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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

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Scherer, Christian: Studien zur Elfenbeinplastik des 18. Jahrhunderts, [2]: der Elfenbeinbildner PH
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https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0067
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STUDIEN ZUR ELFENBEINPLASTIK DES IS. JAHRHUNDERTS.

53

Bayerischen Nationalmuseuni zu München.]) Dort be-
finden sich vier zusammengehörige ovale Reliefs,
auf denen in ziemlich starker Erhebung nackte
Knaben tanzend, musizirend und spielend, zum Teil
in harmloser Fröhlichkeit, zum Teil in ausgelassener
bacchantischer Lust dargestellt sind. Eins von diesen
Reliefs (Saal XV, Nr. 174), die übrigens sämtlich
keine Bezeichnung, weder Aufschrift noch Mono-
gramm tragen, stimmt nun, abgesehen von einigen
Einzelheiten und von der Form, die beim Braun-
schweiger Relief rechteckig ist, hinsichtlich des Gegen-
standes mit dem letzteren genau überein. Die
kleinen Abweichungen lassen sich leicht erklären,
einmal durch den Umstand, dass das von vornherein
für ein Oval von bestimmter Längen- und Höhen-

körper, die auf dem Münchener Relief flott bewegt
und sorgfältig durchgebildet, auf dem Braunschwei-
ger hingegen im ganzen flauer und weniger ein-
gehend behandelt erscheinen, eine Beobachtung, die
noch augenfälliger wird, sobald man auch die drei
übrigen Münchener Reliefs zur Vergleichung heran-
zieht. Auf Grund aller dieser Merkmale trage ich
kein Bedenken, dem ersteren den künstlerischen Vor-
rang einzuräumen und das Braunschweiger Relief
für eine Kopie desselben zu erklären.

Als Schöpfer dieser vier Münchener Arbeiten
wird nun von der einen Seite Ignaz Elhafen1), von
der anderen Francois Duquesnoy, genannt II Fiam-
mingo'-), angesprochen. Doch dürfte weder die eine
noch die andere dieser Bezeichnungen das Richtige

Spaniseh-saraceiiisclius Elfenbeinkästchen aus Alois Riegl: Stilfragen.

in einen

rechteckigen

achse komponirte Relief2

Waum von geringerer Länge übertragen worden ist,
wodurch einerseits an den Ecken hinzugefügt, an-
dererseits die Darstellung etwas mehr zusammen-
gerückt werden musste, sodann durch einige, wie es
scheint, absichtliche Änderungen in gewissen Neben-
dingen, die zum Teil wohl durch den von dem Meister
des Münchener Reliefs abweichenden Stilcharakter
es Braunschweigischen Monogrammisten begründet
ln<i. Dazu kommt dann endlich noch eine gewisse Ver-
schiedenheit in der Behandlung der nackten Knaben-

1) Mit den drei übrigen veröffentlicht in dem über-
,p er schen Tafelwerk über das Bayerische Nationalmuseum,

• ^14, 225; vergl. auch Labarte, Histoire des arts in-
dustrie]s I, pl. 21.

2) Vergl. die verschiedene Höbe der Köpfe.

treffen; denn von Elhafen sind, wie aus meinem
Aufsatz über diesen Künstler hervorgeht3), bezeich-
nete Arbeiten solcher Art nicht bekannt; dem Fiam-
mingo aber pflegt man, alter Gewohnheit folgend,
auch heute noch in der Regel ohne weitere Prüfung
jede Einzelfigur oder Gruppe von Kindern zuzu-
weisen, die, einerlei ob sie in Bronze, Marmor oder
Elfenbein gearbeitet ist, ein bestimmtes stilistisches
Gepräge an sich trägt. So ist sein Name allmäh-

1) Kuhn in „Kunst und Gewerbe" 1877, S. 170.

2) Unter diesem Namen geht das Werk, das mit vielen
ähnlichen Arbeiten aus der früheren kurfürstlichen Kunst-
kammer in das Bayer. Nationalrnuseum kam, im Katalog
des Nationalmuseums, wie mir Herr Geheimrat Prof. Dr. W.
von Riehl mitzuteilen die Güte hatte.

3) Kunstgewerbeblatt N. P. VI, S. litt.
 
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