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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 4.1888

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Hofmann, Albert: Nordböhmische Kunstindustrien, [1]
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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4161#0259
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Kleine Mitteilungen.

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und Emailschmucke mit ihren manuigfaltigen und
kvstlichen Formeu, die chinesischen und japanischeu,
selbst römische uud sränkische Schmucke wurden
iu gliicklichster Weise zu Vorbildern für die
Gablonzer Schmuckindustrie verweudet. Jhrem
ganzen Charakter in der Verwendung der Ma-
tcrialieu sowohl wie in der Art der Herstellung,
sowohl vom tcchuischen wie vom sozialen Staud-
punkte als Hausindustrie uach entsprechen die
Gablouzer Schmucke vollkommen deu National-
uud Volksschmucken.

Der Umschwuug in der Gablonzer Schmuck-
industrie ist zunächst zuriickzuführen auf eine
Schmuckausstellung, welche das Nordböhmische
Gewerbemuseum in Reichenberg im Jahre 1885
veranstaltete. Die hier angesammelten reichen
Schätze wirkten überaus befruchtend auf die
Jndustrie ein; mit Eifer und richtigem Ver-
stäudnis bildete man die schöue Form nach und
hob so die Jndustrie aus einem Zustande cha-
rakterlosen und indifferenten Vegetirens auf die
Stufe eines zielbewnßten künstlerischcnSchaffens.
Die Triebfeder hierzu war vor allem die unter
der intelligenten Leitung des kunstbegeisterten
Architekten Robert Stübchen-Kirchner stehende
kunstgewerbliche Fachschule in Gablonz. An der
Hand guter Objekte aus dem Nordböhmischen
Gewerbemuseum in Reichenberg, aus dem öster-
reichischen Museum für Kunst und Jndustrie
in Wien, aus dem österreichischen Handelsmuseum
in Wien uud an direkt bezogenen Schmuckwaren
zeigt sie der Jndustrie in steter Unterweisung den
zu beschreitenden Weg und versteht es dabei auch,
die Jndustrie nicht nur für den kommerziellen

Teil, sondern auch für den künstlerischen Teil
zu begeistern. Wir geben hier eine Anzahl
Gablonzer Metallschmucke, welche zeigen, wie
fruchtbringend die Vorbilder auf die Jndustrie
eingewirkt haben. Gleichzeitig geben wir einige
Arbeiten der Schule, durchaus im Geiste der
Judustrie ausgeführt, welche zeigen, wie die
Anstalt bemüht ist, auch die vollendetere Kunst
in die Jndustrie einzuführen.

Was nun die dritte, im Gablonzer Be-
zirke, in Reichenau, geübte Jndustrie, die
Dosenfabrikation und Ölmalerei anbe-
langt, so ist von derselben nicht mehr viel zu
berichten, da sie bereits im Absterbeu begrisfeu
ist. Die ersten Keime dieser Jndustrie ent-
wickelten sich am Ende des vorigen Jahr-
hunderts. Sie besteht in einer Fabrikation
von Dosen aus einer Art Steinpappe, die zur
gänzlichen Fertigstellung mit Ölfarben bemalt
werden, sodann in der Malerei von Heiligen-
bildern. Die Jndustrie ist wiederum eine Haus-
industrie. Bis um die Wende des vierten
Jahrzehntes unseres Jahrhuuderts stand die Öl-
malerei lediglich im Dienste der Dosensabrikatiou.
Von da ab kam die Malerei von Heiligen-
bildern in Schwung, die nach der Schweiz, nach
Spanien, Jtalicn, Uugarn, uach den griechischen
Kirchen in Rußlaud und Polen bedeutenden
Absatz sanden. Die Erstndung des Ölfarben-
druckes jedoch durchschuitt dieser Jndustrie die
Lebensader vollkommen, und gegenwärtig wendet
sich der größte Teil der ehemals malendcn Be-
völkerung dem Schlcifen von Glasflüssen zu.

Rleine rNitteilungen.

Sainmlungen.

Tammlungkii dcs Herzogs von Edinburg in Ko-
bnrg. Der Sprechsaal berichtet: Das herzoglich
Edinburgsche Palais birgt sehr bedeutende Samm-
lungen kunstgewerblicher Werke, welche Se. königl.
Hoheit der Herzog von Edinburg seil vielen Jahren
mit besonderer Kennerschaft zusammengetragen hat
und welche noch fortwährend vermehrt werden. So
ist die Glassammlung ganz hervorragend und übertrifft
alle anderen deulschen Privatsammlungen in geschicht-
licher Rcihenfolgc und an Reichtum und Schönheit der
Gläser. Einc nur übersichtliche, nicht erschöpfende Auf-
zählung der viclen Arten mag ein Bild von dem
Werte der Sammlung geben. Dieselbe enthält: 18
emaillirte Gläser, meist große Schalen, aus der älte-

sten venetianischen Zeit, »velche sich noch der orien-
talischen Emaillirungsweise anschließen; 12 goldschil-
lernde, aus der ersten Hälste des 15. Jahrhunderts
stammende Kelchgläser; 52 vielfarbige venetianische
Gläser, Schalen, Fläschchen, achatfarbig, marmorirt,
aventurinfarbig; 80 Kristall- und durchsichtig farbige
Stücke, meist aus der frühesten Zeit; 23 Gläser mit senk-
rechten Emaillinien, (Latticinio); 50 auserlesene Fili-
grangläser, darunter mehrere mit Farbenmustern; 10
retilulirte Gläser mit den kleinen Luftbläschen in den
Kreuzungswinkeln der Fäden; 25 Gläser mit weißen
Fäden in der gerissenen Manier; 7 opakweise, 6 Opal-
gläser; 80 Flügelgläser in den vorzüglichsten Exempla-
ren; 12 Eisgläser, 22 Meßkännchen, 5 Glaskronleuch-
tcr nnd Girandolen; 18 Tischleuchter und Lampen;
30 venetianische, in Deutschland mit der Diamanlspitze
 
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