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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 1.1890

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Hofmann, Albert: Nordböhmische Kunstindustrien, [4,2]: die nordböhmische Hohlglasindustrie
DOI Artikel:
Der Majoliband des Leipziger Kunstgewerbemuseums
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https://doi.org/10.11588/diglit.3941#0028

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1f

DER MAJOLIBAND DES LEIPZIGER KUNSTGEWERBEMUSEUMS.

gesellschaft vom Jahre 1821 „Französisch und Eng-
lisch Glas in Böhmen geschliffen" aufgeführt und
unter den Glasohjekten befinden sich grosse Vasen,
Ananasgläser, Theetassen, Zuckergläser, „Milchkannel
hoch oben enge", Fruchtschüsseln, Toilettflacons etc.
Es ist nicht zu entscheiden, ob die höhere Voll-
endung des böhmischen Glasschliffes oder die grössere
Billigkeit desselben die Einfuhr fremder Glassorten
zum Schliff nach Böhmen veranlasste. Das Letztere
ist das Wahrscheinlichere. „Kam doch den böhmi-
schen Glasschleifern die Bearbeitung des weicheren
englischen und französischen Materials so leicht vor,
dass sie immer nur solches Glas verlangten. In dem
Inventare von 1821 findet sich übrigens auch eine
Partie Glas waren mit der Bemerkung, dass sie in
Amsterdam geschliffen wurden. Das geschah ohne

Zweifel in der eigenen Schleiferei, welche die Kom-
pagnie in Amsterdam besass und die, weil auch
englisches Glas daselbst zur Bearbeitung gelangte,
dem damaligen Chef dieser Handlung, Joseph Hanzel,
einen guten Vorwand bot, die englischen Werkzeuge
zu entlocken, die er dann auch in Böhmen einführte".
(Schebek, 1. c. p. 259.)

Unter den Waren, welche die Leipziger Firmen
Karl und Gustav Harkort und Hirzel & C'e zu Ende
1843 von Bremen aus nach China beförderten, war
auch böhmisches Glas, welches aber schon, bevor die
Expedition China erreichte, in Singapore und Batavia
schnellen Absatz fand. (Prag, Ost u. West. 1845.
p. 236.) Und heute noch ist Indien das Hauptabsatz-
gebiet des mächtigen böhmischen Glashandels.

DER MAJOLIBAND
DES LEIPZIGER KUNSTGEWERBEMUSEUMS.



IE nach Thomas Majoli benannten
Einbände gehören bekanntlich zu
den ausgesuchtesten Leckerbissen
der Bücherliebhaberei. Der echten
inschriftlich bekundeten Bände, die
für den vielgenannten italienischen
-Bibliophilen angefertigt wurden, sind nur wenige,
und zu diesen wenigen zählt der durch seine vor-
zügliche Erhaltung ausgezeichnete Band im Kunst-
gewerbemuseum zu Leipzig. Da unsere Abbildung
dem Original ziemlich gleich kommt, nur frischer
und lebhafter in der Färbung erscheint, so etwa, wie
die Decke ursprünglich ausgesehen haben mag, so
bedarf es keiner näheren Beschreibung der Farben-
zusammenstellung. Ohne Bücken misst die Decke
21: 32 cm, hat also annähernd das Format des Kunst-
gewerbeblattes. Sie umschliesst eine typographische
Kostbarkeit in der mit Holzschnitten illustrirten Aus-
gabe der Hypnerotomachia des Poliphilus, die 1499
von Aldus gedruckt und verlegt wurde. Durch den
vollständig und sehr sauber erhaltenen Inhalt ge-
winnt der Band ein erhöhtes Interesse als kunst-
geschichtliche Merkwürdigkeit.

Die Farben sind durchweg aufgemalt. Das Blatt-
werk ist mitglatten (nicht scliraffirten) Stempeln in
Gold gedruckt.

Die Inschrift: Tho. Majoli et amicorum be-

findet sich auf dem kleinen Schildchen in der unteren
Halbkartusche. Auffallenderweise erscheint in dem
Spiegel der mittleren Kartusche das Lilienwappen
der Valois mit dem bekannten halbmondförmigen
unteren Abschluss, daneben das zwiefache H H, das
häufig auf Henri IL-Bänden angebracht ist. Es
dürfte somit kaum einem Zweifel unterliegen, dass
der Band, vielleicht durch die Vermittlung von
Grober, in den Besitz des bücherliebenden Königs
gelangte und dass dieser dann das Mittelfeld mit
seinem Wappen verzieren Hess. Zwischen Grolier,
der zwanzig Jahre lang in Mailand lebte, und Majoli
haben wahrscheinlich nähere Beziehungen bestanden,
die auch nach fortgedauert haben mögen, seit der
erstere 1530 nach Frankreich zurückgekehrt war und
den Nachfolgern Franz I. ebenso wie diesem in litte-
rarischen Dingen als Ratgeber diente.

Der Rücken des Buches hat erhabene (echte)
Bünde, ein Umstand, der auf einen frühen Ursprung
deutet, da später die italienischen und französischen
Bände glatte Rücken annehmen. Dem steht allerdings
entgegen, dass das untere Feld sich bereits von den
übrigen durch eine schlankere Form unterscheidet
und wie das obere Feld anders verziert ist als die
zwischenliegenden Felder. Diese Betonung des oberen
und unteren Endes weist bereits auf eine Wandlung
der bisherigen Sitte hin, die Bücher liegend auf'zu-
 
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