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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

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Luthmer, Ferdinand: Antiquitäten in der modernen Hauseinrichtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0201

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Embleme zwischen den Säulen der Südeingangshalle des Keichstagsgehäudes. Modellirt von Professor Otto Lessing, Berlin.

ANTIQUITÄTEN IN DER MODERNEN HAUSEINRICHTUNG.

VON F. LUTHMER.

(Nachdruck verboten.)

m

runderang für die Er-
zeugnisse alter Kunst müsste
so groß und allgemein
ie wir sie thatsächlich
allerorten sehen, wenn die
letzteren nicht eine hervor-
ragende Rolle in unserer mo-
dernen Innendekoration spie-
len sollten. So sehen wir denn
auch nicht nur die berufsmäßigen Sammler ihren Lieb-
lingen die besten Plätze in ihren Wohnräumen an-
weisen: auch wer nur vorübergehend und zufällig von
der Schönheit eines alten Kunstwerkes getroffen worden
lst, benutzt dieses gern, um seiner modernen Wohnung
eine gewisse Weihe zu geben — ganz zu schweigen
von denen, die sich nur in einem Räume wohl zu fühlen
Klanben, der bis zur Täuschung von der Atmosphäre
einer bestimmten Periode der Vergangenheit erfüllt ist.

Man. kann in der Verwendung der Antiquitäten für
aie moderne Innendekoration zwei Arten unterscheiden.

Die

eine benutzt die Werke der Vergangenheit als

^'unückendes Beiwerk für eine im übrigen fertige und
aDgeschlossene Einrichtung. Für die zweite bildet das
Alte das maßgebende Motiv, den Grundton, worauf die
ganze Dekoration gestimmt wird.

Kunstgewerbeblatt N. F. VI. H. 10.

Wir glauben nicht zuviel zu sagen, wenn wir be-
haupten, dass die erstere Verwendungsart sich in jeder
modernen Inneneinrichtung findet, die sich nur um ein
Weniges über das platte Niveau des vom Tapezierer
und Möbelhändler Ausgedachten erhebt.

Man braucht noch nicht unter die Sammler ge-
gangen zu sein, um in seinem Inventar das eine oder
andere Objekt zu besitzen, das von der Kunstfertigkeit
vergangener Perioden Zeugnis ablegt. Jede Familie, in
welcher eine gewisse Wohlhabenheit seit mehr als zwei
Generationen zu Hause ist, bewahrt derartige Erbstücke,
die nach dem bekannten Satz in dreimaldreißig Jahren
sammlungsfähig werden — sei es nun eine bronzene
Pendule mit Girandolen im Empire-Stil, oder die zu
Großmutterzeiten so beliebte ..Servante" mit ihrem
Schatz an alten gemalten Tassen, geschliffenen Krystall-
bechern und silbernen Zuckerschalen oder auch ein Ofen-
schirm in zierlichem vergoldeten Gestell, dessen Blatt
die Hand der Urgroßmutter in unendlich feinem Stich
mit steifen Louis-Seize-Ranken bestickt hat — dieselbe
zarte Hand, von der noch ein Wachs-Abguss auf ver-
gilbtem Atlaskissen unter einem Glassturz erhalten ist.
Wo derartige Familienstücke fehlen, treten Reise-An-
denken an ihre Stelle. Selten wird ein sinniger Mann
die große Tour durch Italien gemacht haben, dass ihm

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