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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 21.1910

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Pudor, Heinrich: Zur Revision des deutschen Feingehalt-Gesetzes
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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4873#0207

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198

KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

Haltbarkeit der Ware auf dem Lager und leichtere Instand-
setzung; größere Widerstandsfähigkeit bestimmter Artikel
im Gebrauch; Vereinfachung der ganzen Fabrikation.«
Wenn nun durch die Erhöhung des Feingehaltes die Aus-
fuhr nach allen Staaten mit niedrigeren Feingehalten er-
schwert würde, so öffnet sich nach Meinung des Verfassers
die Frage, ob es sich empfehle, eine internationale Ver-
ständigung anzubahnen?1).

d Die Vorschläge des Verfassers für die Revision des
Feingehaltgesetzes sind daher im wesentlichen folgende:

a) § 1 und § 5 sind mit Negation zu versehen, derart,
daß Goldwaren nicht in jedem Feingehalt angefertigt
und gestempelt werden dürfen, nämlich nicht
unter 585 Tausendteilen; °

b) daß als Goldware »echt« nur eine mindestens 900
Tausendteile Gold enthaltende Ware gelten, daß als
Silber echt nur eine mindestens 950 Tausendteile

1) Auch der Silberwarenfabrikant Hofrat Peter Bruck-
mann in Heilbronn schrieb in der »Werkkunst« vom 1. Mai
1910: »Notwendig endlich auch ist, daß unsere Silberwaren
einen höheren Feingehalt bekommen, daß sie nicht immer
nur mit 800 Feingehalt, sondern ähnlich wie die englischen
mit 935 in den Handel kommen.«

Silber enthaltende Ware gelten, und daß nur solche
das offizielle Reichsstempelzeichen tragen dürfen; □

c) daß Goldwaren mit 750-900 Tausendteilen Gold
als >halbecht« und Dreiviertelgold, solche mit 500
— 750 als halbecht und Halbgold, solche mit 250-500
Tausendteilen als unecht und Viertelgold zu stempeln
sind, daß Silberwaren mit 750—950 Tausendteilen
Silber als halbecht und Dreiviertelsilber, solche mit
weniger als 750 Tausendteilen Silber als unecht ge-
stempelt werden müssen; n

d) daß in jedem Geschäft, welches Edelmetall waren,
echte oder halbechte, führt, 1. die hauptsächlichsten
Bestimmungen des Feingehaltsgesetzes an leicht
sichtbarerStelle angeheftet sein sollen; 2. derHändler
dem Käufer eine, das Gewicht und den Feingehalt
des verkauften Gegenstandes angebende Kaufs-
bescheinigung aushändigen soll, in welcher auch die
Material-Tagespreise und Arbeitspreise nach Innungs-
festsetzung vorgedruckt sind; 3. der Händler ein,
durch die Behörden zu kontrollierendes Register der
eingekauften und verkauften Edelmetalle führen soll;

e) daß ein Geschäft, welches echt Gold und echt Silber
zu gesetzlichen Feingehaltsgraden verkauft, überhaupt
keine unechte Ware anbieten darf und vice versa;

f) daß die Stempel in einer deutlicheren und leichter
erkennbaren Weise als bisher anzubringen sind, o



KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU







VOM DEUTSCHEN WERKBUNDE

□ Die drittejahresversammlung des deutschen Werk-
bundes, die vom 10.—12 Juni in Berlin stattgefunden
hat, war ein kleines Kunstwerk, denn sie hat in der glück-
lichsten Weise das Belehrende, Geschäftliche, mit der An-
schauung und dem Vergnügen verbunden. Es soll Leute
gegeben haben, die zuweilen von einer gelinden Schwäche
des Werkbundes für prinzipienschwangere Drucksachen
und theoretischen Wortreichtum sprachen. Diese Leute
wurden diesmal aufs angenehmste enttäuscht. Geredet
wurde nicht allzuviel und die Drucksachen beschränkten
sich auf die notwendigsten Mitteilungen in knappester Form.
Dafür wurden Taten, begonnene Lösungen zukunftsreicher
Probleme vorgeführt, die erstens zeigten, daß in der Reichs-
hauptstadt ein reges kunstgewerbliches Leben herrscht,
zweitens aber, daß der deutsche Werkbund sowohl bei Ver-
anstaltungen des Reiches entscheidenden Einfluß gewonnen
hat, als auch, daß er schon von unternehmenden Industrie-
zweigen um ästhetische Beeinflussung ersucht wird. Alles
bewies die steigende Bedeutung des D. W.-B. Das Pro-
gramm der dreitägigen Jahresversammlung war vom Direktor
Dr. Peter Jessen in wirkungsvoller Steigerung entworfen
und durchgeführt worden. o

□ Der erste Tag begann mit einer Besichtigung der neuen,
von Prof. Peter Behrens entworfenen Turbinenhalle und
anderer Fabrikgebäude der Allgemeinen Elektrizitätsgesell-
schaft, bei der Prof. Peter Behrens als der künstlerische
Beirat der A. E.-G. die Führung übernahm und die nötigen
Erläuterungen gab. Die Betriebe waren alle in voller
Tätigkeit und erweckten in den Besuchern eine Vorstellung
von dem erstaunlichen Umfang und von dem bis in die
kleinsten Einzelheiten durchgeführten Zusammenarbeiten
des einzigartigen Riesenunternehmens. Die ästhetische

Einwirkung des künstlerischen Beirates wurde in der monu-
mentalen äußeren Gestaltung der Gebäude und in der
geschmacklichen, künstlerischen Reinigung der Produktion
als bedeutsam anerkannt, und es kam den Beschauern nach-
drücklich zum Bewußtsein, wie die in früheren Jahren so
viel geschmähte, jetzt tausendfältig durchgebildete Mithilfe
der zahllosen maschinellen Vorrichtungen nicht den Effekt
gehabt habe, den Arbeiter aus der Fabrik zu verdrängen und
durch Maschinen zu ersetzen, sondern wie sie ihm nur die
geisttötenden, mechanischen Handgriffe abgenommen, dafür
aber ihn zum intelligenten Lenker der weise ausgenutzten
Naturkräfte erhoben hat. Je mehr dies Prinzip in der Zu-
kunft durchgeführt werden wird, eine desto bessere Öko-
nomie der menschlichen Nervenkräfte wird man erzielen,
zum Vorteil der Arbeitsfreudigkeit und des privaten Lebens-
genusses unserer in den Fabriken tätigen Bevölkerung,
— vorausgesetzt, daß mit der fortschreitenden Veredelung
der menschlichen Fabrikarbeit auch deren wirtschaftliche
Entlohnung gleichen Schritt halten kann. Die genußreichen
Besichtigungen der Fabriken nahmen den ganzen Vormittag
in Anspruch. Nachmittags um 3 Uhr versammelten sich
die Mitglieder mit ihren Damen im fernsten Westen Ber-
lins, an der Grenze des Grunewalds, um die von Prof.
Bruno Paul erbaute und eingerichtete Villa des Herrn
Schuppmann, des Direktors der Vereinigten Werkstätten
für Kunst im Handwerk zu besichtigen. Das schmucke
Landhaus war den meisten Besuchern schon aus Veröffent-
lichungen bekannt; die leichte, anspruchslose und doch so
klug und geschmackvoll berechnete und mit feinem Farben-
gefühl behandelte Architektur mit anschließendem, von
einer grünenden Pergola umzogenen Tennisgarten wirkte
anheimelnd und reserviert zugleich; in der diskreten bürger-
lichen Eleganz, die eine gewisse nüchterne Steifheit mit
lebensfreudiger Farbigkeit verbindet, lehnt sich dieser
 
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