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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Hellwag, Fritz: Die Pforzheimer Schmuck-Industrie
DOI Artikel:
Seliger, Max: Zur Frage unserer deutschen Künstler-Fachschulen Anno 1908
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0093

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DIE PFORZHEIMFR SCHMUCK-INDUSTRIE







Zeichnerateliers, während der
Goldschmied diese Zeich-
nungen direkt, also meist ohne
Hilfsmodell, in die dritte Di-
mension zu bringen hat. Wie
es scheint, läßt sich das natür-
lichere Prinzip, daß der Ent-
werfende zugleich der Aus-
führende wäre, nicht verwirk-
lichen. Die große Ausdeh-
nung der Betriebe mag hier
hinderlich sein. Immerhin kann,
wie die Erfahrung lehrt, auch
auf die in der Praxis geübte
Methode ein künstlerisches Er-
gebnis erzielt werden. Doch
ist hierfür die unerläßliche Vor-
aussetzung, daß schon der ent-
werfende Zeichner ein sehr aus-
geprägtes Materialempfinden
und ein gutes Gefühl für die
farbige und körperlich-lineare
Wirkung des Gesamtstückes
besitzt. FRITZ HF.LLWAG.

Levinger & Blssinjjer, Silberschmuck

ZUR FRAGE UNSERER

DEUTSCHEN KÜNSTLER-FACHSCHULEN

ANNO 1908.

ANGESICHTS der Sorge der Regierungen, das
unheimliche Anwachsen der Ausgaben zu ver-
hindern, drängt sich einem Künstler auch die
Frage auf, ob wir so viele Kunstakademien, Kunst-
schulen und Kunstgewerbeschulen brauchen oder ob
wir sie gar für größere Schülermassen vermehren
sollten. d

o Wäre nicht ein gesunder Grundsatz auf diesem
Gebiete: Nicht mehr, sondern bessere Schulen? Ist
das Heer der Künstler und das Künstlerelend nicht
schon groß genug? a

Trotz des rapiden Anwachsens der Kunstausstel-
lungen, die nur die fähigere Hälfte der Schaffenden
zeigen, trotz der einzigartigen Denkmalslust ist nicht
genug Absatz für die gewaltige Quantität Kunstarbeit
bei der zu schnellen Fruchtbarkeit der viel zu Vielen!
Die Folge der vielen Schulen ist auch durchaus noch
nicht die durchschnittliche Qualität der Künstlerbildung
und der Kunstarbeit. Sie bewirkt wohl einen Reich-
tum an Richtungen, Arten und Zielen, aber gleich-
zeitig ein Streben vieler Unberufener nach halber
Tüchtigkeit und zu schneller Ausbildung. Durch
unsere vielen amtlichen und ungezählten privaten Mal-,
Zeichen- und Modellierschulen ist wohl das Interesse
für die Kunst gestiegen, aber der Respekt vor dem
Handwerk der Kunst und den Aufgaben der Kunst
auch gesunken. Trotz der enormen Vermehrung des
Malunterrichtes, durch den allein sich viele Künstler

über Wasser halten, weil sie nicht genug Aufträge
und Verkäufe haben, um davon leben zu können, ist
die Technik nicht rationeller und solider, eher leicht-
fertiger geworden. Der Staat legt leider auch zu
wenig Wert auf die technische Gesundheit der für
ihn geschaffenen Bilder — sonst müßten die Schüler
in den staatlichen Malschulen längst allesamt obli-
gatorischen Unterricht in Chemie und Physik und
Materialienkunde erhalten. Von den Mängeln der
Technik weiß die Gesellschaft zur Förderung rationeller
Malverfahren in München ein Klagelied zu singen.
Jüngst sagte mir Prof. Dr. Eibner vom Versuchslabo-
ratorium an der Kgl. Teclin. Hochschule in München,
»auch wenn die Farbstoffe und Bindemittel noch so
ehrlich und gut verfügbar sind, können sie doch noch
sehr unvernünftig und zu schlecht haltenden Malereien
verarbeitet werden.« D

a Wir könnten die behördlichen Schulen verbessern
durch höhere Anforderungen und engere Begrenzung
der Lehrprogramme, gemäß der im Orte ihres Wirkens
und ihrer Umgebung entwickelten Traditionen, Indu-
strien, natürlichen Hilfsquellen, oder der Vorzüge ihrer
Lage. Durch eine Art Spezialisierung würden viele
Schulen eher einen Charakter bekommen und sich
mit manchen Klassen nicht so vielfach wiederholen
und ablösen brauchen. Allerdings ist der bisherige
Modus für die Bürger einer Stadt sehr bequem. Es
spielen bei der bisherigen Entwickelung und bei
 
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