Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

DOI Artikel:
Kleine Mitteilungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0056
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
^

M..S.

TSerlin. Der Verband deutscher Kunstgewerbe-Vereine
hat gemäß dem Beschlüsse des letzten Delegirtentags in
einem Berichte an das Reichsalut des Innern zu Berlin die
Grundsätze niedergelegt, welche auf Grund der auf der Aus-
stellung in Chicago gemachten Erfahrungen bei ferneren
Ausstellungen beachtet werden sollen. Wir lassen diesen
Bericht im Wortlaute folgen: In Ausführung eines Be-
schlusses des VI. Delegirtentages des Verbandes deutscher
Kunstgewerbevereine in Weimar 1893 hatte der Dresdner
Kunstgewerbeverein, als der dermalige Vorort des Verbandes,
die Einzel vereine ersucht, ihm über die anlässlich der Be-
schickung der Chicagoer Ausstellung gesammelten Erfah-
rungen zu berichten. Im Auftrage des Delegirtentages, der
am 30. August 1895 in Dresden zusammentrat, gestatten
sich die unterzeichneten Vereine dem Kaiserlichen Reichs-
amte des Innern das folgende Resume, welches vorzugsweise
auf dem Berichte des Bayerischen Kunstgewerbevereins in
München basiert, zu unterbreiten. Wir bitten ergebenst,
die darin niedergelegten Grundsätze — von welchen wir an-
nehmen, dass sie für künftige Ausstellungen zur Abwendung
von Klagen, Enttäuschungen und Opfern von Wert sein
dürften — hochgeneigtest zu berücksichtigen. Die Zusammen-
stellung der Erfahrungen, welche die Einzelvereine des Ver-
bandes deutscher Kunstgewerbevereine anlässlich der Chica-
goer Weltausstellung gemacht haben, soll nicht bezwecken,
Material zu sammeln zu einer nachträglichen Bemängelung
der Geschäftsleitung durch Klageführung über Missstände,
welche das deutsche Kunstgewerbe bei Beschickung der
Ausstellung zu empfinden hatte, sondern sie soll den Zweck
haben, durch gegenseitige Mitteilung der Wahrnehmungen,
Eindrücke und Wünsche, welche anlässlich dieses erstmaligen
umfassenden Auftretens unseres Kunstgewerbes im Auslande
zu Tage traten, wertvolle Winke und Fingerzeige für eine
Beteiligung an zukünftigen internationalen Ausstellungen zu
erhalten. Es fragt sich, nach welcher Richtung wohl eine
derartige Kritik geübt werden kann, die dem Verbände
deutscher Kunstgewerbevereine ein für künftige Fälle wert-
volles Ergebnis verspricht. In der Richtung des Ausstellungs-
Erfolges, des ideellen wie materiellen, wohl keineswegs!
Denn die ideele Errungenschaft des deutschen Kunstgewerbes
in Chicago war eine so überaus große und befriedigende,
dass sie uns den leitenden Organen gegenüber nur zu Lob
und Anerkennung verpflichtet und den materiellen Erfolg,
beziehungsweise Misserfolg der Ausstellung aber ohne weiteres

zum Gegenstand der Klageführung gegen ein System oder
eine Vertretung machen zu wollen, wäre ebenso unbegründet
als unbillig. Dem erhofften Absätze unserer Ausstellungs-
objekte stellten sich leider eine Reihe unberechenbarer Fak-
toren hemmend in den Weg, so u. a. die unerwartete Fort-
dauer der Eingangszölle in Amerika, die plötzlich eingetretene
Silberkrisis mit ihren tiefgehenden Konsequenzen für Ge-
schäfte und Markt, die ostentative Zurückhaltung der ost-
amerikanischen Handelsplätze vor dem neuen Emporium am
Michigansee u. s. w. u. s. w. Wenn speciell aus den Ent-
täuschungen und schweren Opfern in dieser Richtung eine
Lehre für die Zukunft gezogen werden soll, so wäre es wohl
die, künftighin die Hoffnungen auf den Erfolg einer Aus-
stellung nicht mehr so hoch zu schrauben, als es für Chicago
geschehen ist. Eine möglichst kalte, nüchterne Überlegung
der jeweiligen nationalen und lokalen Verhältnisse eines
Ausstellungsunternehmens, vorab aber die Dämpfung aller
überschwenglichen Hoffnungen, welche wir bisher so gerne
an Verlauf und Erfolg auswärtiger Ausstellungen geknüpft
haben, würde in allen Fällen ratsamer und empfehlenswerter
sein und wäre, wie uns die Erfahrung lehrt, namentlich
einem amerikanischen Unternehmen gegenüber, sehr wohl
am Platze gewesen. Indem wir von dem Erfolge_der Chica-
goer Ausstellung nach diesen beiden Gesichtspunkten ganz
absehen, bleibt uns für die kritische Betrachtung lediglich
Programm, Organisation, Inscenirung und geschäftliche Durch-
führung bei der Ausstellung zur näheren Beleuchtung. Dieses
keineswegs beschränkte Gebiet ist es ja auch, auf welchem
Wahrnehmungen und Erfahrungen für künftige Ausstellungen
allein einen bestimmten Wert besitzen, da sich dasselbe aus
stets wiederkehrenden, greifbaren, und dem gegenseitigen
Übereinkommen unterstellten Faktoren zusammensetzt. In-
dessen auch dieses Gebiet interner Beziehungen bedarf für
eine Betrachtung noch einer wesentlichen Beschränkung.
Weit entfernt, eine kleinliche und engherzige Kritik der
Programme, Instruktionen und Maßnahmen üben zu wollen,
die von Seiten der Ausstellungsbehörden und den speciellen
Organen unserer deutschen Abteilung erlassen und getroffen
wurden, kommt es uns vielmehr nur darauf an, aus der
Menge der Wahrnehmungen und Eindrücke lediglich einige
generelle Punkte herauszugreifen, in der bestimmten Absicht,
eine Klärung für künftige Fälle herbeizuführen. Als solche
generelle und prinzipielle Punkte erachten wir nun folgende:
Zunächst möchten wir unsere Überzeugung zum Ausdruck
bringen, dass eine auch nur annähernd starke Beteiligung
Deutschlands an einer auswärtigen Ausstellung wie der-
jenigen in Chicago, einfach nicht ausführbar noch denkbar
ist ohne Vermittelung und thatkräftige Unterstützung des
Reiches! Gegenüber den immensen Schwierigkeiten und An-
forderungen, welche das Eintreten in die Arena moderner
internationaler Wettkämpfe im Gefolge hat, kann es für
 
Annotationen