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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0146
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-u- lierlin. Im Verein für Deutsches Kunstgewerbe hielt
am 2ü. Februar Herr Professor Dr. Lichtwark, Direktor der
Kunsthalle in Hamburg, einen Vortrag über die Medaille
einst und jetzt; ihre Geschichte, ihre Technik, ihre Zukunft.
Was die Kunst unseres Jahrhunderts erarbeitet habe, dringe
jetzt in manche Gebiete, die bisher nur handwerklich ge-
pflegt worden seien, das Plakat, den Tapetendruck, die Maler-
radirung u. a. Auch die Medaille sei erst seit 1870 von
Pariser Künstlern in harter Arbeit der Kunst erobert worden,
unabhängig von der Medaillenkunst der italienischen Re-
naissance, die auf demselben Wege zu höchster Blüte ge-
langt sei. Zunächst hätten einige bedeutende französische
Bildhauer durch ihre modernen Porträtmedaillons die neue
Richtung vorbereitet. Diese Meister selbst und neben ihnen
einige künstlerische Medailleure, Chaplain, Roty u. a., hätten
die Medaille mit poetischer Erfindung und Stimmung erfüllt
und ihr im Gegensatz zu den künstlerischen Graveurmedaillen
reizvollen Stil gegeben. Statt des blanken Rundes, von dem
sich der Kopf hart und unerfreulich absetze, ein weiches
Relief, das Komposition und Hintergrund zu einem schönen
Ganzen verarbeite; statt der pedantischen Druckschrift frei be-
handelte Buchstaben; statt des erhabenen Randes, der nur
bei Münzen berechtigt sei, frei auslaufende Fläche. Dieser
Stil habe sich in Frankreich für die Medaille und neuerdings
auch für die Münze durchgerungen. Wenn wir auch unsere
Medaillen mit künstlerischem Inhalt füllen wollten, müssten
wir uns doch bemühen, uns eine eigene deutsche Richtung
herauszuarbeiten. Der überzeugende Vortrag wurde durch
Arbeiten französischer Künstler und einige deutsche Medaillen
von Reinh. Begas, F. Schaper, A. Scbarff, G. Schiller,
A. Vogel u. a. erläutert. — In der Sitzung am 11. März
sprach Herr Dr. von Falke, Direktor des Kunstgewerbe-
Museums in Köln, über „altes und neues Zinngerät". Wenn
auch das Zinn als Gebrauchsgeschirr durch Fayence und
Porzellan abgelöst sei, so sei es doch heute nicht nur für
künstlerische Arbeiten, sondern auch für Ziergerät sehr ge-
eignet. Die Formen des alten Zinn seien zwar dem Silber
verwandt, hätten aber die eigentümlichen Bedingungen der
Gusstechnik stets gewahrt, seien einfacher profilirt und durch
Gravirung, Atzung und mäßiges Relief verziert worden.
Neuerdings sei in Paris, Brüssel und Köln das Zinn wieder
aufgenommen und künstlerisch belebt worden und verspreche
in unserem Kunstgewerbe ein ersprießliches Arbeitsgebiet zu
werden, wenn es gelinge, künstlerische Kräfte für die Modelle
zu gewinnen. Ein Preisausschreiben, das E. Kayser in Köln

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für das von ihm fabrizirte und ausgestellte Kayserzinn durch
den Verein erlassen habe, könne auf diesem Wege weiter
führen. Für eine andere Konkurrenz, das Diplom und die
Medaille der Berliner Gewerbeausstellung 189G, gab Herr
Professor E. Doepler d. j. eine Reihe belehrender Gesichts-
punkte. — In der Sitzung am 25. März gab Herr Bildhauer
Hermann Obrist aus München eine eingehende Erläuterung
der eigenartigen Stickereien, die er z. Zt. im Lichthofe des
Kgl. Kunstgewerbemuseums ausgestellt hat. Durch die stumpfe
Massenarbeit hätten das Publikum und die Künstler die
frische Freude an den Werken des Kunstgewerbes verloren..
Es gebe keinen Grund, aus dem ein dekoratives Kunstwerk
uns nicht eben so innig zu Herzen sprechen solle, wie ein
Gemälde oder eine Statue, die uns rührt und begeistert. Es
sei aber nötig, dass unabhängige Künstler, die nicht durch
den Zwang der Schule und das Joch der Industrie erlahmt
seien, den verschiedenen Gewerben neue Anregung geben.
Die deutsche Kunst sei überreich an Talenten, die diese Auf-
gabe lösen könnten. Aber es gelte, von den alten Stilen
abzusehen und aus dem innigen Zusammenleben mit der
Natur individuelle Bildung zu gewinnen. Der dekorative
Künstler solle nicht in Schulstuben und Bibliotheken, son-
dern im Freien leben und schaffen und lieber in kleinen
Orten als in Großstädten leben. Der Künstler schilderte den
Weg seiner Phantasie und die Entstehung der ausgestellten
Arbeiten und hoffte aus. der Teilnahme frischer künstlerischer
Kräfte ein Blüte des deutschen Kunstgewerbes. In einem
einleitenden Vortrage hatte Dr. R. Ormd in verwandtem
Sinne über einige neue Bestrebungen im Kunstgewerbe be-
richtet und dabei auf die gleichfalls auf Pflanzenornamenten
beruhenden trefflichen Arbeiten des Hamburger Malers
0. Eckmann, welche gleichfalls ausgestellt waren, verwiesen.
Die Stickereien von Hermann Obrist werden im Museum bis
Ostern ausgestellt sein. — In der Sitzung am 25. April hielt
Herr Direktor P. Jessen einen Vortrag über die Knaben-
Handarbeit als Erziehungsmittel für Kunst und Handwerk.
Unser Kunstgewerbe klage darüber, dass ihm ein künstlerisch
und technisch einsichtiges Publikum fehle. Um den Ge-
schmack unserer Nation zu fördern, müssten wir die künst-
lerische Erziehung früher beginnen und alle Mittel auf-
wenden, durch die Auge und Hand der Jugend geübt werden
könnten. Hier helfe die erziehliche Knaben-Handarbeit, für
die seit etwa 20 Jahren, von Skandinavien ausgehend, bei
uns und im Auslande eine lebhafte Bewegung entstanden
sei. Der Unterricht, der bei uns meist in gesonderten
Schülerwerkstätten erteilt werde, der aber bei unseren Kon-
kurrenten in Frankreich und Amerika zielbewusst an die
Schule angegliedert sei, biete ein Gegengewicht gegen die
einseitige intellektuelle Bildung unserer Jugend, schärfe
ihren Blick und ihr Verständnis für die Aufgaben des Hand-
werks, übe ihre Hand und mache sie für die praktischen
Anforderungen des Lebens geschickter. Die Schülerwerk-
 
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