Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

DOI Artikel:
Kleine Mitteilungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0263

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kleine Mitteilungen.

225

Lucknow rc wechseln ab mit der „Kuftgari"- (Metall-
geräte mit eingelegtem Golddraht) und Bidri-Arbeit
(schwarze Metalllegirung, deren Oberfläche einen
Schmuck in Silbertauschirung erhält.) Kaschmir
sertigt zierliche Emailgesäße, deren Ornamentation oft
von dem typischen Kaschmir-Ornament etwas ab-
weicht. Eine besondere Stelle im indischen Kunstgewsrbe
uimmt der Schmuck ein. Die herrschends Sitte in
^er Kleidung läßt ihn an den Gelenken der Hände
und Fiiße, an den Ohren, im linken Flügel der Nase
und am Halse zur Verwendung kommen. Gewöhnlich
besteht der Schmuck in kupfernen oder messingenen,
seltener silbernen Ringen. Seltener getragene Schmucke
smd die Kuft-Arbeiten (Goldtauschirung in Stahl) des
Kreises Gudscherrat und die Goldemailschmucke aus
Radschputana.

So zeigt sich die alte indischs Kultur und die
neue, soweit sis den alten Traditionen solgt, als eine
hoch entwickelte; ihr allmählicher Verfall indessen ist
uicht zu leugnen.

Die fremden Kultureinflüsse, englische und fran-
Zösische, haben nicht verfehlt, dem indischen Handwerker
Vorbilder und Anleitungen zu geben, welche ihn vor-
Aeblich auf bessere Wege führen sollten, in Wirklich-
keit aber darin bestanden, ihm schlechteres Material
unterzuschieben oder ihn zu veranlassen, die Ausfüh-
vung zu vernachlässigen, ein Vorgehen, welches teils
kaufmännischem Egoismus, teils mangelndem Ler-
ständnis der heimischen Formenwelt entspringt, jeden-
kalls aber in beiden Fällen die Folge hatts, daß es
dem modernen indischen Kunsthandwerker in den
uieisten Fällen nicht mehr gelingt, ein Objekt zu
schaffen, welches den alten Objekten aus einer Zeit,
da die falschen Kulturbestrebungen noch nicht so weit
vorgedrungen waren, ebenbürtig ist. Hierzu kommen
uoch die sinnlosen Jmitationsbestrebungen europäischer
Jndustrieller und die Thätigkeit der unter europäischer
Leitung stehenden Jails, in deren Werkstätten der
uatürliche Schönheitssinn des Eingeborenen syste-
uiatisch unterdrückt und seine Kunstfertigkeit zu Ab-
surditäten mißbraucht wird.

Das hat die britische Regierung des indischen
Kaiserreiches erkannt und versucht, dem Untergange
der alten indischen Techniken durch Schasfung einer
Korporation, des „lustituts ok Inciustrial itrt, Lri-
tisb kurmg." zu steuern, dessen Zweck ist, der Massen-
Vroduktion auf kunstgewerblichem Gebiete und dem
hierdurch bedingten Abweichen von den traditionellen
jchönen Formen und Techniken entgegenzuarbeiten
und die Hausindustrie, als die vom künstlerischen
Standpunkte allein sanktionirte auf die alte Höhe zu
bringen. Zahlreiche Komitees zur Förderung der
'udischeir Kunstindustrie unterstützen dis Regierung.
Die Reaktion greift in einem noch gllnstigen Momente
ein. Denn noch finden wir, wie Birdwood sagt, in
jedem Dorfe Jndiens die traditionellen Handwerke
m Übung. Außerhalb des Ortes, auf erhöhtem, frei-
stehendem Grunde, sitzt der Töpfer wie ehedem an
stinem Rade, der rasch sich drehenden Thonmasse
burch die natürlichen Krümmungen seiner Hand die
Form gebend. An der Rückseite der Häuser, welche

die unregelmäßigen engen Straßen bilden, sind ein
paar Webstühle in Bewegung; ihre Gerüste hängen
zwischen Akazienbäumen, deren gelbe Blüten auf das
eben gewordene bunte, golddurchwirkte Gewebe sallen.
Jn den Straßen hämmert der Metallarbeiter mit un-
ermüdlichem Fleiße auf seine Messing- und Kupfer-
töpfe los. Dort, auf der Veranda des Hauses eines
Reichen, verwandelt ein Goldschmied Rupien und Gold
Mohrs in kostbaren Schmuck, Gold- und Silber-Ohr-
ringe, runde Spangen, Armbänder, Nasenringe und
glitzernde Ornaments für den Frauenfuß; die Motive
für seins Arbeit geben ihm Früchte und Bäume, aus
die sein Auge fällt, oder traditionelle Formen, die
sich an den Gemälden oder Skulpturen jenes alten
Tempels finden, dsr dort am Dorfesende, umschattet
von Palm- und Mangogruppen, am Rande des lotus-
bedeckten Wasserbeckens sich erhebt.

A. Hoffmann.

Lin Flügel von Alma Tadema.

Die Firma Johnstone, Norman L Co. in London
(New Bond Street 67) stellte in den letzten Wochen
ein Klavier aus, welches sie nach Zeichnungen des
Malers L. Alma Tadema sür einen reichen New Dorker
Kaufmann Mr. Marguand ausgeführt hat.

Schon seit längeren Jahren betreibt es Tadema
als eine Art künstlerischen Sport, geschmackvoll durch-
gebildete Gehäuse sür unsere modernen Klaviere zu
erfinden. Der erste Versuch der Art, ein Pianino
sür seine damals erst seit kurzem heimgeführte Gatti»,
liegt schon mehr als fünfzehn Jahre zurück. Ein
zweites reicheres Werk ging bei dem Brande ssines
Hauses zu Grunde. Als er sich danach ein neues
prächtigeres, jetzt der Vollendung cntgegengehendes
Hoius aufführte, ein Bauwerk, in dem phantastisch-
märchenhafte Pracht sich mit lauschiger wohnlicher
Jntimität in durchaus individueller Weise paaren, da
durfte ein dem Geist des Hauses entsprechend durch-
gebildeter Flügel nicht sehlen. Für die Ornamentik
wählte er Motive des byzantinischen Stiles, indem
er so das Möbel der architektonischen Gliederung des
Ateliers, in dem es steht, einfügte. Bei einer Fülle
geistvoller Jdeen im einzelnen der Komposition und
Ornamentik weist schon dieses Werk eine Feinheit der
technischen Durchbildung auf, für die man vergeblich
Analogien in Deutschland suchen würde. Weit aber
wird es dartn noch übertroffen durch das jetzt aus-
gestellte Stück!

Auf welche Weiss der Künstler die Bekanntschaft
des New Uorker Archimillionärs machte, vermag ich
nicht zu sagen, ebenso wenig wie Mr.Marquand darauf
kam den Maler zum Leiter der Einrichtung eines
Teiles seines neusrbauten Hauses zu gewinnen. Daß
Tadema hervorragendes architektonisches Talent be-
sitzt, konnte freilich jeder aus seinen Gemälden ab-
nehmen: so konstruktionsecht, so wahr im Ornament
sieht selten ein Maler die Dinge wie er.

Der erste Teil der Arbeit für Mr. Marquand
kam im Jahre 1885 vor der Übersendung nach New
 
Annotationen