Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

DOI Artikel:
Homann-Lanfer, Elisabeth: Spitzenstudien aus Venedig
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0028
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SPITZENSTUDIEN AUS VENEDIG.

19

Es fällt auf, dass die Spitzen so selten erwähnt werden.
Das liegt daran, dass diese Industrie bis ins vorige
Jahrhundert merkwürdigerweise von der Kepublik niemals
unterstützt oder gar mit Privilegien versehen worden ist.

Vereinzelte Nachrichten zur Geschichte der vene-
tianischen Spitze giebt Urbani de Gheltof in dem Buche
„Merletti a Venezia" 1876. Dort ist auch zu lesen,
dass venetianische Spitzen zuerst 1483 bei der Krönung
Bichard III. von England im Auslande erwähnt seien.
Die nähere Beschreibung des Krönungskleides finden wir
bei Palliser: „La robe de satin cramoisi, que Kichard III.
porta le 6 juillet 1483 ä la ceremonie du sacre est
galonnee de deux lacets de ruban et de soie." Also
nicht von Spitzen, sondern von einer Bortenarbeit, wie
sie Tagliente in seinem Modellbuch mit dem Namen
„groppi" bezeichnet, ist hier die Bede. Die reichlich-
sten Anhaltspunkte für die Geschichte der Spitzen lie-
fern noch die Luxusgesetze. Aber sie treten sehr spät
auf. 1562 (Ottobre 15 in Pregadi) wird energisch gegen
den Luxus in Kleidern und Hausrat eingeschritten:
„Li lenzuoli, entemelle, tornoletti, et ogni altra cosa di
tela, lavorata d'oro, et d'argento over di seda, siano del

tutto prohibiti-----------Ben sia licito, tenersi in tempo

di parti, come di nozze et ogni altra occasione, lincioli
et intemelle lavorate d'azze, pur chel lavorier non sia

di maggior larghezza di meza quarta." —-------Also:

Wäsche mit Gold-, Silber- und Seidenstickereien wurde
verboten, hingegen Zwirn- oder Leinenstickerei für diese
Gegenstände erlaubt. Unter letzterer kann nur punto
tagliato verstanden sein. Aus dieser Verordnung geht
hervor, dass mit durchbrochenen Arbeiten damals noch
kein übermäßiger Luxus getrieben wurde. Das hat sich
1583 geändert, da sagt das Gesetz: „Non possino le

donne portar------------ vesture intagliate ne ricamate

ne camufate over tagliate et similmente negli habiti
degli huomini siano prohibiti ogni sorte di recami et

intagli«-------und weiter: „Che li bavari, lavoradi di

ponto et quelli de gioje, perle o smalti siano dal tutto
Prohibiti." — Also: Männer- und Frauenkleider mit
Stickerei, mit gefältelter, durchbrochener und geschnit-
tener Arbeit sind untersagt.

Im XVII. Jahrhundert werden merletti und ponto
in aria fast""in jedem neuen Gesetze verboten; das war
jene Zeit der höchsten Spitzenleidenschaft! 1668 unter-
sagt ein Gesetz das Ausschmücken der Gondeln mit
Ponto in aria; kaum ein Gegenstand, der damals nicht
mit Spitzen verziert wurde. Viel wird zu dieser Vor-
liebe der Umstand beigetragen haben, dass alle vor-
nehmen Frauen selbst eifrig Spitzen arbeiteten. So die
edle Vienna Vendramin Nani, der Cesare Vecellio 1591
sein Spitzenbuch widmet, „weil sie diese Kunst so ge-
schickt und fleißig ausübe und von ihren Frauen aus-
üben ließe". — Im Jahre 1591,l) so steht in einer „vecchia

1) Urbani de Gheltof, dem wir auch manche andere
hier gegebene Nachricht verdanken.

miscellanea di notizie di-
verse" vom Ende des XVII.
Jahrhunderts, gründete die
Fürstin Morosini, Gemahlin
des Dogen Marino Grimani,
in der contrada di S. Fosca
eine Werkstatt für Spitzen
und andere Raritäten. Die
Dogaressa beschäftigte 130
Arbeiterinnen. Die Auf-
seherin, Cattina Gardin, er-
hielt 15 Lire Monatsgehalt.
Die Arbeiten behielt die
Fürstin für sich. Nach ihrem
Tode ging die Werkstatt
wegen Geldmangel ein.

Ein großer Teil der
alten Spitzen verdankt seine
Entstehung fleißigen
Nonnenhänden. Aber
es ist zu verwundern,
wie selten in den
Kirchenrechnungen t

an Klöster zu zah-

Radahweiser für Sehloss Moschen
in Schlesien, ausgeführt in der Kunst-
schlosserei von Ferd. Patjl Krüger,'
Berlin.
 
Annotationen