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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0206

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

ZEIT- UND KULTURFRAGEN

Sportpreise. Die künstlerische Ausstattung, oder
besser zu sagen: Gestaltung, der Ehrenpreise bei sportlichen
Veranstaltungen stößt auf ganz besonderen Widerstand,
nicht etwa bei den Kunsthandwerkern und Fabrikanten,
sondern bei den »Komitees« und bei den Gewinnern selbst.
Dem Aufwand an körperlichen Kräften bei der Durch-
führung des Sportes soll der prunkhafte Dekor des Preis-
objektes entsprechen. Dem Geschmack der Sportsleute
kommt also ein Gewinngegenstand am nächsten, wenn auf
ihm sich ziemlich alle ornamentalen Requisiten der Re-
naissance vereinigt finden. Der Bedarf an Sport-Ehren-
preisen wird so noch für lange Zeit in Geislingen gedeckt
werden; dagegen ist erst etwas zu machen, wenn die
ästhetische Kultur mehr in die tieferen Volksschichten ge-
drungen sein wird. Es liegt in dem Wesen der Sache,
daß die Verehrer der äußerlichen Kraftleistung auf eine
künstlerische Einwirkung am spätesten reagieren. Vorläufig
haben solche Versuche ein durchaus gegenteiliges Resultat
hervorgebracht. Die folgende »Erklärung« der Gruppe
»Angewandte Kunst« der Ausstellung »München 1908«
beleuchtet die augenblicklichen Zustände sehr deutlich:

»Die Preise, welche bei dem Preisreiten der Baye-
rischen Campagne-Reiter-Gesellschaft und beim Concours
Hippique von der Stadt München und der Ausstellung ge-
geben wurden, scheinen bei einem Teil der Preisträger
wenig Beifall gefunden zu haben. Dem gegenüber er-
scheint es notwendig, zu betonen, daß der Sportsausschuß
an der Gestaltung und an der Auswahl dieser Preise keine
Schuld hat. Er hat die Beschaffung der Preise den mit-
arbeitenden Künstlern übertragen und es hierdurch in
dankenswerter Weise ermöglicht, daß auch in dieser Sache
die bei der gesamten Ausstellung festgehaltenen Grund-
sätze gleichwertig durchgeführt werden konnten. Die Ver-
antwortung für die Gestaltung der Preise muß demnach
die Gruppe »Angewandte Kunst« tragen. Man könnte auch
sagen: Die Verantwortung darf diese Gruppe beanspruchen.
Denn es sind vortreffliche Arbeiten unter den gegebenen
Preisen und Erinnerungsgaben. Die erwähnten Erörterungen
haben Anlaß gegeben, zu versuchen, sämtliche Preise noch
einmal zusammen zu bekommen, um sie auszustellen; dann
wird es möglich sein, diese Behauptungen nachzuprüfen.
Freilich gehören geschulte Augen dazu, den feinen Reiz
der Linien an einer kleinen unscheinbaren Bronzearbeit
aus Künstlerhand, oder die Schönheit einer edlen Legierung,
oder das restlose Sichdecken der Form mit dem wertvollsten
Material an einem kleinen Becher aus reinem Gold nachzu-
fühlen. Weit leichter ist es, festzustellen, daß ein Pokal
infolge seiner Größe und seines Glanzes ,nach viel aus-
sieht', daß er viel Verzierungen und sehr ,sinnige' Bezie-
hungen hat. Es wäre ein großer Fehler gewesen, wenn
unterlassen worden wäre, gerade auf dem Gebiete der
Sportspreise gegen weitverbreitete Geschmacklosigkeit an-
zukämpfen.«

München. Das Künstler-Theater will an die Stelle
der alten Dekorationsmethode setzen: »Knappe, wirksame
Andeutungen, deren Effekt von einem Raumkü'nstler klug
berechnet wird; Andeutungen, die die Szene kräftig und
klar charakterisieren, aber nicht detailliert wiedergeben;
Andeutungen, deren Hauptfunktion darin besteht, durch
wenige Daten die Phantasie des Zuschauers anzuregen,

