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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 21.1910

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Osborn, Max: "Bruxelles Kermesse"
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Die Kunstgewerbeschule: (über die Düsseldorfer Ausstellung)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4873#0217

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208



DIE KUNSTGEWERBESCHULE D AUSSTELLUNG IN DÜSSELDORF







wir, wie Goethe einmal sagte, »tüchtig kultiviert«
haben, sind auf diesem Gebiete schon sehr ertragreich
gewesen; wir dürfen guten Mutes vorwärts sehen.
Es entwickeln sich, auf dem festen Boden einer bei-
spiellosen kunsthandwerklichen Selbsterziehung in allen
formalen, technischen, statischen Fragen, vor unseren
Augen die Anfänge eines spezifisch deutschen und
modernen Stils. Und der Ernst und die idealistische
Hingabe, mit denen für diese fernen Ziele gekämpft
wird, repräsentieren so kolossale ethisch-nationale
Werte, daß wir uns schon ein bischen Arroganz
gestatten dürfen. n

o Für die neue Kraft, mit der sich jetzt in Deutsch-
land die freie Phantasieschöpfung der reinen Kunst
und die Ehrlichkeit des reformierten Handwerks ver-
binden, gibt auch die kleine Kunstausstellung, die
man in der Raumkunstabteilung untergebracht hat,
einen sympathischen Beweis. Auch sie verdankt —
endlich einmal! — einer vorurteilslosen Auswahl aus
dem besten vorhandenen Material ihre Entstehung und
der Hand eines geschickten Fachmanns ihre An-
ordnung. Deutschland fehlt bei der, auch sonst nicht
vollständigen internationalen Kunstschau, die man —
unglaublich und unfaßbar! — räumlich weit von der

Weltausstellung getrennt und im Palais du Cinquan-
tenaire untergebracht hat. Es würde sich hier jedoch
mit jener sorgfältig vorgenommenen Kollektion im
europäischen Wettbewerb sehr tapfer halten, und es
würde durch das geschmackvollere Arrangement und
die klügere Zusammenstellung die meisten anderen
Völker, selbst Belgien und Frankreich, schlagen, nur
Holland nicht, das seine malerische Macht so impo-
nierend wie kaum je zuvor vor uns ausbreitet. a
a In Verbindung mit der internationalen Kunstaus-
stellungsteht noch ein anderes Unternehmen: eine unbe-
schreiblich großartige Vorführung der alten vlämischen
Kunst des siebzehnten Jahrhunderts. Kunstgewerbe,
Innenkunst, ein kulturhistorischer Überblick von kost-
barer Schönheit,dazu eineZusammenstellung malerischer
Werke von geschichtlichem Belang — Rubens, van
Dyck, Jordaens, Teniers, Brouwer, Snyders, de Vos —:
eine Reihe von Sälen, deren Gehalt nur mit der Aus-
stellung der vlämischen Primitiven zu vergleichen ist,
die man 1902 in Brügge bestaunte. o

□ Hier ruht der Schwerpunkt dessen, was Belgien uns
auf seiner großen Weltmesse künstlerisch zu sagen
hat: in der Vergangenheit. Bei uns Deutschen ruht
er in der Gegenwart. Wir können's zufrieden sein . . .

DIE KUNSTGEWERBESCHULE

(ÜBER DIE DÜSSELDORFER AUSSTELLUNG)
Von Robert Breuer

IN Düsseldorf gibt es eine interessante Ausstellung von
Schülerarbeiten kunstgewerblicher Lehranstalten zu sehen.
Die Provinzen Rheinland, Westfalen und Hessen-Nassau
sind vertreten. Diese Vorführung gewährt eine leidliche
Gelegenheit, den Geist der einzelnen Anstalten in konzen-
trierter Lösung kennen zu lernen; sie mahnt des weiteren,
und das dürfte das wichtigere sein, wieder einmal ernst-
haft über das kunstgewerbliche Erziehungsproblem nach-
zudenken. D
□ Wenn nun auch die einzelnen Ausstellungen ein mög-
lichst genaues Bild ihrer Art und Leistungsfähigkeit zu
geben versuchen, so kann der Beobachter doch zu einem
klaren Urteil nur gelangen, wenn ihm die betreffende An-
stalt aus eigenem Augenschein bekannt ist. Ich muß daher
von vornherein zugeben, daß ich über einige dieser Schulen,
so über Trier und Kassel, ein von mir selber als zutreffend
geachtetes Urteil nicht abzugeben vermag. Darum werde
ich schweigen. — Die höchsten Anforderungen an das
kritische Maß stellt allen anderen Schulen gegenüber:
Düsseldorf. Es ist bekannt, daß man Düsseldorf gern die
kunstgewerbliche Akademie heißt. Damit ist wohl ein
Gradunterschied gemacht, aber das Wesentliche nicht ge-
troffen. Für Düsseldorf charakteristisch ist die Herrschaft
des architektonischen Prinzipes. Es wird hier alles, was
überhaupt geschieht, in irgendeine Beziehung zum Räume
gebracht. Und wenn man nun der Meinung ist (und sie
ist sicherlich die allein richtige), daß Kunstgewerbe nur
lebensfähig bleibt, wenn es Raumkunst wird, so ist damit
der richtige Instinkt der Düsseldorfer Anstalt gekennzeichnet.
Die Leitung liegt in der Hand eines Architekten; auf
Behrens folgte Kreis. Dessen Einfluß, dessen Zug zum

monumentalen Pathos, ist bereits spürbar. Desto wert-
voller wird als Ausgleich die Arbeit des Architekten Alfred
Fischer, der den Bau des schlichten Gebrauchshauses und
des Nutzhauses lehrt. Wenn die Leute von der Baugewerk-
schule nach Düsseldorf kommen, so wird ihnen hier in
der Tat alles das gegeben, was sie bisher nicht bekamen,
was ihnen aber bitter nottut. Das architektonische Prinzip
der Anstalt bliebe indes mangelhaft erfüllt, wollten die
übrigen Lehrer ihm nicht gleichfalls gehorchen. Daß die
Architektuiiehrer architektonisch empfinden, ist schließ-
lich selbstverständlich; den Ausschlag gibt, daß auch die
Maler und Bildhauer zur Raumkunst streben. Solches
gilt für Bosselt und Ehmcke. Bosselts Plastik entbehrt
nie einer Prädestination zum selbständigen Architektlirglied,
und Ehmcke denkt auch bei der Miniatur stets an das
Mauergeviert. In dieser Tendenz zum Raum wurzelt die
Einheit, die der Düsseldorfer Schule ein erfreuliches Über-
gewicht über die meisten anderen, ihre Stärke mehr in der
Vielheit suchenden Anstalten einräumt. □

o Der Kranz von Kunstgewerbeschulen, der sich durch
das rheinische Industriegebiet schlingt, ist geeignet, eine
ungefähre Vorstellung von dem Typus der meisten unserer
Kunstgewerbcschulen zu geben. Es würde schwer halten,
zwischen Köln, Elberfeld, Aachen, Bannen und Krefeld
einen prinzipiellen Unterschied zu machen. Diese An-
stalten wahren insgesamt das Niveau unseres kunstgewerb-
lichen Unterrichtes. Sie mühen sich nach Möglichkeit, den
Anforderungen der Praxis gerecht zu werden und nutzen
zu diesem Zweck die Lehrwerkstätten, mit denen sie mehr
oder weniger ausgerüstet sind. Was die Stilentwicklung
und die Neuprägungen des Geschmackes anbelangt, so
 
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