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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Ein Versuch zur künstlerischen Belebung des Gewerbes
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Stettner, Thomas: Ein Stück Selbstbiographie Bernard Palissys
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0161

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Entwürfe von Erich Kleinliempel, Dresden

EIN STÜCK SELBSTBIOGRAPHIE BERNARD PALISSYS

Von Dr. Thomas Stettner

Man wird nicht müde, Biographien zu lesen:
denn man lebt mit Lebendigen. Die Ge-
schichte, selbst die beste, hat immer etwas
Leichenhaftes, den »Geruch der Totengruft«. Die
Wahrheit dieser seiner Bemerkung konnte Goethe
durch nichts schlagender beweisen, als durch die
Übersetzung der Selbstbiographie Cellinis, denn in
ihr zieht die ganze große Zeit der Renaissance in
plastischer Lebendigkeit an uns vorüber, ihre Höhen
und Tiefen, Licht und Schatten in ihr werden uns
in einer oft erschreckenden Wahrheit geschildert, daß
es uns ist, als hätten wir jene Zeit selbst miterlebt.
Was Cellini auf dem Gebiet der Arbeiten aus Metall,
das war auf dem Gebiet der Töpferei sein Zeitgenosse
Palissy, ein Schöpfer von Werken von unerreichter
Schönheit und ein bahnbrechender Entdecker in der
Technik seiner Kunst. Er teilt mit jenem das Schick-
sal eines reich bewegten Lebens, das ihn aus Not
und Armut zum Liebling der Fürstenhöfe erhob, um
ihn dann in der Bastille enden zu lassen; aber wäh-
rend wir in Cellini den stürmischen, gewalttätigen

Sohn einer rücksichtslos sich auslebenden Zeit vor
uns sehen, ist Palissy ein hoher, lauterer Charakter,
voll aufopfernder Hingabe an seine Idee, und mehr
der still für sich lebende träumerische Erfinder, da-
neben aber von unerschütterlicher Festigkeit der Über-
zeugung, die selbst den Drohungen des Todes sich
nicht beugt.

Leider hat er uns sein Leben nicht selbst beschrie-
ben, doch besitzen wir wenigstens über die bedeu-
tendste Zeit desselben seinen Bericht: eine Schilderung
des dornenvollen Weges, auf dem er unter Not und
Entbehrungen, verlacht und angefeindet, sein Ziel,
die Erfindung einer neuen Kunst, erreichte. In ein-
fachen Worten, gleich weit von Prahlerei wie von
unwahrer Bescheidenheit entfernt, ist dies alles ge-
schildert, aber seine schlichte Beredsamkeit ergreift
und fesselt uns mehr, als die glänzendste Darstellung
tun könnte, da wir überall den für seine Idee be-
geisterten Künstler heraushören und einen Menschen
von so hoher Herzens- und Geistesbildung, daß er
zu den anziehendsten Gestalten seiner Zeit gehört.
 
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