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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

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Die Darmstädter Künstler-Kolonie
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https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0030

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22

DIE DARMSTÄDTER KÜNSTLER-KOLONIE

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Haus Deiters, Darmstadt. Skizze von Prof. OLBRICH.

dieses Fürsten eine thatkräftige Förderung der neu-
zeitlichen Bewegung mit Verständnis und Verehrung
für die ältere Kunst vereinigt. Nach wie vor ist er
darauf bedacht, seinen umfangreichen Privatbesitz an
Werken der älteren Malerei und Kleinkunst, die vor-
her zum grossen Teil in entlegenen Schlössern oder
sonst ein unbeachtetes Dasein führten, zu sichten und
zu ergänzen, und im alten Residenzschloss in Darm-
stadt, wo das beste davon Aufnahme findet, vermehrt
sich mit jedem Jahre die Zahl der
Gemächer, wo unter glücklicher An-
lehnung an die vorhandene alte In-
nendekoration stimmungsvolle und
wohnliche Ensembles aus den ver-
schiedensten Kunstperioden entstehen.
Diese Verbindung von kunstge-
schichtlichem mit ausgesprochen mo-
dernem Sinn ist ja auch nur schein-

Kopfleiste von Prof. OLBRICH.

bar ein Widerspruch. Je mehr man sich gewöhnt,
die Kunst im geschichtlichen Zusammenhang zu be-
trachten, als eine nach Zeit und Ort notwendig sehr
verschiedene Ausstrahlung des gesamten äusseren und
geistigen Lebens, desto unerfreulicher wird es, zu
sehen, dass die eigene Zeit wie eine Theaterfigur im
schlecht sitzenden Kostüm einer fernen Vergangenheit
einherspaziert. Gerade die Vertrautheit mit dem
wirklichen Alten muss sich stossen an jenen ober-
flächlichen oder ungeschickten Nachahmungen, welche
die retroverse Periode so häufig darbot. —

Für die Art und Weise nun, wie das Interesse
an der jungen angewandten Kunst sich in die That
umsetzen sollte, war dem fürstlichen Begründer der
Kolonie von vorn herein der eine Gesichtspunkt mass-
gebend: völlig freie Entfaltung der Künstler-Indivi-
dualität. Darum keine starre Organisation oder gar
ein Institut von der Art der manufacture royale unter
Ludwig XIV., wo die Künstler eine Art Beamte und
einem für den Stil tonangebenden Direktor unterstellt
waren. Aber auch die Form einer
Akademie, an welcher die Künstler
als Lehrer zu wirken hätten, wurde
wohlweislich vermieden. An tüch-
tigen kunstgewerblichen Lehranstal-
ten, die unter der umsichtigen Für-
sorge der Grossh. Centralstelle für
die Gewerbe stehen und jetzt mehr
und mehr durch Lehrwerkstätten

Haus Deiters, Darmstadt. Entwurf von Prof. OLBRICH.
 
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