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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 5.1889

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Heft 4
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Hofmann, Albert: Nordböhmische Kunstindustrien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3586#0060

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50

Nordböhmische Kunstmdustrien.

Akeister werden, auch dieser Kunst Haudthierung
und Gewerk, wie auch mit Glas Schneiden,
Vergulden und Reißen treiben wollen, pflichtig
sein, sich zuvorderst bei denen verordneten El-
tisten anzusagen, in versambleter Zunft und Zeche
gebührlicheu einzuwerben, darnebens ihre ehr-
liche Gebnrtsbriefe, auch wo und daß sie die
Kunst in einer vollkommenen Zunft erlernet
haben, genugsam bekundschaften und glaubwür-
dige Urkunden vorzuzeigen. Nach solchen wer-
den ihnen die Zunftmeister andeuten, was sie
des Meisterrechts wegen weiters zu verrichten
haben. Als nämlichen soll ein Jeder des heili-
gen römischen Reichs Adler sammt seinen Glie-
dern in anderthalben Tagen mit Farben ver-
fertigen, folgends auch in Gegenwart etlicher
darzu verordneten Meister die sieben freien
Künste aus eigenem Kopfe und freier Faust auf
Papier zum Meisterstücke entwerfen und, ob es
tauglich oder nicht, der ganzen Zunst und Zech
znm Erkenntnnß einliefern nnd daun ferner bei
seiner Auf- und Annehmung, wenn er keines
Meisters Sohn ist, der Zeche oder in die Lade
fünfzehn Schock Meißner Gelde, vier Pfuud
Wachs, denen Meistern ein Essen nud eine
Tonne Bier geben." rc.

Jm Jahre 1694 erhalten die Glasschneider,
Glasmaler und Schraubenmacher von Stein-
schönau durch Wenzel Norbert Octavian Kinsky
eine Zunftordnung, in welcher ihnen Befreiung
auch von „allen forwergs — wie auch der Bür-
gerbrauer — uud dergleichen Dienste" zuge-
standen wird. Von dieser Zeit ab scheinen sich
die industriellen Verhältnisse in Bürgstein einer
steten Weiterentwicklung erfreut zu haben. Aus
dem Jahre 1732 erfahren wir, daß der Graf
Josef Maxim. Kinsky die altberühmte Falken-
auer Glashütte, welche durch Jahrhunderte der
Familie Schürer von Waldheim gehört hatte
und durch Leopold Valentin Edlen von Wald-
heim auf kurze Zeit an die Grundobrigkeit der
Herrschaft Bürgstein gelangte (Falkenauer Me-
morabilienbuch, d. d. Breslau 1. Jannary 1732),
an den Handelsmann Johann Kittel in Blotten-
dorf verkauft habe. Jm Jahre 1757 wurde
die Hütte anßer Betrieb gesetzt. 11m diese Zeit
nahm sich Graf Josef Kinsky anch der jetzigen
Glashandelsstadt Haida an. Diese, ursprüng-
lich ein Bauerngut, das später in einen Meier-
hof verwandelt wnrde, wnrde im Jahre 1700
als sogenannter Hayder Hof wegen Uneinträg-
lichkeit in Baustellen eingetheilt, auf welchen sich

bald ein Dörfchen entwickelte, das sich nach Er-
richtung verschiedener Fabriken durch Graf Jo-
sef Kinsky zu dem ansehnlichen Orte Haida
erhob. Anch um die Privilegien einer Stadt
sich zu bewerben, wurden die Einwohner auf-
gefordert, „da es ihnen doch immer in Spanien,
Portugal rc. zur Niederträchtigkeit gereichte,
wenn von ihnen gesagt würde, daß sie Unter-
thaner und Leibeigeue wären." (Falkenauer Me-
morabilienbuch.)

Um das Jahr 1753 nahm unter Graf Jos.
Maxim. Kinsky die Spiegelmanufaktur in Bürg-
stein ihren Anfang. Die Einführnng der Spiegel-
fabrikation wäre nicht möglich gewesen, wenn
uicht durchaus geschnlte Glasarbeiter nnd Glas-
künstler zur Verfügung gestanden hätten, wäre
ferner nicht möglich gewesen, wenn der Boden
für eine solche hervorragende Jndustrie nicht
nach und nach vorbereitet worden wäre. Die
Verhältnisse wareu für eine derartig schwierige
Manusaktur seit langer Zeit vorbereitet, so daß
sich erklärt, wie dieselbe in kurzer Zeit zu solcher
Blüte gelangen konnte. Zuerst Erwähnung
geschieht der Spiegelfabrikation in einem Ge-
suche, welches Graf Josef Kinsky an die Kaiserin
Maria Theresia richtete, die Erhebung des Ortes
Haida zur Stadt zu erbitteu. Jn diesem Ge-
suche führt er nnter anderem an, daß er eine
Spiegelschleifmühle errichtet und eine Perlfabrik
übernommen habe. Am 26. Febr. 1757 wird
Haida zur Stadt erhoben. Die hier erwähnte
Perlfabrik in Schwoika, nm 1755 gegründet,
erfreute sich keines langen Daseins, da sie zu
wenig Nntzen abwarf. „Sie sollte Perlen ver-
fertigen jener Gattung und Güte, deren zu
Neapel in Welschland verfertiget werden. Zu
diesem Zwecke wurden einige bei einer ähnlichcn
Fabrik beschäftigte Personen aus Welschland für
ein gutes „„Solarium, solche allhier einzu-
leiten, vorgeladen"". Sie kamen; allein diese
Leute waren nach Aussag der hiesigen Herren
Fabrikenvorstehern nicht genugsam erfahren und
in Welschland nur Ofenschürcr gewescn, welche
das Wahre uud Wesentliche davon niemalen
hatten zn sehen bekommen. Es wnrden frei-
lichen Proben gemacht, >vie auch dem Ansehen
nach schöue Perlen verfertiget, jedoch den Glauz,
Schöuheit und Giite der welschen erreicheten sie
niemalen, nnd kamen die Materialieu derselben
theuerer, als sie an den Kauffer kuuten ange-
bracht werden." (Gedenkbuch der Komtcr Ka-
pelle bci Schebek, Böhmens Glasiudustrie und
 
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