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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Flechtner-Lobach, Alice: Türen
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Schur, Ernst: China und Japan
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0111

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CHINA UND JAPAN

und als die Beischläge aufkamen, schmückte man
diese mit Grün, das sich oft um die Tür herumzog.
Auf den grün oder weiß gestrichenen Bänken aber,
die die Tür flankierten, * saß der; Hauseigentümer mit
seiner Familie am Feierabend in beschaulicher Ruhe.
□ Der schlichte, blank geputzte Messingklopfer fiel
allerdings nur mit bescheidenem Geräusch auf die
Tür; nichts mehr von dem gewaltigen Klang, mit dem
der erzene Klopfring im Maule des Renaissance-
Fabeltieres auf die künstlerisch geschmiedete Unterlage
aufschlug. Mehr und mehr kam auch die Klingel auf.
Wer aber den blitzblanken Drücker niederbog, trat
in eine lichte, freundliche Halle, an deren gegenüber-
liegende Glastüren die Büsche des Gartens klopften,
und die mit weißen Zimmertüren freundlich den Weg
ins Innere des Hauses wies. □
□ Ein Zug von Behagen, kleinbürgerlich und doch
so traulich, umspielte diese Haustüren mit ihren Plätzen,
und der Wanderer, dem sie in einer verlassenen Klein-
stadt vielleicht noch vor Augen treten, sieht mit Sehn-
sucht auf diese Zeugen einstiger bescheidener Lebens-
verhältnisse, und würde vielleicht viel darum geben,
wenn er statt des Prunkportales, das seine Mietswohnung
ziert, solch ein kleines gemütliches Haustürplätzchen
sein eigen nennte. o
o Denn die Tür des vergangenen Jahrhunderts, die
man auch heute noch an den großen Mietspalästen
außen sowohl wie innen sieht — sie ist ebenso un-
schön und unecht wie die ganze Bauart derselben.
□ Die Künstler mußten deshalb etwas ganz Neues
schaffen, wollten sie dem modernen Hause, vor allem
dem Eigenhauseeine gute und zweckmäßige Tür geben.
□ So ist die schlichte, glatte Tür entstanden, die die
modernen Häuser zeigen. Die Bauart derselben, viel-
leicht auch der heutige Geschmack weist sie häufig
an eine Schmalseite des Hauses, unter ein tiefes, gegen
den Regen schützendes Vordach — oft legt man auch
die Halle davor, so daß die Haustür, die ohnehin
heute nur in kleinen Maßen gearbeitet wird, ihre eigent-
liche Bedeutung fast verloren hat. In ihrer schlichten,
vornehmen Form fügt sie sich in das Ganze, ohne

daraus hervorzutreten — und solch schöne Türum-
rahmungen wie bei dem Hause Chillingworth in Nürn-
berg oder bei der von Hermann Muthesius entwor-
fenen Grunewaldvilla findet man nicht häufig. o
□ Die Türen selbst sind allerdings auch hier schlicht
und im Vergleich zum Hause fast klein. □
□ Wie schön aber solch ein echtes, rechtes Haustor
nach alter Art wirkt, das mit seinen dunklen Holz-
flächen, belebt durch blanke Griffe und Drücker, den
Mittelpunkt der Fassade bildet, zeigen die von Prof.
Schultze-Naumburg und Hans Poeltzig entworfenen
Türen, die der Haustür an sich künstlerische Bedeu-
tung verleihen. □
o Auch im Innern des Hauses ist der Tür in dem
weichfallenden Vorhang ein Konkurrent entstanden,
dem von vielen der Vorzug gegeben wird. Doch
hat gerade die Zimmertür eine zu wichtige Aufgabe,
um ganz von dem doch nicht festschließenden Vor-
hang verdrängt zu werden. □
d Und die moderne Kunstbewegung hat sich ihrer
in dankenswerter Weise angenommen. Die kolossalen,
ungemütlichenTiiröffnungen sind verkleinert, Riegel und
Angeln der Zimmertür schimmern in schlichten Kon-
turen in blankem Messing oder gedämpftem Schmiede-
eisen auf dem Holz der Tür, das vielfach in edlem
Material gewählt ist. Solche aus Mahagoni oder an-
derem edlen Holz gefertigten Türen wirken allein durch
die Schönheit ihrer Maserung und bedürfen keines
anderen Schmuckes als der sichtbaren Verbindungs-
glieder sowie guter Schlösser und Griffe. Besonders
wirkt das Mahagoni durch seinen warmen Ton be-
lebend und gibt dem Auge einen Ruhepunkt in dem
Mancherlei der Zimmereinrichtung. □
□ So bildet die moderne Tür durch die tadellose
Ausführung und die Echtheit ihres Materials eine wür-
dige Zierde auch unseres modernen Hauses. o
□ Ihre einfachen Konturen, die weise Mäßigung in
der Ausschmückung sichert ihr die Anerkennung aller,
die gute, zweckmäßige Einfachheit der prahlerischen
Unechtheit vorziehen. □
ALICE FLECHTNER.

CHINA UND JAPAN
Von Ernst Schur, Berlin

AUCH die Kunsterkenntnis hat ihre Entwicklungen.
Mehr als ein Jahrzehnt hielt Japan die Künstler und
die Kunstfreunde in seinem Bann und speziell das
moderne Kunstgewerbe Europas ist ohne die japa-
nische Einwirkung, die überall Leben hervorzauberte, nicht
denkbar. Japan war das Moderne, China das Veraltete,
Untergegangene, das Vergessene, Unfruchtbare. □
□ Erst jetzt hellt sich allmählich das Dunkel auf und wir
erblicken China in Zusammenhang mit der allgemeinen
Weltkultur, während die bisherige Anschauung dahin ging,
China abseits und Japan in den Vordergrund zu stellen
und den imposanten Kulturkomplex, der von früh an Eu-
ropa beeinflußte und Einflüsse empfing, als ein fremdes

abgeschlossenes Land, das an sich selbst zugrunde ging,
zu betrachten. o
□ Diese Kenntnis hat uns Japan vermittelt. Wer sich mit
japanischer Kunst beschäftigte, der stieß immer wieder, so-
bald er tiefer schürfte, auf chinesischen Kulturboden. Die
Japaner selbst betrachten China als ihr Mutterland. Wir
haben uns das Verhältnis etwa so zu denken, wie Rom und
Griechenland. Unser Interesse für Japan bleibt bestehen;
erst neuerdings sieht man das an einer Reihe von Publi-
kationen, unter denen das Buch von Dr. William Cohn
(Stilanalysen als Einführung in die japanische Malerei, Ver-
lag Oesterheld & Co.) und die Monographie von Dr. Julius
Kurth (Harunobu, bei R. Piper & Co.) zu nennen sind.
 
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