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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Hellwag, Fritz: Albin Müller in Darmstadt [zugehörige Abbildungen siehe auch auf den folgenden Seiten]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0010

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NEUE ARBEITEN VON ALBIN MÜLLER IN DARMSTADT
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ALBIN MÜLLER, WOHNZIMMER AUSSTELLUNG KELLER & REINER, BERLIN

ALBIN MÜLLER IN DARMSTADT

BEI der Betrachtung von Arbeiten Albin Müllers habe
ich immer das Empfinden, daß in diesem Künstler
ein zehrender Ehrgeiz brenne, der aber mit dem
besten künstlerischen Können genährt werde. Eine
Drangabe der ganzen schöpferischen Kraft, selbst an den
unscheinbarsten Gegenstand, macht mir seine Werke so
sympathisch, daß ich ihnen selbst dann, wenn sie ungleich
o-erieten, eine hohe Achtung nicht versagen kann. Meist
aber gelingt es dem Künstler ja, das auszusprechen, was
er empfand, denn er hat sich und seine Nerven in ganz
ungewöhnlichem Grade in der Gewalt. Diese bedeutende
Selbstdisziplin gestattet ihm denn auch eine Produktivität,
die manchen anderen unrettbar seicht werden ließe, ln der
Darmstädter Ausstellung des Jahres 1908 hat Albin Müller
ungefähr die Hälfte aller ausgestellten Räume, und das war
eine nicht geringe Anzahl, allein entworfen und ihre Ausfüh-
rung überwacht. Trotz dieser großen Aufgabe hielten alle
Räume ein respektables Niveau und erreichten zum Teil, wie
z. B. das Musikzimmer, eine bedeutende künstlerische Höhe.
□ Mit dieser willensstarken Durchführung der gestellten
Aufgabe verbindet sich ein strenges Innehalten des künst-
lerischen Themas. Dessen Grenzen werden nicht über-
schritten oder pathetisch erweitert, wohl aber werden sie
fast immer bis zu dem ihm zukommenden Grade belebt.
Ja, zuweilen enthalten die Schöpfungen so viel straff ge-
bändigte Wucht, daß man bei ihnen von einer, wenn auch
etwas starren Monumentalität sprechen darf. Beim An-
füllen des Gegenstandes mit geistigem Gehalte kommt dem

Künstler seine gute Materialkenntnis sehr zu statten. Er
weiß zuverlässig zu ermessen, welche Form, welche Kon-
struktion und welchen Inhalt er dem gewählten Material,
ich möchte sagen: anvertrauen darf, um es in seiner eigenen
und nicht wo anders erborgten Schönheit wirken zu lassen.
Ganz besonders für das Holz hat Albin Müller ein inten-
sives Empfinden, aber auch in Stein, Eisen und Messing,
wie in edlem Metall sind ihm viele sichere Treffer gelungen.
Und niemals, das verdient besonders hervorgehoben zu
werden, sind seine Arbeiten selbstgefällige Prunkstücke,
sondern sie erfüllen in sachlichster Weise ihren ihnen an-
gemessenen Zweck. n
□ Man kann sich wohl denken, daß Industrielle und Hand-
werker mit einem Künstler, der sich derart seinem Werke
zu geben versteht, gern arbeiten, und daß sie selbst gut
dabei fahren, wenn auch von ihnen wohl eine ähnliche Hin-
gabe erfordert wird. Denn die Sachlichkeit der Schöpfung
wird unnötige Herstellungskosten vermeiden, und die ruhige
Zweckmäßigkeit kann die Verkäuflichkeit der Gegenstände
nur erhöhen. In der Tat ist dem Künstler auch die dauernde
Belebung mancher Industriezweige mit künstlerischen Ge-
danken, wie z. B. der Kleinkunst in Gußeißen und Serpentin-
stein, geglückt. D
□ Die künstlerische Eigenart Albin Müllers spricht sich mir
in einer freundlichen Strenge, die das Leben eher schwer als
leicht nimmt, aber nach überstandenen Kämpfen immer
wieder zu einer Stärkung des Idealismus gelangt, aus, und
ich glaube, daß dies zu dem vorher Gesagten stimmen kann.
FRITZ HELLWAO.

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