Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

DOI Artikel:
Luthmer, Ferdinand: Antiquitäten in der modernen Hauseinrichtung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0202

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
178

ANTIQUITÄTEN IN DER MODERNEN HAUSEINHICHTUNG.

nicht ein Marmor-Fragment, eine kleine Bronze, eine
Majolika — echt oder gefälscht — in der Hand ge-
blieben wäre, so wenig wie man die Bazare von Tunis.
Kairo und Damaskus durchwandern kann, ohne Besitzer
einer alten Pistole, eines Säbels oder buntgestickten
Sattelstückes geworden zu sein. Zu Hause aufgestellt,
sind uns diese Sachen — ohne allzustrenge Kritik ihres
Kunstwertes — liebe Erinnerungsstücke an unsere
glücklichen "Wanderjahre.

Ganz besonders reich pflegt der Dameusaion mit

Leuchter, in Silber getrieben von Lazarus Tosen Wwe, Berlin.

derartigen Zufälligkeiten von mehr oder minder kunst-
gewerblichem Werte ausgestattet zu sein. Unter dem,
was man mangels eines deutschen Wortes „bibelots"
nennt, einen gewissen Bestand alter Kleinkunstwerke zu
haben, gehört auch für eine Dame, die nicht Sammlerin
ist, zum guten Ton. Das beginnt mit den kleinen Spiel-
sachen aus Silberblech oder Filigran, die früher häufig
als Patengeschenke gegeben wurden, steigert sich zu
einem zierlichen Schränkchen voll Altmeißner oder Höchster
Porzellanfiguren und gipfelt in der Sammlung von Mini-
aturen in alten Eähmchen oder dem geschnitzten
Rokoko - Eahmen mit wertvollen alten Fächern,
welche die Wand schmücken. Und was soll man
von dieser spielenden Dekoration des Damen-
zimmers sagen, wenn selbst ein ernster Raum,
wie die Bibliothek, den Schmuck einzelner Werke
alter Kunst nicht entbehren kann — seien es
die würdigen Bronzebüsten mythischer Dichter und
Gelehrten oder seien es einige Rarissima von alten
Ausgaben in gleichzeitigen vergoldeten Lederbän-
den, die auf den Tischen ausliegen.

Eine ungleich wichtigere Rolle spielen natür-
lich die Antiquitäten, wenn wir die Gemächer eines
wirklichen Sammlers betreten. Wir denken dabei
nicht an die Rumpelkammern, wahllos mit altem
Kram bis an die Decke gefüllt, wie sie Walter
Scott so klassisch im „Antiquarian" schildert —
staubige Höhlen, in denen wir keinen freien Stuhl
zum Sitzen, kaum den Baum um uns umzudrehen
finden. — Der vornehme Sammler versteht es
immer, seine Schätze so aufzustellen, dass sie das
harmonische Bild eines wohlgeordneten Interieurs
nicht stören, sondern demselben nur den höchsten,
geistigen Inhalt geben. Nehmen wir beispielsweise
die Schilderung, welche ein französischer Besucher
von der „Halle" im Hotel Salomon v. Rothschild
in Paris giebt: „Die Halle, welche man darauf
betritt, ist ein Raum von weiten Abmessungen
mit Oberlicht, welches in die gewölbte Eisendecke,
11 m über dein Fussboden eingefügt ist. Eine
in der Höhe der ersten Etage umlaufende Galerie
hat eine Holzbrüstung, deren Füllungen zwischen
den geschnitztenBallustern mit vergoldetem Schmie-
deornament ausgesetzt sind. Diese Galerie läuft
um drei Seiten des Raumes; die vierte wird durch
einen Kamin in rosa schottischem Granit einge-
nommen, mit Ornamenten aus ciselirter Bronze
und Zellenschmelz, überragt von einem großen
Spiegel in geschnitztem, italienischem Holzrahmen.
In die Holztäfelung aus amerikanischem Nussholz,
welche die Wände bekleidet, sind Gobelins ein-
gefügt; die Supraporten bilden, vergoldete Holz-
skulpturen auf weißem, antikem Marmorgrund. In
der Mitte steht ein riesiges Rundsopha; wir nehmen
Platz: Wenn wir aber nach der Bewunderung
 
Annotationen