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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0145

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

PERSONALIEN
n Am 20. April d. J. begeht Hermann Muthesius in
Nikolassee seinen fünfzigsten Geburtstag. Wessen Leben
sich in einer so ununterbrochenen Folge von konzentrischen
Plänen, Gedanken und Taten abgespielt hat, für den be-
deutet jeder neue Jahresring nur eine Zunahme von innerer
und äußerer Festigkeit, von kraftvoll höher strebendem
Wachstum. Der Kreis der Erlebnisse, der Menschen, die
in Beziehungen zu ihm treten, der Umfang künstlerischer
Arbeit, sie nehmen ständig zu und wirken nach innen zur
Stärkung des Willens und der Gedanken, und sie wirken
in wachsendem Verhältnis wieder nach außen als stetig
sich mehrender persönlicher Einfluß. Wer je den Vorzug
hatte, mit Muthesius in nähere Beziehungen zu treten, muß
die seltene und überaus glückliche Befähigung seiner Per-
sönlichkeit, Menschen und Eindrücke geschickt und zu
gegenseitiger geistiger Förderung um sich zu gruppieren,
bewundert haben. Muthesius hat zuerst sich und viele
andere bewußt und dann zu neuen Menschen gemacht!
Diese konzentrische Begabung — ich muß den Ausdruck
wieder gebrauchen, weil ich ihn so treffend finde — hat
sich schon früh entwickelt. Nach den ersten üblichen
Berufsstudien wurde der Künstler an die Peripherie der
europäischen Kultur, nach China und Japan versetzt und
hatte dort, wie später lange Jahre in England, im Zentrum
der persönlichen Lebenskunst, Gelegenheit, Eindrücke zu
sammeln und mit den heimischen Zuständen zu vergleichen.
Nun kehrte er nach Hause zurück und begann die Ein-
drücke nach außen zu strahlen und mit der umgebenden
Welt in Einklang zu bringen oder jene zu ändern. Dieser
Periode verdanken wir die grundlegenden Werke über die
Geschmackskultur und über ästhetische und architektonische
Fragen, Werke, die unserer ins Stocken geratenen kunst-
gewerblichen und sittlichen Bewegung neues Leben zuge-
führt haben. Und, wie aus dem geläuterten Geschmack
sich das Kunstgewerbe und aus ihm die neue Raumkunst
und Architektur erhebt, so ist Muthesius, nachdem er die
Resultate seiner Wanderjahre in der geistigen Läuterung
jener Kulturfragen verarbeitet hatte, konzentrisch zu seinem
Ausgangspunkt zurückgekehrt: als ein anderer, ein Neuer
hat er sich der Architektur wieder zugewendet und auch
hier viel Vorbildliches geschaffen. □
o Es ist klar, daß ein so in sich gefestigter und zum
Umsetzen geistiger Zeitströmungen begabter Mensch und
Künstler zur Führerrolle gelangen mußte. Der Berliner
Kunstgewerbeverein, der Verband deutscher Kunstgewerbe-
vereine, der deutsche Werkbund und das amtliche Schul-
wesen verdanken seiner umsichtigen und anregenden Lei-
tung Bedeutendes. Es wäre zu wünschen, daß ihnen
diese Förderung noch lange zuteil werden möchte. Das-
selbe wünschen sich alle diejenigen, denen es vergönnt
ist, mit Muthesius in persönlichem und menschlichem Ver-
kehr zu stehen. Fritz Hellwag.
NEUE BÜCHER
G. Rüdenberg, jun., Hannover und Wien, Hauptkatalog
1910\11 für Photographien und Optik. □
□ Mehr und mehr beginnen, wenigstens die großen Fir-
men, sich die Errungenschaften des typographischen Ge-
schmackes zunutze zu machen. Zu diesen gehört auch die
große Fabrik photographischer Apparate G. Rüdenberg,
jun. in Hannover. Sie führt ihre verschiedenartigen Appa-
rate in so ausgezeichneten Abbildungen vor, daß man in
der Lage ist, auch die kleinsten Einzelheiten der Mechanik

