Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

DOI Artikel:
Die Darmstädter Künstler-Kolonie
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0031

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE DARMSTÄDTER KÜNSTLER-KOLONIE

23



Kopfleiste von Prof. OLBRICH.

ergänzt werden, fehlte es in Hessen nicht, die Mainzer
Kunstgewerbeschule steht an Leistungsfähigkeit hinter
keinem ähnlichen Institut Deutschlands zurück. Über-
dies ist die moderne angewandte Kunst ja nicht lehr-
bar in dem Sinne der älteren Stile und soll es nicht
sein. Jedes Lehren birgt für den Lehrenden und den
Lernenden die Gefahr des Dogmatisierens und Schemati-
sierens, und das wäre Oiftfür die Keime der neuen Kunst,

Grabmal von Prof. OLBRICH.

die wir uns zunächst doch nicht anders denken können
als individuell-lebendig, in beständigem Fluss sich

immer erneuernd. Dass sie in sich __

selber reife und erstarke, das ist die
Hauptsache. Mag in dieser Zeit des
Stürmensund Drängens bisweilen auch
allerlei kurioses und unerfreuliches Zeug
ans Ufer geworfen werden, es hat doch
immer noch mehr Berechtigung als müh-
same Kopien alter Muster. Und ande-
rerseits sind auch die unbewussten
Reminiscenzen aus früheren Jahrhun-
derten oder aus dem fernen Asien, die
gelegentlich mit unterfliessen, kein Be-
weis gegen den Wert der Bewegung.
Es kommt nicht darauf an, dass mit
einem Schlag lauter unerhört Neues
produziert werde. Dass schaffensfreu-
dige und ihrer Individualität vollbe-
wusste Künstler sich mit allem Ernst
der angewandten Kunst wieder ange-
nommen haben, das allein schon eröff-
net einen guten Ausblick in die Zukunft,
und die Gründung der Darmstädter
Kolonie als einer durchaus freiheit-

Oarten des Hauses Olbrich. Darmstadt, Mathildenhöhe.
Entwurf von Prof. OLBRICH.

liehen Körperschaft, in der eine Anzahl begabte
Künstler einen festen Rückhalt und den weitesten
Spielraum für ihre individuelle Entwicklung gefunden
haben, war eine glückliche That, um die ganze Be-
wegung zu kräftigen. —

Natürlich hat die Kolonie sofort Fühlung ge-
nommen mit der Industrie und dem Handwerk Hessens.
Ausser den zahlreichen Privataufträgen, welche die
Künstler mitbrachten oder nachher erhielten, wurden
die gemeinsamen Arbeiten, wie das Zimmer für die
Pariser Weltausstellung, in Darmstadt ausgeführt.
Von ganz besonderer Bedeutung aber ist es, dass das
Programm der Kolonie für 1901, das mittlerweile
durch eine Anzahl kunstsinniger Männer des Landes
eine sichere Finanzierung gefunden hat, geeignet
ist, einen noch regeren Zusammenhang zwischen

Grabmal für Familie Gluckert auf dem Friedhofe zu Darmstadt.
Entwurf von Prof. OLBRICH.
 
Annotationen