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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 17.1905-1906

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Vitry, Paul: Die Sammlung Emile Peyre im Museum für dekorative Künste in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.4870#0082

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OBERE PARTIE EINES SCHRANKES AUS DER ZEIT HEINRICHS II.

DIE SAMMLUNG EMILE PEYRE
IM MUSEUM FÜR DEKORATIVE KÜNSTE IN PARIS

Von Paul Vitry in Paris

ICH hatte bereits früher die Wiedereröffnung und
die neue Einrichtung des Museums des Zentral-
verbandes für dekorative Künste in Paris ange-
zeigt. Desgleichen hatte ich betont, welche Ergän-
zung diesem Museum, das schon an sich sehr be-
deutend war, die Sammlungen gebracht haben, die
ihm jüngst der Architekt Emile Peyre vermacht
hat. Heute möchte ich vor allem eine gewisse An-
zahl von Stücken dieser bedeutenden Serien vor-
führen, die aus den wertvollsten herausgesucht sind,
sowohl hinsichtlich ihrer historischen, wie ihrer künst-
lerischen Bedeutung.

Während seiner langen Tätigkeit als Innenarchitekt
hatte Emile Peyre eine Anzahl von unschätzbaren
Dokumenten vereinigt, die ihm als Modell dienten
für die Restaurierungen und Ergänzungen, die er in
dem Geschmack, der während der letzten Hälfte des
Jahrhunderts herrschte, für die Wiederherstellung von
Interieurs im Stil der Gotik oder Renaissance ausführte.
Diese Modelle, die mit sehr sicherem Geschmack und
einer wahren Begeisterung für die schöne alte Arbeit
ausgeführt waren, die dazu schließlich der einzige
Vorwand geworden war, sind aus den Überresten
gesammelt worden, die die Zeitentwickelung und Verfall
zu Ruinen gemacht, die die freiwilligen Zerstörungen,
die Veränderungen des Geschmacks und der Mode

Kunst^ewerbeblalt. N. F. XVII H. 4

überall ein wenig zerstreut haben, und die zu unsererZeit
die Kuriositätenhandlung allmählich aufgespeichert hat,
oder besser, sie sind durch ein sehr bedauernswertes
Schicksal von der Stelle selbst, wo sie die Jahrhun-
derte hindurch gestanden haben, weggerissen worden.
Sicherlich können sich der Historiker und der Lieb-
haber des Malerischen über diese Zerstörungen der
Altertümer beklagen, die fortwährend noch jeden Tag
vor unseren Augen geschehen. Aber man muß auch
bedenken, daß das Leben selbst sich verändert. Ein
ehemals dem luxuriösen Leben vorbehaltenes Stadt-
viertel wird Industriebezirk. Manche alte Wohnung, ehe-
mals prächtig geschmückt, ist durch die Umstände
zum Logis der armen Leute geworden, und der alte
erlesene Schmuck zerfällt langsam, wenn nicht ein
Liebhaber oder ein Kaufmann ihm ein ehrenwerteres
und glücklicheres Schicksal bereitet. Dies war das
Geschick der zahlreichen Holzbekleidungen, die mit
der Zeit bei Emile Peyre ihren Schutz suchten. Es
wäre sicher besser, wenn man sie in dem Milieu
sähe, für das sie geschaffen wurden, aber das Schicksal
wollte meistens, daß sie entfernt wurden, und man
muß sich trösten, weil wir die Freude haben, sie
heute in einem öffentlichen Museum betrachten zu
können, wo sie allen ebensosehr zum Vergnügen
wie zur Belehrung dienen.

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