Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

DOI Artikel:
Moser, F.: Technolog. Sammlungen kunstgewerblicher Richtung, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0124

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
TECHNOLOG. SAMMLUNGEN KUNSTGEWERBLICHER RICHTUNG

AUS Anlaß eines von mir erstatteten Referates
gelegentlich des 18. Delegiertentages deutscher
.Kunstgewerbevereine in Hannover wurde ich
von der Redaktion des »Kunstgewerbeblattes« auf-
gefordert, photographische Aufnahmen aus der techno-
logischen Sammlung des Pfälzischen Gewerbe-
museums, soweit sie für kunstgewerbliche Kreise
Interesse haben, zur Reproduktion im »Kunstgewerbe-
blatt« zu überlassen und der Veröffentlichung einige
allgemeine Bemerkungen vorauszuschicken.

Nicht ganz ohne Bedenken komme ich der Auf-
forderung nach, weil ich mir wohl bewußt bin,
daß solche, aus einer einheitlichen Sammlung heraus-
geholte Einzelaufnahmen unmöglich ein anschauliches
Bild geben können, ja sogar zum Teil eine falsche
Vorstellung erwecken werden.

Von vornherein mußte für photographische Auf-
nahmen eine ganze Anzahl sogenannter »Werdegänge«
ausscheiden, weil sie in der Reproduktion die feineren
Unterschiede der einzelnen Stadien überhaupt nicht
erkennen lassen würden; andere Arbeiten wirken in
der Sammlung selbst weit interessanter als in der
Wiedergabe. Es kann also die Reihe der Repro-
duktionen lediglich als eine Anregung für Leiter und
Beamte kunstgewerblicher Sammlungen und Schulen
betrachtet werden, die etwa dazu führen könnte, daß
auch anderwärts, wo dies noch nicht geschehen ist, der
Versuch gemacht werde, junge Kunstgewerbler und
Laien durch ähnliche Zusammenstellungen zu belehren.

Ich halte es für sehr wichtig, daß in Gewerbe-
museen und Schulen die technologische Seite des
Gewerbes recht nachdrücklich zur Geltung kommt,
und erachte dies auch im Interesse der Kunstgewerbe-
treibenden für dringend wünschenswert. Man hat
daher am Pfälzischen Gewerbemuseum vor einigen
Jahren eine technologische Sammlung angelegt und
zwar unter besonderer Berücksichtigung auch kunst-
gewerblicher Techniken. Die Erfahrungen, die man
mit den Besuchern des Museums gemacht hat, sind
sehr ermutigend, denn es hat sich gezeigt, daß das
Publikum am längsten vor den Schränken dieser Ab-
teilung der Sammlungen verweilt, während es gegen-
über den alten kunstgewerblichen Erzeugnissen merk-
würdigerweise nie sehr warm zu werden pflegt.

Es sind in großen hellen Korridoren, die jeder-
mann ohne Formalitäten betreten kann, vorerst die
drei großen Gruppen Metall, Holz und Stein, für die
in der Pfalz das größte Interesse vorauszusetzen war,
mit den Unterabteilungen: Materialien, Konstruktionen
und Techniken vorgeführt.

So weist z B. die Gruppe Metall in erster Linie
die wichtigsten Erze und Metalle auf; in einem zweiten
Schrank befinden sich Proben von gewalztem Eisen,
Fa?on- und Ziereisen, sowie Mannesmannrohren, ge-
lochte, gestanzte und geprägte Bleche usw. Es sind
ferner Eisenverbindungen und Arbeitstechniken des
Bau- und Kunstschlossers, des Gürtlers, Z.seleurs und
Graveurs veranschaulicht und der Eisen- Bronze-,
Glocken- und Zinnguß durch Ausstellung der Formen
sowie roher und bearbeiteter Abgüsse deutlich vor
Augen geführt; es ist durch sogenannte »Werdegange«

Kunslgewerbeblatt. N. F. XX. H. 6

gezeigt, wie ein emailliertes Stahlblech-, ein Kupfer-
und ein Aluminiumgefäß, eine geprägte Medaille, ein
Tellerchen in emaille cloissonee, eine Kunstschmiede-
und eine Kupfertreibarbeit, Tauschierung, Metallätzung,
eine galvanoplastische Arbeit usw. entstehen.

