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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 17.1905-1906

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Pazaurek, Gustav E.: Die Dresdener Ausstellung: durch die rosige und durch die schwarze Brille gesehen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4870#0273

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240 BEMERKUNGEN ZUR 3. DEUTSCHEN KUNSTGEWERBEAUSSTELLUNG DRESDEN 1906

Albin Müller, der inzwi-
schen nach Darmstadt be-
rufen wurde.

Durchaus zu billigen
ist es, wenn als ruhender
Pol in der Erscheinungen
Flucht, als Gradmesser
zwischen alter und neuer
ästhetischer Kultur unter
dem Sammelnamen »Tech-
niken« auch dem alten
Kunstgewerbe ein breiter
Raum gewährt war. Um
diese Abteilung nicht nur
mit unfehlbarer Treffsicher-
heit zusammenzubringen
(mancheFälschungen fallen
nicht auf das Konto der
Veranstalter), sondern sie
auch in mustergültiger
Weise aufzustellen und
genießbar zu machen,
konnte man jedenfalls
keine geeignetere Persön-
lichkeit finden als Karl Koetschau, einen der ersten
Museumsdirektoren, die Deutschland zur Zeit besitzt.

Auch die Abteilung der Volkskunst, die dem
Professor O. Seyffert-Dresden ihr Dasein verdankt, ist
nicht fehl am Ort. Ja, nur durch den Zusammenhang
mit alten bodenständigen Überlieferungen, die uns
hier in reicher Fülle geboten werden, lernen wir
einzelne Leistungen moderner Raumkünstler, besonders
aus Niederdeutschland, erst recht verstehen.

Daß man auch vom kunstgewerblichen Nachwuchs
das Beste hoffen kann, zeigt uns die Ausstellung der
Schalen, die sich an die Gruppe der Volkskunst an-
schließt. Was in dieser Hinsicht namentlich die An-
stalten von Düsseldorf, Krefeld, Magdeburg, Elber-
feld und Barmen geboten haben, übersteigt weit das
Maß, was man sonst in Schulausstellungen zu sehen
gewohnt ist. Alle Achtung!

Glasierte Tonwaren von Max Neumann-Bürgel bei Jena

Aus den keramischen Kunstwerkstätfen von Richard Mutz-Berlin
Keramische Gebrauchsgegenstände in praktischer Form

Ob die Ausstellung auch an einem anderen Orte
so gut ausgefallen wäre? Man wird diese Frage nicht
ohne Zögern mit ja beantworten können, denn selbst
unsere größten Residenzen verfügen nicht so bald
über eine so ausgezeichnete und in Ausstellungs-
angelegenheiten so gut eingearbeitete Schar von Ar-
rangeuren, wie sie in Dresden fast dutzendweise zu
finden sind.

Ist trotz alledem die heurige Dresdener Ausstellung
nur eine Quelle ungetrübter Freude und ungestörten
Genusses? Bietet dieses Unternehmen, zu dem ein
gewiß^ nichts weniger als gelungenes Plakat einlädt,
nicht nur den Ausstellungsausschüssen, die gewiß
redlich und aufopfernd gearbeitet haben, sondern auch
uns eine Veranlassung, uns stolz in die Brust zu
werfen in der Überzeugung, wie herrlich weit wir
es mit unserem Kunstgewerbe gebracht haben? —

Setzen wir doch einmal die
schwarze Brille auf und fangen
wir zu nörgeln an, und zwar
recht laut und vernehmlich;
denn wer nicht bei einem
solchen Anlasse nörgelt, son-
dern sich mit dem Erreichten
zufrieden gibt, sehnt sich
nach keiner Besserung, nach
keinem Fortschritt.

Vor allem müssen zwei Be-
hauptungen, die man in der
letzten Zeit wiederholt hört,
ad absurdum geführt werden,
nämlich die, daß (natürlich ab-
gesehen von den»Techn i ken «)
den historischen Stilarten kein
Raum vergönnt und ferner, daß
nirgends dem MaterialZwang
angetan worden sei. Beides
 
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