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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0084

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KLEINE MITTEILUNGEN.

Stammbaum der Familie Röchling. Jedenfalls wärest wünschen,
dass die Bestrebungen der heraldischen Vereine, ohne die
Künstler auf altertünielnde Bahnen zu führen, noch mehr
wie bisher in den betreffenden Fachkreisen für die künstle-
rische Gestaltung heraldischer Aufgaben fördernden Einfluss
gewinnen möchten.

Berlin. Im Königl. Kunstgewerbemuseum waren im Dez.
v. J. Lüstrefayeneen ausgestellt, welche von dem Maler Ludwig
Stahl in sehr eigentümlicherweise hergestellt sind. Die Gefäße
sind nach eigener Zeichnung in sehr einfachen Formen
ohne Reiief oder besondere Gliederung gebildet, der Schmuck
besteht fast ausschließlich in dem hohen Reiz der metal-
lisch schimmernden Farben, welcher durch kunstvoll herbei-
geführte Veränderungen im Brande bedingt wird. Einige
Probestücke dieser Arbeit erregten schon im vorigen Jahre
in Schulte's Salon großes Aufsehen. Im Museum sind jetzt
gegen dreißig Stück verschiedener Größe und Form aus-
gestellt, von denen jedes eine selbständige Schöpfung ist.

WETTBEWERBUNG.

Berlin. Verein für deutsches Kunstgewerbe. In der
Konkurrenz um Muster für eine Papiertapete mit entspre-
chender Bordüre haben erhalten: den 1. Preis (SO M.) De-
korationsmaler Richard Waller, den 2. Preis (40 M.) Zeich-
ner Heinrich Wieynk, die beiden 3. Preise (je 30 M.) Zeich-
ner Eduard Liesen und Richard Waller. Mit ehrenvoller
Erwähnung wurden bedacht die Zeichner Max Schulz (für
zwei Entwürfe) und F. Seyffert.

Holzschnitzereien aus dem einmaligen Benediktiner-
Idoster in Stein a. Eh. In dem altertümlichen Schweizer-
städtchen obigen Namens befindet sich ein nicht mehr von
Ordensleuten benutztes Kloster, welches die Beachtung aller
Kunstbeflissenen und Kunstfreunde in hohem Maße verdient.
Entstanden ist die überaus einfache, aber sehr malerisch am
Rheinufer gelegene Baugruppe etwa ums Jahr 1000, als das
von der schönen und klassisch gebildeten Herzogin Hadwig
auf Hohentwiel gegründete Benediktinerkloster vom Kaiser
Heinrich II. nach Stein a. Rh. verlegt wurde. Eine hervor-
ragendere Kunstthätigkeit entwickelte jedoch das nur von
einigen wenigen Mönchen bewohnte Kloster erst im Anfang
des 16. Jahrhunderts, als der aus edlem thurgauischen Ge-
schlecht stammende David von Winkelsheim den Abtstuhl
iune hatte. Er war ein energischer Herr seinen Widersachern
gegenüber; was Klosterzucht anlangte, ließ er fünfe grad
sein, und im übrigen besaß er einen hochentwickelten Kunst-
sinn, der sich in den Produkten seiner regen Bauthätigkeit
deutlich ausprägt. Neben der Anlage eines Kreuzgangs
und einer leider unvollendet gebliebenen Kapelle war es
hauptsächlich die würdige Ausschmückung der Abtswohnung,
auf welche David sein Hauptaugenmerk richtete. Und hier
ist es wieder der wahrscheinlich früher als Refektorium be-
nützte sog. Freskensaal, der das Interesse des Kloster-

