Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 1.1890

DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3941#0062

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BÜCHERSCHAU.

41

Reliefmuster, dunkelblaue und später tief braune
Ware lassen sich mit Sicherheit auf Venedig zurück-
führen. Niemand beherrscht heute diese Fragen
besser als eben der Verfasser, aus dessen vielseitigen
Studien die dunkle Geschichte der Majolika noch die
besten Aufklärungen erhoffen darf. Er kennt nicht
nur die Sammlungen von Paris, London, Italien,
sondern weist gerade in deutschen Museen mehrere
Arbeiten des Domenego da Venezia nach. Weniger
scheint der Versuch gelungen, aucli die bekannten

Leuchter. (Aus: Molinier, Venise.)

orientalisirenden blauweissen Geschirre, die_sich im
16. Jahrhundert in Süddeutschland mit süddeutschen
Wappen finden, für Venedig zu gewinnen. 11
Ware findet sich eben nur in Deutschland, und
nicht allein mit deutschen Wappen, sondern auch
mit entschieden deutschen Darstellungen und Orna-
menten, wie z. B. ein Teller mit Frauenfigur in süd-
deutscher Tracht vom Jahre 1531 im Germanischen
Museum. Auch lehren einzelne noch erhaltene
deutsche Kacheln mit derselben blauweissen Ver-

zierung und vor allem jene zahllosen Gefässe, welche
auf Gemälden aller deutschen Schulen im 15. und
16. Jahrhundert erscheinen, dass hier eine heimische
Kunst vorliegt. Ganz in die Irre geht der Verfasser
vollends mit der Hypothese, dass der Nürnberger
Johann Neudörfer selber diese Kunst geübt und
(natürlich in Venedig) erlernt habe. Im Museum zu
Kassel findet sich auf zwei Schüsseln die Inschrift:
„Spartam quam nactus es hanc orna Johann Neu-
dorffer rechenmeister". Mit kühner Auslegung liest
der Verfasser heraus': J.Neudorffer hat diese Schüssel
verziert. Allein „Spartam nactus es hanc orna" ist
die lateinische Uebersetzung eines ursprünglich
griechischen Sprichworts {onaQrrj = Richtschnur,
auch das mit einer Schnur abgemessene Land, das Los).
Der Wahlspruch Neudörffers bedeutet also eine
Mahnung zur Genügsamkeit und geht wahrschein-
lich auf Cicero zurück. Man sollte das grammati-
kalische Verständnis jener Zeit nicht gar zu weit
unterschätzen. Auf der Höhe seiner Forschungen
zeigt sich dagegen der Verfasser, wenn er versucht,
das unvergleichliche Geschirr des Museo Correr, von
dem hier die Zeichnungen Wilsons einen guten Be-
griff geben, mit dem Service der Isabella von Este
zusammen dem Nicolö da Urbino, vermutlich einem
Casteldurantiner, zuzuweisen.

In einem ferneren Abschnitte wird die Geschichte
der Glasindustrie auf Grund der Lokalforschungen
von Lazzari und Urbani de Gheltof übersichtlich und
mit gesunder Kritik dargestellt. Die Anfänge
scheinen an die Herstellung des Mosaikglases anzu-
knüpfen; Epoche macht das Jahr 1291, als die
sämtlichen Glashütten aus der Stadt auf die Inseln
verlegt wurden; dann werden nach der Reihe Perlen,
Gefässe, Fenster, Spiegel fabrizirt. Die Höhe be-
zeichnet das 15. Jahrhundert mit seinen emaillirten
Malereien; die Künsteleien der Folgezeit, das Faden-
glas u. a. werden hiergegen mit Recht als Verfall
gekennzeichnet. Von den Schmelztechniken finden
in Venedig im 15. Jahrhundert das zierliche, gemalte
Email und jenes bekannte, mit Goldblättchen ver-
zierte Kupferemail eigentümliche Ausbildung.

So folgen in knapperer Darstellung das Holz
und Elfenbein, das Leder, die Gewebe und Hand-
arbeiten, sowie die Miniaturen, für deren Geschichte
die Sammlung des Museo Correr noch reiche Aus-
beute verheisst. Im ganzen liegt hier ein Buch vor,
das auf der Höhe der Forschung steht, sich leicht

und daneben für jeden Besitzer schon durch
das reiche, bunte Material der Abbildungen Wert
gewinnt. p, j_
 
Annotationen