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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Frauberger, Heinrich: Die Exposition des Arts de la femme in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0048

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DIE EXPOSITION DES ARTS DE LA FEMME IN PARIS.

VON HEINRICH FRAUBERGER.
MIT ABBILDUNGEN.

11EMLICH gleichzeitig mit der
Gründung des k. k. österr.
Museums für Kunst und In-
dustrie in Wien wurde in
Paris im Jahre 1863 die Union
centrale des beaux-arts ap-
pliques ä Y Industrie mit den
Aufgaben gegründet:

1. ein Museum kunstgewerblicher Gegenstände aus
alter und neuer Zeit zu schaffen.

2. eine Bibliothek mit Illustrationen über alte und
moderne Kunst, verbunden mit einem Auskunfts-
bureau einzurichten.

3. Spezialkurse, Vorträge und öffentliche Ver-
sammlungen zu organisiren, welche den Zusam-
menhang von Kunst und Handwerk zeigen
sollen. ;V

4. Sonderausstellungen zu veranstalten.

Die geringen Mittel der Privatgesellschaft er-
möglichten bloß die Pflege der drei letzten Pro-
grammpunkte und man sah zunächst ab von der
Gründung eines eigenen Museums, weil dem Künstler
und Handwerker in Paris ja die reichen Sammlun-
gen des Louvre und Musee Cluny überaus bequem zu-
gänglich sind. Es wurde rasch eine kunstgewerbliche
Fachbibliothek geschaffen, Fachvorträge, allgemeine,
wie Spezialkurse eingerichtet und Sonderausstellungen
1865, 1869, 1874, 1876 (eine Sonderausstellung von
Gobelins, die ich, von Philadelphia heimkehrend,
gesehen habe und die mir ihres überaus großen Reich-
tums wegen unvergesslich bleiben wird), 1880, 1882,
1884 und 1887, also im ganzen acht, veranstaltet.
Trotzdem konnte sich der Verein nicht recht ent-
wickeln, auch waren seine Mittel bald erschöpft; der
Anregung und energischen Thatkraft des jetzigen
Ehrenpräsidenten Ed. Andre ist wohl schon seit 1872

Kunstgewerbeblatt. K. F. IT.

ein Aufschwung zu verdanken. Immer mehr ver-
breitete sich die Erkenntnis, dass neben den großen
Museen ein eigenes Kunstgewerbemuseum nicht
länger entbehrt werden könnte, und zur Gründung
eines solchen konstituirte sich 1877 unter dem Vor-
sitze des Herzogs von Chaulnes eine Gesellschaft.
Vier Jahre später, nachdem es ihr gelang, nament-
lich gelegentlich der Weltausstellung 1878 einen
Grundstock von vorzüglichen modernen und manchen
sehr wertvollen alten kunstgewerblichen Gegenstän-
den zusammenzubringen, vereinigten sich der Verein
und die Gesellschaft zur Union centrale des Arts deco-
ratifs, und zur Selbsthilfe gesellte sich die Staatshilfe.
Im Jahre 1882 genehmigte das Ministerium die Ver-
anstaltung einer Lotterie, welche einen Gewinn von
5 812 000 Frank abwarf. Damit waren bedeutende
Geldmittel geschaffen und ausreichender Raum zur
Entwicklung war in der I.Etage des Palais de 1'In-
dustrie gegeben, in welchem bereits die früher er-
wähnten Sonderausstellungen stattgefunden hatten.
Die Bibliothek ist allerdings noch jetzt am Place
des Vosges, im Mittelpunkte der Industriegegend,
und wurde, weil günstig gelegen, seit ihrer Gründung
von 100000 Künstlern und Arbeitern benutzt. Sie
hat 10 000 Bände, 250000 Kupferstiche und Photo-
graphien, 90 000 Originalzeichnungen zu kunstgewerb-
lichen Gegenständen und . 260 000 kleine Original-
muster von Stoffen und Stickereien; in den beiden
ersten Gruppen sind die Vorbilder aus allen Zeiten
und Ländern, in den beiden letzten Gruppen fran-
zösische Arbeiten von 1780 an gesammelt.

Im Palais de l'Industrie ist das Kunstgewerbe-
museum, das bereits an 7000 Nummern zählt, über
einen Raum von 3000 qm ausgebreitet; ferner
ist eine Gipsgießerei eingerichtet, welche von 1500
Gegenständen Abgüsse gemacht hat, die an die

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