DIE ENTWICKELUNG DES KUNSTGEWERBES IN ELSASS LOTHRINGEN SEIT 1870 219
Elchinger, Sufflenheim
Arbeit der Künstler appellieren. Und auf diesem Ge-
biete haben wir heute die unbestrittenen Früchte
schmerzlicher, aber überwundener Tage, starke Garan-
tien der unbeschädigten Individualität besonders auf
dem Gebiete der bildenden Kunst und des Kunstge-
werbes.
Nach den politischen Umwälzungen der siebziger
Jahre gingen während zweier Jahrzehnte die elsässischen
bildenden Künstler jüngerer Generation (die ältere
war nach dem Krieg größtenteils ausgewandert),
ohne Organisation, ohne deutlichen Ziele ihre eigenen
Wege. Schaufenster von Einrahmegeschäften und Buch-
handlungen boten den einzigen permanenten Ausstel-
lungsplatz, der zur Verfügung stand, und der Markt
war durchaus zersplittert. Das Publikum deckte seinen
Bedarf an Kunstgegensfänden in den Pariser Salons
oder in den dreijährig
wiederkehrenden Ausstel-
lungen der Mülhauser und
Straßburger »amis desarts«
Allmählich gruppieren sich
indessen die führenden Ele-
mente, man verlangt Spiel-
raum. In einer Kunst-
handlung richtet die »El-
sässische Rundschau«unter
der Leitung des später
noch öfters als geschickter
und rühriger Organisator
auftretenden Malers Gustav
Stoskopf Mitte der neun-
ziger Jahre einen Kunst-
salon ein, der Bilder, plasti-
sche Werke und Erzeug-
nisse des elsässischen
Kunstgewerbes vereinigt.
Im Jahre 1898 bringt der
Maler Spindler, der ver-
dienstvolle Gründer der
» Elsässischen Bilderbogen«
(zusammen mit Josef Sattler, EicMnger, Sufflenheim
Töpferarbeiten
1893) seine ersten Intarsien in eine von der Mülhauser
Künstlervereinigung »Palette« veranstaltete Ausstel-
lung. Die Spindlerschen Intarsien, Szenen aus dem
Leben, in plakatartiger, durchaus modern-dekorativer
Auffassung, in Form gerahmter Panels, fanden auf
dieser Ausstellung ungeteilte Anerkennung und auch
der finanzielle Erfolg blieb nicht aus. Hiermit war
für Spindler der erste Schritt zu seiner überaus segens-
reichen Tätigkeit im Kunstgewerbe getan. Seiner
Anregung folgten andere Künstler, die einsahen, daß
man in einen nach gesunden Anschauungen erdachten
kunstgewerblichen Entwurf zu mindest ebensoviel
Kunst legen kann wie auf ein mehrere Quadratmeter
großes Staffeleibild. Spindler ging selbständig weiter,
nachdem er vorerst mit dem bewanderten, für moderne
Anschauungen und Grundsätze empfänglichen (was
das heißt, weiß jeder zu
schätzen, der mit einem
nicht so veranlagten Kunst-
handwerker zu tun hatte)
Kunsfschreiner J. J. Graf
in Gebweiler zusammen-
gewirkt hatte. In Mitarbeit
mit Graf brachte ihm sein
Musikzimmer in Paris die
höchste Auszeichnung.
Später gründete er in dem
idyllisch gelegenen St.
Leonhard am Fuße des
Odilienberges, wo schon
die »Bilderbogen« ent-
standen waren, eine eigene
Werkstatt. Hier in stiller
Abgelegenheit entstehen
die Werke Spindlers, Ent-
würfe für Innendekoration
und fertige Möbel, deren
Formen einen Geist zeigen,
der der Schablone Feind
ist, der einfachen, sinn-
gemäßen Formen mit ge-
32*
Glasierte Tonfigur
Elchinger, Sufflenheim
Arbeit der Künstler appellieren. Und auf diesem Ge-
biete haben wir heute die unbestrittenen Früchte
schmerzlicher, aber überwundener Tage, starke Garan-
tien der unbeschädigten Individualität besonders auf
dem Gebiete der bildenden Kunst und des Kunstge-
werbes.
Nach den politischen Umwälzungen der siebziger
Jahre gingen während zweier Jahrzehnte die elsässischen
bildenden Künstler jüngerer Generation (die ältere
war nach dem Krieg größtenteils ausgewandert),
ohne Organisation, ohne deutlichen Ziele ihre eigenen
Wege. Schaufenster von Einrahmegeschäften und Buch-
handlungen boten den einzigen permanenten Ausstel-
lungsplatz, der zur Verfügung stand, und der Markt
war durchaus zersplittert. Das Publikum deckte seinen
Bedarf an Kunstgegensfänden in den Pariser Salons
oder in den dreijährig
wiederkehrenden Ausstel-
lungen der Mülhauser und
Straßburger »amis desarts«
Allmählich gruppieren sich
indessen die führenden Ele-
mente, man verlangt Spiel-
raum. In einer Kunst-
handlung richtet die »El-
sässische Rundschau«unter
der Leitung des später
noch öfters als geschickter
und rühriger Organisator
auftretenden Malers Gustav
Stoskopf Mitte der neun-
ziger Jahre einen Kunst-
salon ein, der Bilder, plasti-
sche Werke und Erzeug-
nisse des elsässischen
Kunstgewerbes vereinigt.
Im Jahre 1898 bringt der
Maler Spindler, der ver-
dienstvolle Gründer der
» Elsässischen Bilderbogen«
(zusammen mit Josef Sattler, EicMnger, Sufflenheim
Töpferarbeiten
1893) seine ersten Intarsien in eine von der Mülhauser
Künstlervereinigung »Palette« veranstaltete Ausstel-
lung. Die Spindlerschen Intarsien, Szenen aus dem
Leben, in plakatartiger, durchaus modern-dekorativer
Auffassung, in Form gerahmter Panels, fanden auf
dieser Ausstellung ungeteilte Anerkennung und auch
der finanzielle Erfolg blieb nicht aus. Hiermit war
für Spindler der erste Schritt zu seiner überaus segens-
reichen Tätigkeit im Kunstgewerbe getan. Seiner
Anregung folgten andere Künstler, die einsahen, daß
man in einen nach gesunden Anschauungen erdachten
kunstgewerblichen Entwurf zu mindest ebensoviel
Kunst legen kann wie auf ein mehrere Quadratmeter
großes Staffeleibild. Spindler ging selbständig weiter,
nachdem er vorerst mit dem bewanderten, für moderne
Anschauungen und Grundsätze empfänglichen (was
das heißt, weiß jeder zu
schätzen, der mit einem
nicht so veranlagten Kunst-
handwerker zu tun hatte)
Kunsfschreiner J. J. Graf
in Gebweiler zusammen-
gewirkt hatte. In Mitarbeit
mit Graf brachte ihm sein
Musikzimmer in Paris die
höchste Auszeichnung.
Später gründete er in dem
idyllisch gelegenen St.
Leonhard am Fuße des
Odilienberges, wo schon
die »Bilderbogen« ent-
standen waren, eine eigene
Werkstatt. Hier in stiller
Abgelegenheit entstehen
die Werke Spindlers, Ent-
würfe für Innendekoration
und fertige Möbel, deren
Formen einen Geist zeigen,
der der Schablone Feind
ist, der einfachen, sinn-
gemäßen Formen mit ge-
32*
Glasierte Tonfigur