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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Gross, Karl: Gestaltungsunterricht und Volkserziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0068

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WETTBEWERBE DES DRESDENER KUNSTGEWERBEVEREINS

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Einfache Altargeräte in Silber zum Preise von ca. 500 M. (Handarbeit) Entwurf: Rud. Born; Ausführung: Goldschmied Roesner-Dresden

GESTALTUNOSUNTERRICHT UND VOLKSERZIEHUNG

UNTER Gestalten in der Schule verstehe ich alles, was heute als Handfertigkeits- oder Zeichenunterricht
versucht und gelehrt wird. Auch der Sprachunterricht kann gestalten. □

Wohl mancher wird zunächst fragen, darf man denn diese beiden Worte: Gestaltungsunterricht und
Volkserziehung so ohne weiteres gleichwertig zusammenkoppeln? Volkserziehung ist doch etwas ungeheuer
Wichtiges, Umfassendes und der Gestaltungsunterricht ist daneben doch von recht untergeordneter Bedeutung,
wie ja auch aus den Unterrichtsplänen unserer allgemeinbildenden Schulen zu ersehen ist? D

□ Diese Auffassung ist allerdings leider daraus zu ersehen, daß sie aber unzutreffend ist im Hinblick
auf unsere ganze Volkserziehung, das möchte ich im folgenden beweisen. □
'□ Wenn man erziehen will, muß man sich zunächst klar sein, wo Mängel sind, und dann muß man
den Unterricht so einrichten, daß diese Mängel auch wirklich und wahrhaftig behoben werden. □

□ Das klingt zwar selbstverständlich, aber was ein richtiger, eingefleischter Schulmeister ist, der bringt auf
unserem Gebiete mit der schönsten Methode oft gerade das Gegenteil fertig, weil es hier nicht auf das
beliebte Wissen, sondern auf das richtige Empfinden ankommt. D
D Worin liegen nun die großen Mängel unserer Zeit, welche für die Volkserziehung berücksichtigt
werden müssen und wodurch können sie behoben werden? D
o Wir alle wissen, daß unsere Zeit an einem Materialismus krankt, der eine Veräußerlichung aller Genüsse
zur Folge hat, der den materiellen Besitz als Höchstes preist, ohne dadurch je befriedigt zu werden. □

□ Wir alle wissen, daß es demgegenüber unserem Volke an Innerlichkeit fehlt, an jener Gemütsbildung,
die sowohl den Einzelnen, als auch die ganze Nation innerlich zu befestigen imstande ist und die das ganze
Wirtschaftsleben mit solider Gesinnung durchdringen könnte.

g Unsere bisherige Erziehung war fast ausschließlich eine Erziehung des Verstandes, eine Erziehung

zum Wissen und Können. a

d Unsere deutsche Wissenschaft und Technik, auf die wir stolz sind, und die man uns neidet, sie ist

die Frucht dieser Erziehung. Aber das Empfindungsleben, die Seele des Volkes ist dabei leider verkümmert!
Welches sind nun die Mittel, welche die Volkserziehung uns in die Hand gibt, um hierin für die
Zukunft bessernd zu wirken? — Es sind dreierlei Mittel:

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