deutlich zu erkennen. Bei der Vorbildung dieser Illustra-
tionen hat natürlich die Retusche bedeutende Dienste ge-
leistet, die hier durchaus am Platze waren. Eingestreut
sind künstlerische Aufnahmen, die mit einzelnen Apparaten
gemacht wurden und die Vorzüge der verwendeten Ob-
jektive erweisen. Das in diesem Falle gar nicht einfache
typographische Arrangement ist gut gelöst und Illustra-
tionen, Text und Tabellen ergeben ein angenehmes Satz-
bild. In unseren Tagen noch muß man diese eigentlich
selbstverständlichen Vorzüge besonders lobend hervor-
heben. °
Schwintzer & Gräff, Berlin S. 14., Katalog von Steh-
und Hängelampen. □
□ Der bekannte Berliner Architekt K. R. Henker hat sich
hier der Mühe unterzogen, die Produktion einer fortschritt-
lich und unternehmend gesinnten Firma künstlerisch durch-
zubilden. Er hat Beleuchtungskörper für elektrische, Gas-
und Petroleum-Beleuchtung, für stehendes und hängendes
Licht geschaffen und die Form den verschiedenen Zwecken
mit sicherem Geschmack angepaßt. Seine Formen sind
streng, üben aber dadurch eine wohltuende Zurückhaltung
aus und sind in den modern eingerichteten Wohnräumen
deshalb gut zu verwenden. Besonders interessant sind die
Versuche, anstatt der ziemlich sinnlosen Kerzenform beim
elektrischen Licht, Glasbirnen mit den Gesamtformen in
Einklang zu bringen. Mehrfach sind hierbei ausgezeich-
nete Resultate erzielt worden. Das Begleitwort zu dem
Katalog hat Robert Breuer geschrieben, die äußere Aus-
stattung besorgte K. R. Henker selbst. o
Hollerbaum & Schmidt, Berlin N. 65., Illustriertes Ver-
zeichnis neuerer Plakate. □
□ Ein sprühendes Durcheinander von Farbe und Linie
blitzt dem Beschauer beim Durchblättern dieses Kataloges
entgegen. Die vielseitige Tätigkeit der bekannten Plakat-
firma, die unsere besten Künstler beschäftigt, stellt sich
vorteilhaft dar. Die besten Entwürfe stammen von Lucian
Bernhard und Julius Klinger und fallen durch geschmack-
volle Darstellung der anzukündigenden Gegenstände und
der Verwendung der Farbe auf. Daß die Ausführung der
hier klein wiedergegebenen Plakate im großen eine vor-
zügliche ist, davon kann man sich täglich überzeugen durch
einen Blick auf die öffentlichen Anschlagsäulen. □
Führer durch das Kaiser-Friedrich-Museum der Stadt
Magdeburg von Theodor Volbehr. 1910. 11.—15.Tausend.
□ Selten ist es möglich gewesen, ein Museum so ohne
besondere Rücksicht auf die Lokalgeschichte und besondere
fachliche Zwecke zu entwickeln, wie dieses Magdeburger
Kaiser-Friedrich-Museum. Direktor Volbehr hat sich da-
bei stets das Ziel vor Augen gehalten, daß hier ein neuer
Typus geschaffen werden sollte, der gemäß dieser Anlage
den geistigen Bedürfnissen einer modernen Großstadt ent-
spräche. Das Museum sollte lediglich ein Haus sein, das
jedem Bewohner der Stadt durch einen klaren übersicht-
lichen Anschauungsunterricht das Verstehen der Kulturwelt,
in der er lebt, erleichtert und damit seine Freude am Da-
sein vertieft. So ist auch der beschreibende Teil des Kata-
loges durchgeführt. Meist erweitert sich die Beschreibung
der betreffenden Gegenstände zu einem Überblick und einem
Heranziehen der umgebenden Kulturwelt. Selbstverständ-
lich ist das sehr zum Vorteil des Museumsbesuchers, dem
die Materie auf schmackhafte Art näher gebracht wird.
Der illustrative Teil ist reich ausgestattet und besteht aus
eingeklebten Klischeeabzügen, die an Klarheit und Deut-
lichkeit nichts zu wünschen übrig lassen. o
 
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