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damit sie ein volles, reines, makelloses Bild erschafft. Das
Künstler-Theater verzichtet auf die Seitendekorationen und
auf die Kulissen, weil sie nicht wesentlich zum Bühnen-
bilde gehören. Der Schwerpunkt der Milieustimmung liegt
hier auf dem von Künstlerhand gemalten Prospekt, dem
verschwenderische Lichtfluten die spröde Stofflichkeit neh-
men. Das Künstler-Theater verzichtet auf alle unnötigen
Requisiten und behält nur diejenigen bei, die die Dichtung
ausdrücklich vorschreibt und die zur Erzeugung des ge-
wünschten Raumeindruckes vonnöten sind.«

AUS DER GESCHICHTE DES KUNSTGEWERBES

Zur Geschichte der Tapete. Schon im 15. Jahr-
hundert wurde die Anregung zur Bekleidung der Wände
mit bedrucktem Papier durch holländische und britische
Seefahrer aus China, dem Wunderlande des Papiers, nach
Europa gebracht. Es waren bilderartige Bogen, mit denen
man dort die als Trennungswände dienenden Paravents
bekleidete, die man sich als Kuriosum mitbrachte, um sie
als Andenken an die überstandene gefahrvolle Fahrt in
der Schreibstube aufzuhängen. Bereits um 1600 stellten
die Pariser »Dominotiers« ihre Marmorpapiere her, die
hauptsächlich zum Bekleben der Truhen dienten, vielleicht
auch schon als Wandschmuck verwandt wurden. Als äl-
teste Urkunde über die Tapete betrachtet man, wie die
Hohe Warte berichtet, ein Patent vom 21. Mai 1634, wel-
ches Karl I. einem Jerome Lanyer zu London ausstellte.
Dieser nannte sein Fabrikat in bezug auf seine westöst-
lichen Beziehungen »Londoindiana«. Nach Überlieferun-
gen soll bereits 1620 ein Scheidenmacher, namens Fran-
cois, zu Rouen vermittels Schablonen Tapeten hergestellt
haben. Den eigentlichen Tapetendruck vermittels gravierter
Nadeln wandte zuerst Jean Papillon zu Rouen 1688 an.
Bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der Tapeten-
druck rein handwerksmäßig hergestellt; Fabriken entstanden
erst zu jener Zeit in England und Frankreich. Louis XVI.
interessierte sich außerordentlich für die Tapetenfabrikation
und wandelte das bedeutendste Etablissement der Art, die
Tapetenfabrik Reveillons, 1784 zur Kgl. Tapetenmanufaktur
um. Diese beschäftigte gegen 300 Arbeiter, und bedeu-
tende Künstler, wie Fay, Huet, Prieur, Dessais, J. L. David,
der spätere glühende Revolutionär, lieferten für sie die Ent-
würfe zu herrlichen Tapeten. Leider war die Blütezeit der
Kgl. Tapetenmanufaktur nur kurz; sie wurde am 14. Juli
1789, dem Tage der Bastillenerstürmung, geplündert und
demoliert.

Die Patina auf den Bronzen der italienischen Re-
naissance. Ein schwärzlicher und undurchsichtiger Lack,
der mit dem Pinsel aufgetragen wurde, war, wie Geheimrat
Dr. Bode in den »Amtlichen Berichten« ausführt, in Italien
zur Patinierung allgemein in Gebrauch, bis Gian Bologna
durchsichtigen bräunlichen Lack einführte, neben dem die
Benutzung des älteren Lacks sich aber noch lange erhielt.
»Doch war dieser auch im Quattrocento, obgleich weitaus
das gebräuchlichste Mittel, nicht die einzige Art der künst-
lichen Patinierung. Daneben findet sich gelegentlich eine
Patinierung durch pastosen Auftrag einer undurchsichtigen
grünen Farbe (?), die die Patina der antiken Bronzen nach-
ahmt, wie sie sich in der Erde zu bilden pflegt. Daß diese
ein ursprünglicher Auftrag ist, hat man lange verkannt und
hat sie daher zumeist ganz oder teilweise abzuputzen ge-

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