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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 15.1903-1904

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Plehn, Anna L.: Aus Berlin: Ausstellungssaal Balcke - Atelier Patriz Huber - Steglitzer Werkstatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0013
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AUS BERLIN

hergehenden Raumeindrücke.
Er ist darin etwas von der
Empfindung, die man in einem
Kirchenbau erfährt, wenn man
aus der Enge des Langhauses
heraustretend die Durchbre-
chungen des Querhauses sich
nach der Seite öffnen sieht.
Doch ist es auch wieder an-
ders, da die Höhe nicht so
stark überwiegt wie in einem
Sakralraum, und da das Licht
durch die Glasdächer breit
einströmend, ohnedies eine
ganz andere Stimmung mit
sich bringt. Es ist ja ein Aus-
stellungssaal, in dem natürlich
kein Spiel mit Hell und Dunkel
getrieben werden darf.
~4 In sich erhält der durch
Fortnahme der Wände ge-
wonnene Zusammenhang seine
Gliederung durch die breiten
Gurtbögen, welche die Unter-
stützung des Daches über-
nommen haben. Sie wieder-
holen sich an der Eintritts-
und Ausgangswand und schaf-
fen aus der Mitte einen beson-
deren Abteil. Diese vier Halb-
kreisbögen mit ihrer weiten
Spannung sind als die beherr-
schenden Linien klüglich iso-
liert. Neben ihnen kommen
zur Geltung noch die vier
Türen, welche portalartig über-
höht sich der Wandhöhe an-
passen.

Die Farbenstimmung ist
ein graues Blau mit gedämpf-
tem Gold. Das letztere kommt
in dem Ornament zum Wort,
das als vielfache Wiederholung
von Kranzarrangements, Zier-
lorbeeren und Scheinsäulen
dem traditionellen Ornament-
schatz entnommen ist. In der
Anordnung wirkt es modern,
da es nicht nach dem Her-
kommen, sondern nach den

Bedingungen der gegenwär-
tigen Architektur verteilt
wurde. Vielleicht ist in der
Menge des Zierats eine von
den Konzessionen zu er-
blicken, die dem bestehenden
Gebäude zu machen waren.
Dem Zweck hätte vielleicht
eine größere Beschränkung
noch besser entsprochen. Denn
dem Gemälde und noch mehr
einer größeren Anzahl von
Gemälden wird immer mit der
ruhigsten Umgebung am besten
gedient sein. Sie darf dabei
natürlich nicht ärmlich wirken.
Aber es hieß eben nicht ein
neues Gebäude errichten, son-
dern einem in manchen Teilen
mit Schmuck überhäuften
Hause einen dominierenden
Mittelpunkt zu schaffen, der
sich auch nicht allzu revolu-
tionär durch die Art seines
Ornaments und seiner Linien-
führung als modern auszeich-
nen durfte. Wenn nach dieser
Erwägung der neue mit dem
bisherigen Ehrensaal verglichen
wird, so ist die Größe des
Fortschritts klar. Ich spreche
nicht nur von der Billigkeit
der Dutzend-Barockarchitektur,
mit welcher bisher an dieser
Stelle geprunkt wurde, während
nun ein wirkliches Gefühl für
Liniensprache gezeigt wird.
Ich weise grade auf die so
vermehrte Angemessenheit der
Maßstäbe in den Ornamenten.
In den Eingangssälen drängt
sich alles vor, will allein
durch seine Dimensionen et-
was bedeuten, während der
Zierat Balckes durch verhält-
nismäßige Kleinheit der mei-
sten Einzelformen, besonders
aber durch Wiederholung
des Gleichen zurückhaltend
gemacht wird.

ARBEITEN DER
STEGLITZER
WERKSTATT,
KISSEN, KRA-
GEN- UND

MANSCHETTEN-
TASCHE
SCHLIPS VON
KLARA MOLLER-
COBURG
 
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