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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0087

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

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Protzentum zur Schau getragen; wir haben unsere Ge-
brauchsgegenstände ausgestattet, als ob es sich um große
Kostbarkeiten handelte, als ob wir selbst Millionäre und
Fürsten wären. Freilich, das verwandte Material war —
Surrogat, es war oft genug so minderwertig, daß es einer
Ornamentierung überhaupt gar nicht wert war. Statt eines
einfachen, aber gut gearbeiteten Halblederbandes glänzte
man mit einem nVcrlegerprachtbande*, einem erbärmlichen
Machwerke aus gepreßtem Kaliko mit viel Gold und Farbe.
— Wir Handwerker müssen nicht mit Ausnahmen, wir
müssen mit dem täglichen Bedürfnis rechnen; wir müssen
eine sichere brauchbare Handwerkskunst haben, dann fällt
uns das Kunsthandwerk von selbst in den Schoß; experi-
mentieren mit dem Oelde unserer Besteller sollen und
und wollen wir nicht.« (Im Anschluß hieran sei mitgeteilt,
daß die Berliner »Buchbinder-Innung« vom 2.—17. Mai
1908 in den Gesamträumen der Philharmonie eine große
Fachausstellung veranstalten wird — wieder eine Gelegen-
heit zu zeigen, daß das Handwerk zur Besinnung gekom-
men ist).

Ist es auch gute Qualität? Dr. Paul Krals in Tü-
bingen schreibt dem »Publikum« in den »Grenzboten« einen
offenen Brief und fordert es auf »zum Kampf gegen die
unechten Farben unserer Stoffe«. Folgende Stelle ist auch
typisch für den bedauernswerten Tiefstand der Kenntnis
unserer Verkäufer über ihre eigene Ware, die sie mit ein
paar schalen und für verständige Käufer so überaus ärger-
lichen Redensarten zu »empfehlen« pflegen: »Wenn wir
einen Stoff kaufen und einmal ausnahmsweise darauf aus
sind, etwas recht Gutes zu kaufen, dann fragen wir ge-
wöhnlich, ob es auch eine gute »Qualität« sei. Selbstver-
ständlich versichert uns der Verkäufer, daß die Qualität
vorzüglich sei, und wir geben uns zufrieden. Aber was
wir eigentlich damit meinen, wissen wir gar nicht, denn es
fehlt uns sowohl an der Kenntnis, eine Qualität zu be-
stimmen, als auch am richtigen Verständnis des Wortes.
Der Verkäufer versteht unter einer besseren Qualität ge-
wöhnlich eine schwerere Ware (die auf den Quatrattneter
mehr Gewicht, mehr Faserstoff oder auch mehr Beschwe-
rung ['] enthält), aber weitaus in den meisten Fällen ist
die »bessere« Qualität genau so gefärbt und aufgeputzt,
wie die geringere. Wir dürfen uns also nicht damit zu-
frieden geben, nur nach Qualität einzukaufen, wir müssen
weiter, genauer fragen und werden dann in den meisten
Fällen finden, daß der Verkäufer verlegen wird, denn auf
solche Fragen ist er nicht vorbereitet, weil sie fast nie an
ihn gestellt werden. Es wäre so, wie es jetzt steht, unnütze
Mühe für ihn, sich genau zu unterrichten, wie echt die
Waren sind, die er verkauft. Hat schon jemand einen
Verkäufer gesehen, der mit seinen Waren Waschproben
oder gar Belichtungsproben macht? Ich nicht«.

PREISAUSSCHREIBEN

Ausschreiben für Entwürfe von künstlerischer
Innenausstattung für eine Ausstellung Im März 1908
im Kunstgewerbe-Museum zu Leipzig. Auf Grund
einer Anregung der Gewerbekammer in Leipzig werden
Künstler und Gewerbetreibende im Bezirke der Gewerbe-
kammer Leipzig aufgefordert zu einer Ausstellung von Ent-
würfen für Innendekoration. Durch das Ausschreiben soll
der Versuch gemacht werden, die Anwendung gewisser
gewerblicher Techniken in der Innenausstattung vorzuführen,
die infolge der neuzeitlichen Geschmacksveränderungen nur
noch im geringen Maße oder gar nicht mehr zur Verwendung
gelangen. Zunächst sollen die Arbeiten der Posamentiere,
Tapezierer, Drechsler, Holzbildhauer und Stukkateure Be-