Analog findet man in der Gruppe Holz wieder
eine umfangreiche Sammlung von Nutzhölzern der
ganzen Erde, sowie eine solche von rohen und
polierten Furnieren; ein Schrank zeigt in Modellen
die wichtigsten Holzkonstruktionen und -Verbindungen,
ein anderer Proben von gefrästem, gepreßtem, ge-
bogenem Holz, sowie des Koptoxyl- und Planoxyl-
verfahrens, interessante Kunstdrechslerarbeiten (Win-
dungen, Passig- und Kantigdreherei), »Werdegänge«
einer Holzschnitzerei, Intarsia, Reliefintarsia, einer
Tarkashi-, einer Xylektipomfüllung, von Holzspiel-
sachen usw.

Endlich sind in der Gruppe Stein die wichtigsten
Gesteine Europas (selbstverständlich auch aus der
»steinreichen« Pfalz), welche in Architektur, Gewerbe
und Kunst Verwendung finden, systematisch geordnet
vorgeführt; die schönsten Marmorarten sind in großen
polierten Tafeln, wichtige Sand- und Kalksteine auch
in verschiedenartig bearbeiteten Würfeln vorhanden.
Ein Kasten zeigt die Edelsteine und naturfarbige wie
künstlich gefärbte Halbedelsteine, ein Schrank enthält
Kunststeine bezw. Steinimitationen. Wichtige Stein-
konstruktionen und gewisse Techniken, wie Steindrehen
und -fräsen, sind durch verschiedene charakteristische
Beispiele in verschiedenem Gestein veranschaulicht.
Durch »Werdegänge« ist die Herstellung eines Sand-
steinkapiläls, die Steinmosaik, Steinätzung, Steinintarsia
sowie die Entstehung einer Kamee illustriert.

Für alle drei Gruppen gemeinsam sind Sammlungen
von solchen Werkzeugen für Metall-, Holz- und Stein-
bearbeitung deutschen, schweizerischen und amerika-
nischen Ursprungs ausgestellt, die nicht jedem Gewerbe-
treibenden bekannt sein dürften, auch ein geräumiger
Maschinen- und Werkzeugsaal mit Motoren, Arbeits-
maschinen und Apparaten neuerer Konstruktion ist ein-
gerichtet, dessen Ausstellung wechselt. —

Die Einrichtung einer technologischen Sammlung,
die sich innerhalb der durch die vorhandenen Mittel
gezogenen Grenzen mit geringeren oder größeren
Mitteln durchführen läßt, ist natürlich nur dort möglich,
wo Räume mit guten Lichtverhältnissen zur Verfügung
stehen, und nur dann zweckdienlich, wenn ihre Be-
sichtigung ohne Lösen einer Eintrittskarte oder Ein-
holen besonderer Erlaubnis möglich ist. Gutschließende
Glasschränke, Schutz vor Feuchtigkeit und Sonnen-
schein und gelegentliches Reinigen der Ausstellungs-
gegenstände bilden die Hauptfaktoren zur Konservierung
der letzteren; aufklärende Inschriften sind jedem ge-
druckten Katalog oder Führer vorzuziehen. —

Nach diesen kurzen allgemeinen Erläuterungen
bringen wir in mehreren Fortsetzungen siebzehn Repro-
duktionen aus der technologischen Sammlung des
Pfälzischen Gewerbemuseums in Kaiserslautern.

F. MOSER.

(Der Herr Verfasser wurde inzwischen als Direktor des Polytech-
nischen Zentralvereins nach Würzburg berufen. — Redaktion des Kg.-Bl.)
 
Annotationen