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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Quaglio, Eugen: Aus der Werkstatt des Theatermalers
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0137

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AUS DER WERKSTATT DES THEATERMALERS.

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die Anfertigung einer Farbskizze erforderlich. Nach
dieser Skizze werden die Hauptanlagefarben, die
n Lokal tön e", in größereu und kleineren irdenen
Töpfen gemischt. Diese Töpfe setzt man in niedere
hölzerne Kasten, welche mittelst eines Handgriffes,
der zugleich zur Aufnahme der während der Arbeit
benützten Pinsel dient, an jede erforderliche Stelle
getragen werden können.

Ist mit den Lokaltönen das Anlegen beendet,
so kommt zur weiteren Ausarbeitung und Vollendung
die ..Palette" an die Reihe. Diese hat mit ihrer
bekannten Namensschwester, welche an den Daumen
der linken Hand gesteckt wird, nur den Namen ge-
meinsam. Sie besteht aus einer einen Meter breiten,
eineinhalb Meter langen hölzernen Tafel, an drei
Seiten von einem niede-

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ren Holzrand umgeben,
an der vierten Langseite
offen. Rings am Rande
stehen 24 gleich große
emaillirte Töpfe, in denen
alle gebräuchlichen Töne
der Farbenskala enthal-
ten sind. Die freie Fläche
der Palette, der Haltbar-
keit wegen mit Blech aus-
gelegt, dient zum Mischen
der Farben, und das Ganze
tunt auf vier großen, be-
weglichen Holzrollen.mit-
telst deren man die ganze

' alette leicht au jeden ^^^^^^^^^^^^^^^^
' 'inkt hinfahren kann. An einer Schmalseite der
t alette ist das Gestell zum Auflegen der Pinsel be-
festigt.

Die Ubermalung beschränkt sich meist auf das
durcharbeiten mit Schatten und Aufsetzen der Lich-
ter und muss die Untermalung schon so zielbewusst
ausgeführt sein, dass völliges Übermalen ganzer
großer Stellen ausgeschlossen ist, denn je mehr Farb-
igen auf die Leinwand kommen, desto geringer ist
die Haltbarkeit. Die Vollendung geht demnach meist
ziemlich rasch von statten, nur bei reich ornamen-
"rten Innenarchitekturen ist die Ausarbeitung müb-
S:itl1 und zeitraubend und hier muss auch oft in
den Details mit dem kleinen kurzen Pinsel nach-
geholfen werden. Dabei sitzt der Maler auf einem
Schemel, so dass er, ohne sich tief zu bücken, mit
dem Pinsel leicht die Leinwand erreichen kann. Er-
ordern einzelne Stellen Vergoldung, so wird ent-
weder heißer Leim, besser aber eine Wachsmasse in

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ürnndriss der Schenke zum llusi'iiliuml. 1. u. 11. Akt lies Fallstaff.

heißflüssigem Zustande mit einem feinen Pinsel auf-
getragen. Darauf wird nun Blattmetall fest auf-
gedrückt, und wenn es genügend festsitzt, das über-
schüssige mit Finger oder Bürste abgerieben.

Ganz große Flächen, wie z. B. Lufthintergründe,
bei welchen es darauf ankommt, die Farbe in sehr
kurzer Zeit, da die Leimfarbe rasch trocknet, gleich-
mäßig über die ganze Fläche zu verteilen, werden
nicht mit dem Pinsel, sondern mit einer langgestiel-
ten Bürste behandelt. Die Farbe wird dazu in allen
nötigen Abstufungen in hölzernen Eimern gemischt.
Ein Hintergrund des Berliner kgl. Opernhauses
misst 222 Quadratmeter, und ist ein Maler allein
nicht im stände, das Ganze zu bewältigen; es müssen
mindestens zwei, besser noch drei zusammenar-
beiten, um störende Fle-
cken, Ansätze etc. zu ver-
meiden und dieÜbersän»e
der verschiedenen Töne
in einander weich zu <*o-

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stalten und Wolken ins
Nasse darein zu malen,
denn ein Lufthintergrund
von solchen Maßen muss
in längstens einer Stunde
fertig sein.

Die Farben erschei-
nen in nassem Zustande
sehr viel dunkler, als sie
spater auftrocknen; man
kann deshalb während des
^^^^^^^^^^^^ Trocknens kein Urteil
darUber abgeben, ob die Farbe gleichmäßig auftrocknet.
Ein nochmaliges Übergehen halb angetrockneter Stel-
len ist ganz ausgeschlossen; man muss abwarten, wie
die „Luft" auftrocknet. Erst nach dem Trocknen
können etwa sich ergebende Schäden oder Mängel
beseitigt und verbessert werden. Viel ist aber keines-
falls mehr zu machen; wenn eine Luft nicht das
erste Mal gelungen ist, so wird sie bei noch so oftem
Überarbeiten kaum viel besser.

Sind die Dekorationsteile fertig gemalt, so
haben sie noch verschiedene Prozeduren durchzu-
machen. An allen Hängesachen, Hintergründen,
Bögen, Decken etc. werden die äußeren Kanten mit
Leinenband eingefasst, um das Einreißen zu ver-
hüten. Die Ober- und Unterkanten werden 15 cm
breit nach rückwärts umgenäht, und so eine Scheide,
die sog. „Tasche" gebildet, in welche starke Latten
eingeschoben werden. An der Oberlatte werden auf
der Bühne die Taue befestigt, die Unterlatte spannt


 
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