rücksichtigung finden. Die Beteiligung kann erfolgen durch
Entwürfe oder ausgeführte Einzelarbeiten, die in einer auch
dem bestellenden Laien deutlichen Weise zeigen, wie die
oben bezeichneten Gewerbe bei der Ausstattung moderner
Räume gut bürgerlichen Zuschnittes zweckentsprechende
Verwendung und lohnende Beschäftigung finden können.
Für die Teilnahme an dieser Vorführung gelten folgende Be-
stimmungen: 1. Die Einsendung der Arbeiten hat bis
25. Februar 1908 zu erfolgen; 2. der Hin- und Rücktransport
erfolgt auf Kosten und Gefahr der Einsender. Die zweck-
dienliche Aufstellung im Ausstellungsräume übernimmt der
Kunstgewerbeverein, soweit größere Objekte nicht in Frage
kommen; 3. die Einlieferung und Ausstellung der Arbeiten
erfolgt unter voller Namensnennung der Verfertiger; 4. die
Arbeiten und Entwürfe sollen im Kunstgewerbe-Museum
zu Leipzig öffentlich ausgestellt und die besten in einer
Auswahl veröffentlicht und besprochen werden; 5. eine
Anzahl der künstlerisch wertvollsten und zugleich dem vor-
liegenden Zwecke am besten entsprechenden Arbeiten sollen
durch eine Beurteilungskommission ausgewählt werden.
Die durch die Auswahl Ausgezeichneten sollen Entschädi-
gungen bis zu 200 Mark im einzelnen Falle erhalten. — Die
Gewerbekonimission erblickt in dieser Veranstaltung eine
künstlerische Anregung für die eingangs bezeichneten Ge-
werbe und für das bestellende Publikum. Um dieser Aus-
stellung von vornherein eine gewisse künstlerische Höhe zu
sichern, hat sich die Kommission an die im gegenwärtigen
Kunstgewerbe führenden Künstler mit der Bitte um Be-
teiligung an der Ausstellung gewandt. Dieser Aufforderung
sind in dankenswerter Weise gefolgt die Herren: Prof. Peter
Behrens, Düsseldorf; W. v. Debschitz, München; Stadtbaurat
Hans Erlwein, Dresden; Prof. Karl Groß, Dresden; Prof.
Otto Gußmann, Dresden; Erich Kleinhempel, Dresden;
Prof. Wilh. Kreis, Dresden; Architekten Lossow & Kühne,
Dresden; Prof. J. Olbrich, Darmstadt; Prof. Fritz Schumacher,
Dresden; Prof. Henry van de Velde, Weimar; Hch. Vogeler,
Worpswede; Rudolf Wille, Berlin; und so steht zu erwarten,
daß dank dieser künstlerischen Unterstützung das Unter-
nehmen den gewünschten Erfolg finden wird. Zur Be-
teiligung an diesem Ausschreiben werden Anmeldungen
bis zum 1. Februar 1908 erbeten, geeignete Formulare
hierzu wie auch Exemplare dieses Ausschreibens sind durch
die Expedition des Kunstgewerbe-Museums kostenlos zu er-
halten.

Leipzig. Mit Unterstützung des Kgl. Ministeriums
und unter der Förderung der Frau Kronprinzessin Cecilie
von Preußen und der Frau Prinzessin Johann Georg von
Sachsen hat die Kgl. Akademie für graphische Künste und
Buchgewerbe in Leipzig nunmehr das bereits angekündigte
(vergl. die Dezember-Nummer dieses Blattes) Preisaus-
schreiben für künstlerische Besuchskarten erlassen. Es sind
sowohl bloße Entwürfe (nicht Skizzen) als auch ausgeführte
Arbeiten in Radierung, Kupferstich, Lithographie, Holz-
schnitt, Zinkätzung, Buchdruck usw. zugelassen. Alle Künst-
ler deutscher Reichsangehörigkeit können sich beteiligen.
Für Preise stehen 4200 Mark zur Verfügung. Dem Preis-
gericht gehören an: J. V. Cissarz, Prof. Julius Diez, Prof
Franz Hein, Prof. Graf von Kalckreuth, Prof. Dr. Max
Klinger, Prof. Max Seliger, Geh. Reg.-Rat Stadler, Hans
Volckmar, Dr. Ludwig Volkmann, Dr. Erich Willrich. Zwei
Entwürfe (je drei Preise) sind für die beiden Prinzessinnen
bestimmt und gehen in deren Besitz über; die übrigen Ent-
würfe bleiben Eigentum der Künstler, werden aber vom
deutschen Buchgewerbeverein ein Jahr lang in deutschen
Städten ausgestellt. Einlieferung bis 75. April igo8 an die
Kgl. Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe
in Leipzig, Wächterstraße II, wo auch Auskünfte und Pro-
spekte zu haben sind.
 
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