Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

DOI Artikel:
Hellwag, Fritz: "Fliegender Kunsthandel"
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0163

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
156

DER »FLIEGENDE KUNSTHANDEL«


»FLIEGENDER KUNSTHANDEL«
Von Fritz Hellwag
DIE großen Nachteile, die den Künstlern, dem an-
ständigen Kunsthandel und den Bilderkäufern von
den »fliegenden Kunsthändlern«, besonders in den
Badeorten, zugefügt werden, sind bekannt. Es
ist die höchste Zeit, diese Parasiten unseres Kunsthandels
engerisch zu bekämpfen. □
□ Die fliegenden Kunsthändler haben einen Gewerbebetrieb
im Umherziehen. Das heißt, ihr Gewerbebetrieb besteht
darin, daß sie außerhalb ihres Wohnsitzes, ohne ausreichende
Begründung einer gewerblichen Niederlassung, in eigener
Person Waren anbielen. Sie sind verpflichtet, einen Ge-
werbeschein zu lösen. Nach § 56 der Gewerbeordnung
ist ihnen das Feilbieten von Waren in der Art, daß sie
versteigert werden, nicht gestattet. □
□ Da es nun aber den meisten der fliegenden Kunsthändler
nicht auf ein reguläres, viel anstrengenderes und weniger
rentables Feilbieten, sondern auf das wilde Versteigern
ankommt, so wünschen sie, nicht als »Gewerbetreibende
im Umherziehen« zu gelten, sondern als »stehende Betriebe«
angesehen zu werden, weil ihnen dann nach ihrer Meinung
und leider nach der bisherigen, rechtlich unklaren Praxis
das Versteigern erlaubt (?) sein soll. □
□ Sie versuchen also zu diesem Zwecke zunächst, eine
»gewerbliche Niederlassung« zu begründen und verpflichten
sich damit, der an dem betreffenden Orte nach den Landes-
gesetzen zuständigen Ortsbehörde gleichzeitig mit der In-
betriebsetzung Anzeige zu erstatten; anderenfalls kann ihr
Betrieb polizeilich gehindert werden. Dieselbe Anzeige-
pflicht besteht auch für die Begründung einer Zweignieder-
lassung. Kunsthändler und Verkäufer von Bildern haben
außerdem bei Eröffnung des Gewerbebetriebes auch dessen
Lokal, sowie später jeden Wechsel des Lokals spätestens
am Tage seines Eintritts anzuzeigen. Die Behörde be-
scheinigt in allen Fällen innerhalb von drei Tagen den
Empfang der Anzeige. □
a Da nun aber das Feilbieten von Waren dem Gewerbe-
betriebe im Umherziehen zugerechnet wird, wenn es außer-
halb des Gemeindebezirks des Wohnortes stattfindet, die
gewerbliche Niederlassung aber für sich allein noch keinen
»Wohnsitz« begründet (R. G. 30, 350), so wäre es immer
noch notwendig, daß die Händler an dem Orte ihrer ge-
werblichen Niederlassung eine feste Wohnung mieten.
Wenn aber begleitenden Umstände erkennen lassen, daß
die Erfüllung dieser Förmlichkeiten nur zur Verdeckung
des Wandergewerbebetriebes gediehen ist, so wird der
Inhaber einer solchen gewerblichen Niederlassung nicht
von der Hausierersteuer befreit, mit anderen Worten, sein
Unternehmen wird nicht als stehender Gewerbebetrieb an-
erkannt und das Versteigern seiner Ware bleibt ihm aus-
drücklich verboten. Das bayrische Oberlandesgericht (vergl.
dessen Entscheidungen Bd. 1, S. 170 und Bd. 5, S. 78)
hat entschieden, daß zur Wohnsitzbegründung die Absicht
nicht erforderlich sei, dauernd an dem Orte zu bleiben;
daß aber die gegenteilige Absicht die Wohnungsbegründung
ausschließe. Diese gegenteilige Absicht ist aber doch
wohl bei jedem fliegenden Kunsthändler anzunehmen,
der sein Wanderlager sofort an einen anderen Ort verlegt,
wenn der eine abgegrast ist. Das Reichsgericht (R.G. 8,147;
15, 367; 30, 348) setzt für den »Erwerb des Wohnsitzes
durch ständige Niederlassung« nach § 7 des BGB. übrigens
sogar den »Willen des dauernden Aufenthaltes und die
Absicht, den Ort zum Mittelpunkt der Lebensverhältnisse
zu machen« voraus. Natürlich ist beim fliegenden Kunst-
händler weder jener Wille, noch diese Absicht als bestehend
 
Annotationen