besuchers in erster Linie in Anspruch nimmt. An und für
sich ein unschöner schiefwinkeliger Raum mit Erkerausbau,
hat dieser Saal hervorragend künstlerischen Schmuck er-
halten durch eine reichgeschnitzte Holzdecke und eine Reihe
sehenswerter Wandgemälde, welch letztere sonderbarerweise
oder vielleicht auch dem Geist jener Zeit entsprechend, fast
ausschließlich der weltlichen Geschichte entnommene Stoffe
behandeln. Der Holzdecke sind vorliegende Schnitzereien ent-
nommen. Dieselben schmücken teils (Abb. S. 49, 56,57, 58) die
Unterseiten von Längsbalken, teils (Abb. S.62) einunregelmäßi-
ges Feld zwischen Balken und Wand. Sie sind als sog. Flach-
schnittarbeit ausgeführt, also mit in einer Ebene liegendem
Ornament und herausgestochenem vertieften Grund, und
haben eine zum Teil recht lebhafte Bemalung erfahren,
welche bei vorliegenden Beispielen in folgenden Farbtönen
ausgeführt ist: Seite 49 dunkelblauer Grund, Blattbüschel
abwechselnd leuchtendrot, hellgelb, schmutziggrün und blau,
Blumen ebenso, Rippen jeweils etwas dunkler, Stengel grün.
Seite 56 Distelornament schmutziggrün auf dunkelblauem
Grund, Rippen und Blattspitzen gelb, Stengel und Blumen-
kelche jagdgrün, Blumenkrone (wenn man sie so nennen
will) rot. Seite 57 Grund dunkelblau, Stengel hellbraun
mit Lichtkanten, Blätter grüngelb mit dunkleren Blattrippen,
Beeren abwechselnd blau und grün. Seile 58 Spruchband
weiß, bei den Umschlägen rauchbraun abschattirt, Grund
tief dunkelblau. Seite 62 Grund dunkelblau, Stengel hell-
gelb mit Orange abgetönt, Blätter und Blumen wie auf
Seite 49. Es sind im ganzen sechs Längsbalken, die jeweils
bis zur Hälfte ihrer Länge mit diesen Flachornamenten be-
deckt sind; die andere Hälfte dagegen ist mit hübschen
Maßworkmustern auf hellgrünem oder rotem Grund deko-
rirt. An den Enden und in der Mitte der Balken sind Quer-
friese angeordnet, welche die zierlichsten Schnitzereien
zeigen, Rankenwerk, Drachenmotive u. dgl. Mit ebensolchen
reichen Ornamenten in formvollendetster Holzschnitzerei
sind verschiedene andere Räume des Klosters ausgestattet.
Sämtliche Schnitzereien sind in den Formen der Spätgotik
gehalten und sind in Bezug auf Gruppirung der Blatt-
büschel , Durchschiebung und Blattschnitt wesentlich ver-
schieden von den Erzeugnissen der Tiroler Gotik. Charak-
teristisch für die Kunstthätigkeit in der Übergangszeit ist
auch, dass die Wandgemälde im Freskensaal schon ganz
im Geiste der Renaissance gehalten (nur der Faltenwurf
der Gewänder erinnert noch an die Gotik), die Ornamente
der Decke aber noch durchaus gotisch sind. Entstehungs-
zeit 1506 — 1516. — Ein Besuch des herrlich gelegenen
Städtchens Stein a. Rh. empfiehlt sich umsomehr, als der
Rathaussaal eine höchst wertvolle Sammlung von Glasmale-
reien enthält, von denen einige mit geradezu staunenerregen-
der Geschicklichkeit ausgeführt sind (auch aus dem 16. Jahr-
hundert). Nicht unerwähnt mögen schließlich verschiedene
bemalte Häuserfassaden aus vergangenen Zeiten bleiben,
welche dem Städtchen so recht den altertümlichen Charakter
bewahren. //. MÜLLEH.

Schmiedeeiserner Kronleuchter, entworfen von F. Moser,
Direktor der Kunstgewerbeschule in Magdeburg. Der Kron-
leuchter (S. 65) wurde von dem Schmiedemeister Laubisch in
Magdeburg in Eisen getrieben und geschmiedet und ist
auf der letztjährigen Ausstellung in Antwerpen mit der
goldenen Medaille ausgezeichnet werden.
 
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