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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

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Scherer, Christian: Studien zur Elfenbeinplastik des 18. Jahrhunderts, [1]: der Elfenbeinbildner Ignaz Elhafen
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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0020

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KLEINE MITTEILUNGEN.

Mittelgrundes in mäßig flachem Relief behandelt und
alles übrige in nur geringer Erhebung und starker,
perspektivischer Verjüngung darstellt. Trotz dieser
äußeren Trennung bleibt jedoch die Komposition
geschlossen und der Zusammenhang der einzelnen
Gruppen gewahrt, falls nicht, wie z. B. auf dem
Callistorelief Nr. 12 und dem Bacchanal Nr. 3,
Figuren dazwischen geschoben werden, die, wie hier
die beiden nach rechts gelagerten und sich abwen-
denden Nymphen, nur als Füllfiguren zu betrachten
sind, die mit der Hauptscene nichts zu thun haben und
eine ähnliche Rolle spielen wie die Ortsgottheiten
auf antiken Sarkophagen, an die sie auch in ihrer
ganzen Haltung lebhaft erinnern.

Dieser malerische Charakter seiner Reliefs wird
aber noch verstärkt durch die reiche Verwendung
von Baum- und Strauchwerk, Pflanzen und Ge-
stein, sowie anderem, das ungleiche Terrain be-
lebenden oder die Ortlichkeit näher kennzeichnen-
den Beiwerk, das der Künstler mit gleicher Natur-

treue und Sorgfalt behandelt, wie die nackten
und die mit Gewändern in freiem, flüssigem Falten-
wurf bekleideten Gestalten. In allem äußert sich eine
hohe künstlerische Kraft, mit der sich eine tech-
nische Fertigkeit und eine Meisterschaft in der Be-
handlung des Materials verbindet, wie sie größer kaum
gedacht werden kann. Wie weich und doch bestimmt
sind die Umrisse seiner Figuren gezeichnet, wie zart
und delikat die schwellenden Formen der nackten
Körper behandelt, die in dem milden, warmen Glanz
des Elfenbeins mit seiner an die Haut erinnernden
Textur wie von pulsirendem Leben erfüllt erscheinen!
Was einem Coustou und Allegrain im Marmor ge-
lang, hat Elhafen im Elfenbein fertig gebracht, und
so darf er es wohl verdienen, aus dem Halbdunkel,
das ihn bisher umgab, ans volle Licht gezogen zu
werden, um von jetzt ab einen angemessenen Platz
in der Geschichte der deutschen Kleinkunst des
18. Jahrhunderts einzunehmen.

DR. CHR. SCHERER.

KLEINE MITTEILUNGEN.

^^^BLECH ERSCHAU^

Das Ornament des Rococo und seine Vorstufen.

120 Tafeln nach Zeichnungen von Franz Paukert, Ad.

Lackner u. A. Mit erläuterndem Text von Dr. Peter Jessen.

Leipzig, E. A. Seemann. Preis geb. M. 21.—
Die dekorative Formenwelt des Rokoko erfreut sich
gegenwärtig in den Kreisen der Kunsthandwerker und Kunst-
freunde besonderer Teilnahme. Nach langer Missachtung
hat die graziöse Kunst der französischen und deutschen
Dekorateure im 18. Jahrhundert in unserem nach immer
neuer Anregung hungernden Kunstgewerbe eine vorbild-
liche Bedeutung gewonnen. Und mit Recht. Denn der de-
korative Geschmack in den Werken der Rokokokunst, wo
sie »als freie, originale Schöpfung auftritt, ist mustergültig
und wird es bleiben, so lange das Walten phantasievoller
Formengebung und leichter Eleganz verstanden werden wird.
Gewiss hat das Rokoko, wo es in Willkür ausartete, auch
Dinge hervorgebracht, die in ihrer aller Regel spottenden
Launenhaftigkeit das Stilgefühl, ich möchte sagen das künst-
lerische Gewissen verletzen und die die nüchterne Klassi-
zität, welche dieser Dngebundenheit nach den Paradigmen
der antiken Formengrammatik ein Ziel setzte, wie eine Er-
lösung erscheinen lassen. Aber so sehr wir auch der herben
Formenstrenge des Direktoires und des Empirestils gewisse
stilistische Reize abzugewinnen und das intime sans-gene zu

schmecken wissen, das in der Ausstattungskunst der ersten Jahr-
zehnte unseres Jahrhunderts zuweilen herrscht — ganz abgese-
hen von dem englischen Accent, den unsere modernen Nach-
ahmungen desEmpiremobiliars angenommen haben— so sehen
wir doch leicht, dass der größere dekorative Reichtum, die phan-
tasievollere Mannigfaltigkeit des Formenspiels, der feinere
Formenwohllaut in der Kunst des 18. Jahrhunderts zu finden
ist. Nach den großen Stilepochen der Gotik und Renais-
sance haben die aus dem Barock abgeleiteten Stilforinen,
der pompöse und antikisirend würdige Louis XIV, der ent-
zückende Regencestil, dann die freiere Weise des Louis XV
und endlich die feine Blüte des Louis XVI — haben diese
Stilwandlungen den größten vorbildlichen Wert. Diese Vor-
züge des Kococoornamentes und der Nutzen, den sein Vor-
bild gerade jetzt unseren Kunsthandwerkern verheißt, sind
denn auch Vielen der Anlass gewesen, Sammlungen von
Nachbildungen der dekorativen Kunst des 18. Jahrhunderts
und Reproduktionen nach den zahlreichen Stichfolgen orna-
mentalen Inhalts, die uns das Rokokozeitalter hinterlassen
hat, zu Nutz und Frommen des modernen Kunstgewerbes
zu publiziren. Allein trotz dieser mitunter kostspieligen
Veröffentlichungen aus dem dekorativen Formenschatz deut-
scher Fürstensitze, aus den Mappen der Kupferstichkabinette
und nach zerstreuten Proben kunstgewerblichen Fleißes
fehlte es bis jetzt an einem koncisem Werke, das auch in
der Hand des Handwerkers seinen vorbildlichen Zweck er-
füllte. Mit den luxuriösen Prachtwerken, wie französische
Verleger sie dargeboten haben, ebenso wie mit den nach
einseitigen Gesichtspunkten zusammengestellten photogra-
phischen Aufnahmen war dem praktischen Atelierbedürfnis
nicht gedient. Nur wenn man dem kunstgewerblichen
Zeichner das Vorbild in möglichst bequemer Weise vorführt
 
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