verschiedener künstlerischer Anschauungen
eine reichere Zahl von künstlerischen und kunst-
gewerblichen Jdeen großgezogen, die Art der
technischen Gestaltung je nach der äußeren Er-
scheinung eine mannigfaltigere, nicht auf einen
bestimmten Stil allein hinarbeitende, und die
Tüchtigkeit der einzelnen Leistung braucht also
darunter gar nicht zu leiden, paßt sie sich schließ-
lich auch nicht gerade ganz genau diesem oder
jenem Geschmackskodex an. 6lmouv ü son Zoüt,
wird die Parole lauten, und obwohl wir uns
die Schattenseiten solch divergirender Anschau-
ungsweisen nicht verhehlen, so ist es vielleicht
auf der andern Seite wieder zu begrüßen, daß
einseitigem Kopiren damit ein.Riegel vorge-
schoben wird. Mögen die Einflüsse kommen, wo-
her sie wollen, das ist ganz gleich, wenn dabei
nur die richtigeu Endpunkte des Stils und des
guteu Geschmackes nicht verloren gehen; und so
wird denn die Erlaubnis zu einer freieren
Benutzung des bis anher viel gebrauchten aber
weuig zugänglichen Kupferstichkabinets dann ge-
nehmigt werden, wenn die alten Meister halt
iu Gottes Namen wieder — aus der Mode
sind. Dafür erfreuen sich dann andere Samm-
lungen, auch wohl ausländische Bazars einer
stärkeren Frequenz seitens jener, welche ihre



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