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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

DOI Artikel:
Buss, Georg: Das Haus des deutschen Reichstages, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0095

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78

DAS HAUS DES DEUTSCHEN REICHSTAGES.



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I. ■•■ :- k -. ■ n

Giebelfüllung der beiden Seitenfronten. Modellirt von Professor 0. Lessing, Berlin.

Innern hat sich im Äußern kund zu geben oder mit
anderen Worten: das Äußere soll des inneren Wesens
Spiegel sein. Gerade dieses Gesetz ist in dem neuen
Hause zum vollen Ausdruck gelangt. So ist auch des
stolzen Baues Herz, von dem das pulsirende Leben aus-
strömt, nach außen hin groß und bedeutungsvoll gekenn-
zeichnet. Aus der gewaltigen, bis zum Hauptgesims
ihrer Fronten 26,40 Meter hohen Gebäudemasse, die ein
längliches Viereck von 131,80 Meter Länge und 88,30
Meter Breite bildet und an jeder Ecke durch einen vier-
seitigen Turm markig gesichert ist, ragt, den Sitzungs-
saal machtvoll und prächtig markirend, in straff gespannter,
energischer Kurve die Kuppel mit der in Kupfer um-
mantelten Laterne goldschimmernd zu den Wolken empor.
Immer und immer wieder wird der Blick angezogen von
diesem beherrschenden Aufbau, unter dem des Reiches
Geschicke beraten werden. Goldene Sonnenmasken, ge-
trieben in Kupfer, strahlen zwischen den mittleren
Sparren der Walmflächen und über den Ecksänlen der
Laterne, und oberhalb dieser Sonnen, in Höhe von
74,70 Meter weithin ins Land blickend, als Spitze der
Laterne die goldene Kaiserkrone.

Ohne Zweifel, jener zuerst geplante Saalüberbau

in Stein, den man in der wenig begründeten Befürchtung
zu Fall brachte, dass die hohen, seitlich angebrachten
Arkadenfenster nicht genügendes Licht gewähren würden,
war von packender Großartigkeit, gewissermaßen des
stolzen Baues Triumphgesang, ein Ausklingen der ge-
samten Architektur mit vollem Accord. Aber es hieße,
den jetzigen Saalüberbau in seiner Bedeutung unter-
schätzen, wollte man jenem des ersten Entwurfes nach-
trauern. Gerade in dieser endgültigen Gestaltung zeigt
sich die bahnbrechende Größe des Meisters — Eisen und
Metall, unsere jüngsten Baustoffe, hat er als sichtbares
und bedeutungsvolles Glied einem Monumentalbau einge-
fügt, und indem er in diese goldschinimernde Konstruktion
die höchste Steigerung seiner monumentalen Schöpfimg
hineingelegt, hat er mit ihr eine künstlerisch geklärte
Huldigung dem vorwärtsdrängenden Geiste der neuen
Zeit, der in der Wissenschaft des Ingenieurs einen der
gewaltigsten Kulturfaktoren erblickt, dargebracht. Was
Semper einst mit Bezug auf den Bau des Frankfurter
Palmenhauses geäußert, nämlich das Bedenken, ob es
jemals möglich sein werde, Eisen und Stein, bei denen
das Verhältnis von Querschnitt und Tragfähigkeit so
grundverschieden ist, zu einer monumental wirkenden
 
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