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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Görig, C.: Die Achatindustrie in Idar-Oberstein
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0132

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Kaminfries, weißer Marmor. Florenz, Ende 15. Jahrh.

Die Achatindustrie in Idar-Vberstein.

von L. Gärig.

Jn den Städten Jdar-Oberstein im Nahe-
thal blüht seit Jahrhunderten eine Jndnstrie,
deren Erzeugnisse srnher über die ganze Welt
berbreitet waren: die Schleiferei von Halb-
kdelsteinen, im besonderen die Achatschleiferei.
Jn den letzten Jahren ist ein erheblicher Rück-
gang derselben beklagenswerter Weise einge-
treten; Abhilfe resp. Besserung dieser Kalamität
stt nur zn erhosfen, wenn neu erwecktes Jn-
teresse dieser vaterländischen Kunst reichliche
Aufträge zuführt. Was die beiden Stüdtchen
^dar-Oberstein in ihrer schönen, in der ganzen
^öelt einzigen Achatindustrie bieten, soll in ge-
drängter Form in nachfolgendem Artikel ge-
!childert werden. Zu diesem Behufe bitte ich
den geneigten Leser, mir auf einem Rundgang
^uf der „Fabrik" zu folgen. Das Wort
»Fabrik" bezeichnet die Gesamtindustrie, wie
^e in ihren verschiedenen Zweigen in Jdar,
^berstein und etwa IS Ortschaften betrieben wird.
Zur besseren Beurteilung und Schätznng
jetzigen Standes der Jndustrie ist es nötig,
^ie Geschichte derselben mit einigen Strichen zu
skizziren.

Das Auffinden der anfangs vielleicht frei-
iiegenden, jedoch später durch schwere Arbeit
harten Melaphyrfelsen abgewonnenen Achat-
'teine und die vorhandene, zur Bearbeitung
botwendige Wasserkraft gab die Veranlassung
^ur Ansiedlung der Jndustrie: wann dies ge-
ichehen, ist nicht anzugeben.

Aus dem Jnhalt der ältesten Urkunde von
läßt sich schließen, daß damals schon eine
'ehr geregelte Jndustrie bestanden, und auch die
^schiedenen Bergwerke zur Gewinnung des
ohmaterials zeigen Spuren uralten Betriebs.
ie eng begrenzt aber diese Jndustrie damals
bewesen sxjn muß, geht daraus hervor, daß im

Jahre 1547 in Oberstein nur 47 und im ganzen
Jdarbann, welcher 13 Ortschaften umfaßte, nur
111 Personen wohnten.

Gefertigt wurden fast nur Knöpfe, Degen-
griffe, Kreuze, Rosenkränze rc., und nach dem
noch später üblichen Brauch zu schließen, be-
stand die Art des Handels darin, daß die Ar-
beiter mit ihren fertigen Waren an den Fürsten-
und Adelssitzen herumzogen und dieselben feil-
boten. Jm Beginn des 17. Jahrhunderts war
die Jndustrie schon zu einer ziemlichen Bedeu-
tung gelangt, wie aus der Zunftordnung er-
sichtlich ist, welche der Graf von Dhun und
Oberstein für seine „leibeigene Unterthanen
und Handwerksgenossen" am 16. Januar 1609
erließ; nach derselben besuchten auch schon die
Schleifer die Frankfurter Messe. Die Art der Be-
arbeitnngderHalbedelsteine(Achatschleifen)wurde
nach Möglichkeit geheim gehalten und die Aus-
übung durch verschiedene Satzungen beschränkt;
selbst noch 1826 wurde außer den Söhnen
der Meister niemand im Schleifen unterrichtet.

Obwohl die Zahl der Artikel noch gering
war, so nahm doch die Jndustrie dadurch einen
wesentlichen Aufschwung, daß sich Goldschmiede
auf der Fabrik niederließen und die Steine mit
den verschiedenartigsten Fassungen versahen;
auch zweigten Ende des vorigen Jahrhunderts
sich einige Personen ab, welche als Handels-
leute ausschließlich den Berkauf betrieben.

Einen ganz bedeutenden Aufschwnng nahm
jedoch die Jndustrie im Anfange dieses Jahr-
hunderts durch die Ersindung verschiedener
Färbnngsarten, so besonders rot, blau, schwalz
und gelbgrün. Obgleich im vorigen Fahr-
hundert schon manche primitive Färbungsver-
suche gelungen waren, so war dies doch mehr
dem Zufall znzuschreiben; man hatte noch nicht
 
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